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Hormonersatztherapie (HRT) : wie wirkt sie, wie sicher ist sie

Die Therapie mit Hormonen hat zwei Ziele: Erstens die Linderung der Wechseljahrbeschwerden und zweitens die langfristige Verhinderung von Folgekrankheiten wie zum Beispiel die Osteoporose nach der Menopause.

Letzterer kommt aufgrund der steigenden Lebenserwartung eine enorme Bedeutung zu. Die Hormontherapie ist in den letzten Jahren in die Schlagzeilen geraten.

Das hat dazu geführt, dass dieses Thema immer häufiger genauer und sehr viel differenzierter evaluiert wurde. Durch eine richtige Anwendung der richtigen Präparate besteht ein ausgezeichnetes Wirkungs-/Nebenwirkungsprofil.

Die folgenden Informationen sollen helfen, um zusammen mit Ihrem Frauenarzt zu einer idealen, persönlichen Entscheidung bezüglich Hormonersatz-Therapie gelangen zu können:

Anforderungen an die moderne Hormonersatz-Therapie (HRT)

Der modernen Hormonersatz-Therapie liegen vier wichtige Pfeiler zu Grunde: Optimierung der Dosis, Anwendungsform, Wahl des Hormons sowie des Zeitpunkts der Hormontherapie.

Dosierung

Frühere Präparate  der klassischen Hormonersatztherapie in Tablettenform erhöhten häufig die Hormonspiegel zu stark, was zu Leberschäden und Nebenwirkungen führen kann. Aber: Mit der Therapie sollten nur jene Hormone ersetzt werden, welche durch den Ausfall der Eierstockfunktion fehlen – und keines falls mehr. Merke: Die richtige Dosis ist mitentscheidend.

Anwendungsform

Auch der Anwendungsform kommt eine grosse Bedeutung zu. Studien konnten nachweisen, dass bei der Aufnahme der Hormone über die Haut in Form von Gels oder Pflastern eine gute Wirksamkeit bei minimalem Nebenwirkungsrisiko besteht.

Wahl des Hormons

Bezüglich der Verträglichkeit bestehen wesentliche Unterschiede zwischen dem natürlichen, so genannten körperidentischen, mikronisierten Progesteron und synthetischen Progestagenen. Das Risiko von Nebenwirkungen ist unter dem natürlichen Progesteron geringer als unter Progestagenen. Merke: Neuere Untersuchungen zeigen, dass körperidentisches, mikronisiertes Progesteron viele Organe vor Krebs und anderen Erkrankungen schützen kann.

Zeitpunkt der Hormonersatztherapie

In der grossen WHI-Studie, welche bei vielen Tausend Frauen unter anderem ein erhöhtes Herzkreislaufrisiko unter Hormonersatztabletten nachwies, haben die Frauen erst im Durchschnittsalter von 63 Jahren mit der Ersatztherapie begonnen. Untersuchungen zeigen aber, dass bei einem Therapiebeginn kurz nach der Menopause (d.h. nach der letzten Blutung) kein erhöhtes Herzrisiko besteht.
Mehr Informationen unter Sicherheit der Hormonersatz-Therapie.

Nachweisliche Linderung von Wechseljahr-Beschwerden und Prävention degenerativer Veränderungen

Inzwischen werden Hormonersatztherapien seit über 40 Jahren durchgeführt. Daten von unzähligen Studien und Beobachtungen zeigen den Nutzen für die Gesunderhaltung der Frau, insbesondere in der Zeit nach der Menopause. Die nachgewiesenen Nebenwirkungen der Hormonersatztherapie sind nicht auf Östrogen und Progesteron an und für sich zurückzuführen, sondern auf die bisher nicht ideale Anwendung der Ersatztherapie (siehe Praktische Tipps).

Linderung der Beschwerden der Wechseljahre

Die Verabreichung von Östrogenen ist die wirksamste Massnahme gegen die klimakterischen Leiden, da sie den Östrogenmangel – also die Ursache – behandelt.

Durch die HRT können bei 80-90% aller Frauen praktisch alle Beschwerden deutlich gelindert werden. Neue kontrollierte Studien zeigen klar, dass insbesondere die Anwendung von Gels, Cremen und Pflaster die Beschwerden gut lindert und damit die Lebensqualität der Frauen stark verbessert. Die Aufnahme der Östrogene durch die Haut und die Kombination mit körperidentischem Progesteron sorgen dafür, dass Nebenwirkungen und Risiken minimiert werden.

Linderung der Beschwerden an Genitalien und Harnwegen

Trockene Schleimhäute, besonders im Bereich der Scheide, gehen oft mit Schmerzen beim Geschlechtsverkehr einher. Dagegen sind entweder lokale Hormonzäpfchen in die Scheide oder die Verabreichung von Östrogen über die Haut wirksam. Schwieriger zu behandeln ist meistens die Blasenschwäche; dazu braucht es neben der Hormonersatz-Therapie meistens unterstützende Massnahmen (medikamentös oder chirurgisch).

Schutz vor Herz-Kreislauferkrankungen

Zur alleinigen Prävention von Herzinfarkten und anderen Gefässschäden werden Hormone in der Schweiz nicht empfohlen, da einige Studien auf ein erhöhtes Herzkreislaufrisiko bei Frauen hinwiesen, die Hormone erst 10-15 Jahre nach der Menopause einnahmen. Für Frauen, welche direkt nach der Menopause mit der Hormonersatztherapie beginnen, bestehen jedoch Hinweise, dass die Gefässe einen gewissen Schutz erfahren.

Prävention von Knochenbrüchen bei Osteoporose und Verminderung von Arthrose

Jede dritte Frau wird nach der Menopause eine durch die Osteoporose bedingte Fraktur (Knochenbruch) erleiden. Der Osteoporoseprävention nach der Menopause kommt demnach eine besondere Bedeutung zu, weshalb der Osteoporose ein eigenes Kapitel gewidmet ist.

Die Östrogengabe reduziert das Arthroserisiko beträchtlich, wie in Studien nachgewiesen wurde. Frauen, welche eine Hormonersatztherapie erhielten, litten um 40% seltener an einer Hüftarthrose und um 60% seltener an einer Kniearthrose – verglichen mit Frauen ohne HRT.

Linderung der Haut- und Haaralterung

Das Schrumpfen des Bindegewebes lässt sich vor allem an der Haut erkennen. Östrogene verhelfen hier zu mehr Hautdicke, Hautfestigkeit und machen die Haut elastischer.

Der Ersatz von Östrogenen verzögert die Hautalterung. Insbesondere bei Frauen, welche wegen einer anderen Erkrankung über viele Jahre Kortisonpräparate einnehmen müssen, profitieren gemäss einer vierjährigen Studie von einer Östrogenverabreichung.

Gewichtsreduktion

In den Wechseljahren der Frau, aber auch des Mannes findet ein Umbauvorgang im Körper statt, der meist nicht willkommen ist. Die Muskelmasse nimmt ab, während dem die Fettpolster an den Problemzonen zunehmen. Während der Fettanteil bei der Einnahme von Hormonersatz-Tabletten eher zunahm, war eine Verbesserung des Verhältnisses von Muskel- zu Fettmasse bei Hormonpräparaten zu beobachten, welche durch die Haut aufgenommen werden.

Krebsrisiko

Auf das Brustkrebsrisiko unter Hormonersatz-Therapie wird in einer speziellen Rubrik näher eingegangen (siehe Sicherheit). Für die Entwicklung von Darmkrebs liess sich unter Hormonbehandlung ein präventiver Effekt nachweisen. Das Gebärmutterkrebsrisiko ist bei alleiniger Östrogentherapie deutlich erhöht, nicht jedoch bei optimaler Dosierung von Östrogen, kombiniert  mit körperidentischem, mikronisiertem Progesteron.

Mehrere Studien haben den günstigen Einfluss einer Hormonersatz-Therapie bei Beginn der Wechseljahre auf die Lebensqualität belegt. Amerikanische Untersuchungen belegten, dass die Sterblichkeit durch Krebs durch die Hormontherapie vermindert wird.

Sicherheit der Hormonersatz-Therapie

Viele Studien haben für die klassische Hormontherapie in Tablettenform ein erhöhtes Risiko für Herzkreislauf-Erkrankungen und Brustkrebs gezeigt. Diese Risiken können jedoch durch die Wahl der persönlich angepassten Behandlung vermieden werden (siehe Anforderungen an die HRT).

Herzkreislauf-Risiko

Die grosse WHI-Studie liess vermuten, dass eine Hormonersatztherapie generell das Risiko für Herzinfarkte und Schlaganfälle erhöhen könnte. In dieser ersten Datenauswertung wurde aber nicht berücksichtigt, dass das Durchschnittsalter der Studienteilnehmerinnen über 63 lag und die Menopause somit mehr als zehn Jahre zurücklag.

Die neusten Analysen aus der gleichen Studie zeigen ein völlig anderes Bild: Werden die Resultate dem Alter entsprechend aufgeschlüsselt, so zeigt sich, dass bei jüngeren Frauen (weniger als 10 Jahre Abstand seit der Menopause oder jünger als 60 Jahre) das Risiko nicht ansteigt. Im Gegenteil: Der Trend zeigt einen die Gefässe schützenden Effekt. Diese Erkenntnisse wurden in einer zweiten grossen Beobachtungsstudie – der Nurses Health Study – bestätigt.

Das Thromboserisiko ist unter einer klassischen Hormonersatztherapie mit Tabletten 3-4fach erhöht. Hingegen konnte inzwischen nachgewiesen werden, dass Östrogene, welche durch die Haut aufgenommenen und mit einer Tablette Progesteron kombiniert werden, das Thromboserisiko nicht erhöhen. Das gleiche gilt für die anderen Herzkreislauf-Erkrankungen wie Hirnschlag oder Herzinfarkt.

Brustkrebsrisiko

Bei der Anwendung von Östrogenen allein oder in Kombination mit synthetischen Gestagenen über viele Jahre kann das Brustkrebsrisiko zunehmen. Nicht erhöht ist das Brustkrebsrisiko hingegen, wenn:

  • Östrogene als Gel, Creme oder Pflaster angewendet werden (Aufnahme durch die Haut)
  • Darauf geachtet wird, anstatt der synthetischen Gestagene körperidentisches Progesteron einzunehmen

Bei Patienten, welche bereits einmal wegen Brustkrebs behandelt wurden, sollte eine konventionelle Hormonersatztherapie nicht angewendet werden.

Sterblichkeit

Heute ist gesichert, dass die Sterblichkeit unter einer Hormonersatztherapie nicht ansteigt. Es gibt sogar Daten, welche zum Ergebnis kommen, dass eine Hormonersatztherapie die Lebensdauer verlängern könnte – im Vergleich zu Frauen, welche keine Hormone nahmen.

Gels, Crèmes, Pflaster - praktische Tipps

Falls folgende Aspekte berücksichtigt werden, braucht Frau sich vor einer Hormonersatz-Therapie nicht zu ängstigen:

  • Die Anwendung von Östrogen in Form von Gels, Cremen oder Pflastern garantiert eine nicht zu hohe, kontinuierliche Dosierung und wesentlich weniger Nebenwirkungen als die Einnahme von Östrogentabletten.
  • Bei der Wahl des Gestagens ist darauf zu achten, ein natürliches, körperidentisches Progesteron einzunehmen.
  • Der optimale Zeitpunkt für die Hormonersatz-Therapie ist der Beginn der Wechseljahr-Beschwerden und nicht erst Jahre später.

Anwendung von Östrogen-Gel

  • Zeitpunkt: Gel abends vor dem Schlafen auf den Arm auftragen
  • Dosis: Die Menge alle 2 Tage steigern, bis keine Hitzewallungen mehr auftreten (Beginn mit einem Hub, dann zwei, dann drei Hübe)
  • Dosis-Anpassungen: Die Menge des aufgebrachten Gels kann allenfalls alle 1-2 Wochen probeweise reduziert werden (Produktion der Eierstöcke kann wieder aufflackern) - bei Hitzewallungen Dosis wieder steigern.

Einnahme von Progesteron

  • Zeitpunkt: Tablette abends vor dem Schlafen einnehmen
  • Dosis: 100 mg pro Tag oder 200 mg während 14 Tagen im Monat
  • Dosis-Anpassung: Bei Müdigkeit, Benommenheit oder Blutdruckabfall Dosis reduzieren

Wann ist der Verzicht auf eine Hormonersatztherapie angezeigt?

Bei folgenden Symptomen oder Krankheiten sollte keine Hormontherapie durchgeführt werden:

  • Ungeklärte Blutungen aus der Vagina
  • Brustkrebs
  • Gebärmutterkrebs
  • Bestehende Thrombose oder Lungenembolie
  • Schwangerschaft

Vorsicht angezeigt ist bei:

  • Akuter Lebererkrankung
  • Gallenstau
  • Gallensteinen
  • Bauchspeicheldrüsen-Entzündung
  • Einigen Stoffwechselstörungen
  • Magen-Darm Erkrankungen
  • Bluthochdruck
  • Veranlagung zu Thrombosen
  • Endometriose
  • Migräne
  • Epilepsie

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Dr. med. Daniel Desalmand

Daniel Desalmand hatte in Bern Medizin studiert. Nach dem Studium hatte er mehrjährige klinische Erfahrung in Chirurgie und Innerer Medizin erworben bevor er sich dem Wissenschaftsjournalismus zugewandt hatte.

Doris Zumbühl

Doris Zumbühl ist diplomierte Medizinische Praxisassistentin. Sie verfügt über mehrere Weiterbildungen in den Bereichen Journalismus, IT und Bildbearbeitung.
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