Sprechzimmer logo
Autismus: Chronische Erkrankung mit Rückzug ins Innere
Autismus: Chronische Erkrankung mit Rückzug ins Innere
Beim Autismus oder autistischen Störung kommt es zu einer tiefgreifenden Entwicklungsstörung des Kindes. Sie macht sich durch Abkapselung von der Aussenwelt und mangelndem Interesse an sozialen Kontakten bemerkbar.

Die Bezeichnung Autismus kommt aus dem Griechischen und setzt sich aus den beiden Wörtern autos = selbst und ismos = Zustand zusammen. Es beschreibt einen Rückzug ins Innenleben.

Hauptproblem bei autistischen Kindern ist das mangelnde Interesse zur Kommunikation. Das macht es für viele Eltern nur sehr schwer möglich, einen Kontakt zu ihrem autistischen Kind herzustellen.

Je nach Schweregrad unterscheidet man vier verschiedene Erscheinungsformen, wobei die beiden häufigsten Formen den Namen Kanner-Syndrom und Asperger-Syndrom tragen.

Knaben sind häufiger betroffen als Mädchen. Meist macht sich eine autistische Störung vor dem 3. Lebensjahr bemerkbar.

Bei der Entstehung spielen nach dem heutigen Wissensstand mehrere Faktoren eine Rolle.

Dazu gehören eine erbliche Veranlagung, Stoffwechselstörungen im Gehirn und Funktionsstörungen des Gehirns. Röteln in der Schwangerschaft wird ebenfalls als Entstehungsgrund diskutiert.

Ganz sicher ist, dass ein Autismus nicht durch Erziehungsfehler oder familiäre Konflikte entsteht.

Menschen mit Autismus leiden an Problemen im sozialen Umgang mit Menschen und in der Kommunikation. Sie zeigen oft stereotype (wiederholende) Verhaltensmuster und haben Spezialinteressen. Speziell beim Asperger-Syndrom haben Betroffene oft in Teilgebieten eine  besonders hohe Intelligenz.

  • Beeinträchtigte Kommunikation , sowohl sprachlich als auch nicht sprachlich: Autisten treten selten durch Blickkontakt oder Lächeln mit anderen Menschen in Kontakt. Auf Versuche von Aussen reagieren sie oft mit Abweisung, z.B. sträuben sich autistische Kinder oft vor Umarmungen. Wenn Autisten sprechen, dann fallen oft Eigenheiten der Sprache auf: ungewöhnliche Betonungen, veränderte Stimmmelodie, Geschwindigkeit oder Tonhöhe, häufig werden bestimmte Wörter oder Sätze ständig wiederholt oder Wörter erfunden.
  • Mangelndes Interesse an zwischenmenschlichen Kontakten: Häufig nehmen Autisten andere Menschen und deren Gefühle nicht wahr, z.B. reagiert das autistische Kind nicht auf den Kummer der Mutter. Ebensowenig vermag es den eigenen Kummer nicht auszudrücken. Ein anderes Beispiel: zum Abschied wird kein Winken erwidert. Beziehungen zu anderen Menschen werden nur sehr schwer aufgebaut, so beziehen sie beim Spielen nur selten andere Personen mit ein.
  • Eingeschränkte Interessen und Aktivitäten: Autistische Kinder sind oft von optischen und akustischen Reizen überfordert. Sie sind nicht in der Lage, die normale Welt zu verstehen und sich mitzuteilen. Dies fördert den Rückzug in die eigene Welt. Autisten brauchen, eine gewisse Regelmässigkeit von Abläufen oder Gleichmässigkeit ihrer Umgebung. Auf Veränderungen (z.B. Umstellen von Möbeln oder Änderung von gewohnten Abläufen) reagieren sie häufig mit starker Erregung. Das Wiederholen bestimmter Körperbewegungen, sogenannte stereotype (wiederholende) Verhaltensmuster (z.B. ständiges Hin- und Herwippen, schneiden einer bestimmten Grimasse oder  bestimmte Handbewegungen) wird bei Autisten häufig beobachtet. Die Interessen der Betroffenen sind stark eingeschränkt. Verbleibenden Interessen hingegen (häufig an mechanischen Objekten, wie z.B. der Waschmaschine) wird besonders beharrlich nachgegangen.
Neben diesen Merkmalen entwickeln Menschen mit Autismus häufig weitere psychische Begleitstörungen, wie Angststörungen, Schlafstörungen, Essstörungen sowie herausfordernde autistische Verhaltensweisen wie Wutausbrüche und fremd- oder selbstverletzende Handlungen.
Autimus: Enstehung meist im Kindersalter
Autimus: Enstehung meist im Kindersalter

Normalerweise wird die Diagnose Autismus im Kleinkindalter gestellt.

Es geht primär darum, festzustellen, welche Probleme in welchem Ausmass beim Kind vorliegen. Dazu gehören die gezielte Befragung der Eltern nach Verhaltensauffälligkeiten sowie die Beobachtung des Kindes in verschiedenen Spiel- und Lebenssituationen.

Es wurden standardisierte Fragebögen und Beobachtungsskalen entwickelt, um autistische Symptome gezielt abzufragen und zu erkennen.

Autismus: Förderung der sozialen Fähigkeiten
Autismus: Förderung der sozialen Fähigkeiten

Das wichtigste Therapieziel ist die Verbesserung und Förderung der kommunikativen und sozialen Fertigkeiten des Kindes.
 
Dazu eignet sich eine autismusspezifische Verhaltenstherapie, je früher desto besser: nachdem die Defizite des Kindes genau erfasst sind, wird versucht, die jeweiligen Störungen durch gezieltes Training zu verbessern. Dabei ist der Einbezug der Eltern oder Betreuungspersonen äusserst wichtig, um die Übungen auch zu Hause durchzuführen. So werden beispielsweise bei Sprachstörungen Sprechübungen gemacht oder Übungen zur Kontaktaufnahme usw.

Andere Behandlungsansätze wie Musiktherapie, Bewegungstherapie oder Tiertherapie können im Einzelfall ebenfalls hilfreich sein.

Beim Autismus handelt es sich um eine chronische Erkrankung. Mit welchen Merkmalen sich ein Autismus zeigt und deren Intensität ist von Person zu Person unterschiedlich. Zwar nimmt das Erscheinungsbild im Laufe des Erwachsenenalters oft ab, eine völlige Normalisierung ist jedoch unwahrscheinlich. In manchen Fällen ist ein relativ normales Leben möglich. Autisten bleiben aber meist stark isoliert und erfordern daher viel Toleranz von den Angehörigen.

Autismus ist zwar nicht vom Intelligenzniveau abhängig, jedoch weist ein Grossteil der autistischen Kinder je nach Ausprägungsgrad auch eine Intelligenzminderung auf. Der andere Teil zeigt eine normale oder seltener eine überdurchschnittliche Intelligenz mit erstaunlichen und oft unentdeckten Leistungen in Bereichen wie Gedächtnis, Rechnen, Musik und anderen Gebieten. Bei zusätzlich auftretenden geistigen Einschränkungen ist auch im Erwachsenenalter eine Betreuung in entsprechenden Institutionen erforderlich.

Dr. med. Fritz Grossenbacher

Fritz Grossenbacher hat in Bern Medizin studiert. Er besitzt einen Master of Medical Education der Universitäten Bern und Chicago und ein Zertifikat in Teaching Evidence based Medicine des UK Cochrane Center in Oxford.

Dr. med. Gerhard Emrich

Gerhard Emrich hat in Wien Medizin studiert. Er ist Medizinjournalist mit langjähriger Erfahrung in medical writing.

Doris Zumbühl

Doris Zumbühl ist diplomierte Medizinische Praxisassistentin. Sie verfügt über mehrere Weiterbildungen in den Bereichen Journalismus, IT und Bildbearbeitung.
Rectangle Bottom
Rectangle Right Top
MySana
Gesundheit selber in die Hand nehmen
Bildung, Wissenstests, Risikoschätzung 
Rectangle Right Bottom
Sky Right Top
finish adserving