Hohe Prämien: Jeder 7. geht nicht zum Arzt oder verzichtet auf medizinische Leistung
Die hohen Krankenkassenprämien fordern Opfer: Laut einer Studie des Universitätsspitals Genf verzichteten 15% aus Kostengründen auf medizinische Leistungen und 37% auf einen Besuch beim Allgemeinarzt. Die Forscher sind besorgt um den Gesundheitszustand dieser Menschen.
Forscher des Universitätsspital Genf befragten in den Jahren 2008 und 2009 765 Männer und 814 Frauen zwischen 35 und 74 Jahren.
Die Teilnehmer mussten darüber Auskunft geben, ob sie in den letzten 12 Monaten aus Kostengründen auf medizinische Leistungen bewusst verzichtet hätten.
Resultate in Kürze:
- 15% verzichteten bewusst auf eine medizinische Leistung; drei Viertel davon verzichteten auf zahnärztliche Leistungen
- 37% gingen nicht zu einem Allgemein- oder Facharzt
- 26% kauften keine Brille oder verzichteten aus Kostengründen auf ein Hörgerät
- 13% kauften vorgeschriebene Medikamente nicht
- 5% liessen sich nicht operieren
Forscher betonen, dass die vernachlässigten Zahnarztbesuche ihnen Sorge bereiten. Die vernachlässigte Zahngesundheit könne sich auch sonst auf die körperliche Gesundheit auswirken. So hatten Analysen ergeben, dass entzündliche Zahnfleischerkrankungen (Parodontitis) das Risiko für ein Herzkreislauf-Ereignis um 20% erhöhen. Eine andere Studie hatte gezeigt, dass Schwangere mit einer unbehandelten Parodontitis ein erhöhtes Frühgeburtsrisiko tragen (Siehe Studie >>).
Es liegt auf der Hand, dass arme Menschen eher auf medizinische Leistungen verzichten: 30% der auf medizinische Leistung Verzichtenden verdienten unter 3'000 Franken pro Monat. Weitere Risikofaktoren für den Verzicht waren: Ausbildung, Beruf, Nationalität sowie die Krankenkassen-Franchise.
Trotz Prämienverbilligungen in bestimmten Fällen bekundeten 5% der Befragten Mühe, die Prämien regelmässig zu bezahlen: Sie gaben an, in den Jahren 2008 und 2009 mindestens einmal die Prämie nicht bezahlt haben zu können.
Die Ergebnisse aus dem Kanton Genf zeigen, dass die Gesundheitsversorgung in der reichen Schweiz nicht allen Bürgern gleichwertig zugänglich ist. Und: Der Verzicht auf medizinische Leistungen kann auf längere Sicht bei einem beträchtlichen Teil der Bevölkerung den Gesundheitszustand allgemein verschlechtern, so die Forscher.
22.02.2011