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Kopfschmerzen: als Symptom chronisch, akut oder als eigenständige Erkrankung
Kopfschmerzen: als Symptom chronisch, akut oder als eigenständige Erkrankung
Gemäss der Internationalen Headache Society (IHS) werden die Kopfschmerzen in primäre Kopfschmerzen (eigenständige Erkrankung), sekundäre Kopfschmerzen (als Folge von anderen Erkrankungen) und kraniale Neuralgien (Gesichtsschmerzen aufgrund von Nervenreizungen) eingeteilt.

Zu den primären Formen gehören Migräne, Spannungskopfschmerzen und Cluster-Kopfschmerz und andere primäre Kopfschmerzen z.B. durch Kälte, Husten, grosse Anstrengungen.

Primäre Kopfschmerzen

Bei den primären Formen gelten die Kopfschmerzen als eigenständige Erkrankung, das heisst, es liegen keine anderen Erkrankungen zu Grunde. Die häufigsten primären Kopfschmerzen sind:

  • Migräne mit oder ohne Aura
  • Spannungs-Kopfschmerzen (episodisch, chronisch)
  • Cluster-Kopfschmerzen (Cluster)

Sekundäre Kopfschmerzen (als Symptom)

Zu den sekundären Formen zählt man die Kopfschmerzen als Folge einer anderen Erkrankung oder einer Verletzung (symptomatische Kopfschmerzen). Das können sein:

  • Nach Schädel-Hirn-Trauma (Sturz oder Schlag auf den Kopf)
  • Arterieller Bluthochdruck
  • Infektionen
  • Alkoholkonsum
  • Erkrankungen (z.B. Infekte oder Tumor) im Bereich von Hirn, Schädel, Nacken, Augen, Ohren, Nase, Nebenhöhlen, Zähne oder Kiefergelenke

Im Folgenden wird nur auf die primären Kopfschmerzformen eingegangen.

Migräne

Die Ursache und die Mechanismen der Migräne sind bisher nur teilweise bekannt.

Eine mögliche Erklärung geht davon aus, dass die Migräne eine Folge einer angeborenen, gestörten Reaktionsfähigkeit des Gehirns gegenüber äusseren und innern Reizen darstellt. Diese erhöhte Reizempfindlichkeit führt dazu, dass das Gehirn die Botenstoffe Noradrenalin und vor allem Serotonin vermehrt produziert und ausschüttet. Als Folge erweitern sich die Gefässe und es werden Entzündungsstoffe ausgeschüttet, wodurch die Schmerzen ausgelöst werden.

Eine genetische Veranlagung führt, unter dem Einfluss von verschiedenen Faktoren, zu solchen Kopfschmerz-Attacken. Die folgenden Faktoren (Trigger) können eine Migräne auslösen oder verstärken:

  • Starke Emotionen, Stress, Angst, Depression, Müdigkeit, Schlafmangel
  • Hormonale Veränderungen: Monatsblutung, Eisprung, Pille
  • Nahrungsmittel: Alkohol (Rotwein), Käse, Südfrüchte, Schokolade
  • Medikamente: Nitroglycerin, Calciumantagonisten
  • Umwelt: Flackerlicht (Disco), Lärm, Höhe, Kälte, Rauch, Wetterumsturz, Föhn
  • Verhalten: Erwartungsangst, Entlastung nach Stressphasen (Weekend)
  • Innere Zyklen: Schlaf-Wach-Rhythmus, Jahreszeiten, Jetlag
Die Migräne tritt hauptsächlich in zwei Hauptformen auf: Migräne mit Aura und Migräne ohne Aura. Aura bezeichnet dabei Phänomene und Symptome neurologischer Art, die den Schmerzen vorausgehen oder diese begleiten. Häufig sind Sehstörungen oder motorische Schwächen bis hin zu Lähmungserscheinungen in den Extremitäten. Frauen sind häufiger betroffen als Männer.

Spannungs-Kopfschmerzen (episodisch, chronisch)

Der Spannungskopfschmerz ist der häufigste Kopfschmerz. Er tritt meist als gelegentliche Episode auf und betrifft zwischen 50 und 75% der Menschen. Typischerweise beginnt er im 3. oder 4. Lebensjahrzent.

Bei etwa 3% werden die Kopfschmerzen chronisch. Von chronischen Spannungskopfschmerz spricht man bei  mehr als 15 Attacken pro Monat während 3 Monaten oder bei 180 Attacken pro Jahr.

Es ist keine bestimmte Ursache für Spannungskopfschmerzen bekannt. Verschiedene Faktoren werden beschrieben, welche die Kopfschmerzattacken auslösen:
  • Chronische oder akute psychische oder körperliche Belastungen
  • Muskelverspannungen im Nacken-, Schulter-, Augen- Gesichtsbereich
  • Wetterwechsel 
  • Schlafentzug
Bei chronischem Spannungskopfschmerz sollten organische Ursachen oder andere Erkrankungen (sekundärer Kopfschmerz) ausgeschlossen werden.

Cluster-Kopfschmerzen (Cluster)

Die Cluster-Kopfschmerzen sind starke Kopfschmerzen und vermutlich die heftigsten Kopfschmerzen, die es gibt. Sie treten immer nur auf einer Seite des Kopfes auf. Die Anfälle können serienweise mehrmals pro Tag auftreten (sogenannte Cluster) und jeweils bis zu drei Stunden andauern. Besonders häufig treten sie in der Nacht auf. Die Attacken sind oft begleitet von Erscheinungen im Gesicht wie Schwitzen, Tränen, roten Augen oder laufende Nase.

Die Ursachen sind weitgehend unbekannt, aber wahrscheinlich spielen lokale Störungen in gewissen Hirnbereichen wie dem Hypothalamus eine Rolle. Männer (meist jüngeren Alters) sind häufiger betroffen als Frauen. Alkohol, gewisse Geschmackverstärker wie Glutamat, aber auch Schokolade oder Käse sowie Medikamente, die Nitroglycerin (wird bei Angina Pectoris eingesetzt) oder Histamin (bei allergischen Erkrankungen) enthalten, können die Kopfschmerzen verstärken oder sogar auslösen.

Kopfschmerzen: pochend, ziehend, ein- oder beiseitig
Kopfschmerzen: pochend, ziehend, ein- oder beiseitig

Migräne

Die typische Migräne-Attacke verläuft in mehreren Phasen:

Vorphase (Prodromi): Oft kündigt sich eine Migräneattacke bereits einige Stunden oder sogar schon ein bis zwei Tage vorher an, mit Vorwarnsymptomen, den sogenannten Prodromi.

Aura: Bei ca. 15% der Migräne-Betroffenen tritt eine sogenannte Aura auf. Es handelt sich dabei um eine Funktionsstörung des Gehirns oder des Hirnstammes, welche wenige Minuten bis eine Stunde dauern kann. Dabei treten Sehstörungen, Missempfindungen an den Extremitäten oder im Gesicht auf, seltener vorübergehende Lähmungen.

Kopfschmerzphase: Typisch sind die mässig bis starken, meist halbseitigen, pulsierenden Kopfschmerzen, die bei Aktivitäten verstärkt werden und oft über Stunden oder Tage anhalten.

Hinzukommen können:

Erholungsphase: Während die Kopfschmerzen wieder abklingen, kommt es häufig zu Müdigkeit, verminderter Belastbarkeit oder getrübter Stimmung.

Spannungs-Kopfschmerzen

  • Kopfschmerzen sind drückend, ziehend, nicht pulsierend.
  • Leichte bis mässige Schmerzintensität, körperliche Aktivitäten sind meist noch möglich.
  • Die Schmerzen sind beidseits des Kopfes lokalisiert, oft in der Schläfengegend.
  • Selten: Schlafstörungen, Schwindel, Übelkeit und Sehstörungen.


Cluster-Kopfschmerzen (Cluster)

  • Extrem  heftige stechende oder bohrende Kopfschmerzen, die in gehäuften Attacken (Cluster) tagsüber, häufiger aber in der Nacht auftreten, 
  • Wiederholte, zum Teil tägliche Cluster (in Serien auftretende Kopfschmerzattacken bis zu 8 x/ Tag), die während Minuten bis Stunden, ja sogar über Tage bis Wochen hinweg immer wieder auftreten können.
  • Danach oft keine Beschwerden über Monate bis Jahre
Kopfschmerzen: Analyse der Schmerzart und Häufigkeit
Kopfschmerzen: Analyse der Schmerzart und Häufigkeit

Um die eine oder andere Kopfwehart zu diagnostizieren braucht es eine äusserst differenzierte und ausführliche Erhebung der Kranken- und Familiengeschichte unter Einbezug der Beschwerden. Das Führen eines Kopfschmerztagebuchs kann wichtige Hinweise für die Diagnose und den Therapieverlauf liefern.

Die Kopfwehanamnese soll beinhalten:

  • Beginn, Lokalisation und Dauer der Kopfschmerzen
  • Frequenz der Attacken und Schmerzintensität (0-10 Skala, 0=kein Schmerz, 10= maximal vorstellbarer Schmerz)
  • Schmerzqualität (spitz, dumpf, stechend...) 
  • Begleitsymptome (Schwindel, Sehstörungen, Missempfindungen...)
  • Schmerzauslösende Faktoren (Trigger)
  • Schmerzverstärkende oder schmerzlindernde Faktoren
  • Begleitumstände der Kopfschmerzen (Beruf, Schule, Familie, Angst)
  • Persönliche Belastbarkeit
  • Berufs-, Freizeit- und Sozialanamnese
  • Familienanamnese
  • Zeitraster (wenn möglich über Jahre)
  • Bisherige Therapien und deren Erfolg 
  • Medikamentenkonsum (Überkonsum - auch Kopfwehtabletten können zu Kopfschmerzen führen!)
  • Erwartungshaltung und Motivation

Weitere Untersuchungsmöglichkeiten

    Kopfschmerzen: Entspannung und medikamentöse Therapie
    Kopfschmerzen: Entspannung und medikamentöse Therapie

    Migräne

    Die moderne Medikamentengruppe der Triptane führen einerseits zu einer Gefässverengung und anderseits hemmen sie die Freisetzung von Entzündungsstoffen. Sie wirken auch gegen Begleitsymptome wie Übelkeit, Erbrechen, Lärm- und Lichtempfindlichkeit. Wichtig ist das Führen eines Migränetagebuches als Behandlungsgrundlage für den Arzt.

    Eine neuere Therapiemethode stellt die externe Stimulation von Gesichtsnerven dar. Dabei werden Elektroden am Kopf angebracht, welche Gesichtsnerven stimulieren. Diese Methode ist gemäss klinischen Studien sowohl bei der Behandlung von Migräneattacken wie auch zur Vorbeugung wirksam.

    Alternative Ergänzungsbehandlungen

    • Regelmässige sportliche Betätigungen, Stressmanagement
    • Akupunktur, Massagen
    • Entspannungsmethoden 
    • Kennenlernen und Ausschalten der Triggerfaktoren (Migränetagebuch)
    • Bettruhe, Dunkelheit, Schlaf, Kälte- oder Wärmewickel


    Spannungskopfschmerzen

    Zeitweise auftretende Spannungskopfschmerzen können mit Schmerzmittel (Acetylsalicylsäure oder Paracetamol) behandelt werden: Achtung nur kurzfristig und kontrolliert einsetzen; Entspannungsübungen und/oder Massagen können ebenfalls helfen. Wichtig ist soweit möglich die Beseitigung von Risikofaktoren und Auslösern.

    Alternative Mittel

    • Akupunktur, Akupressur
    • Kälte- oder Wärmebehandlungen
    • Wechselbäder (Fuss - oder Ganzkörperbad zur Druchblutungsförderung: nicht wärmer als 38°, danach kalt abduschen)
    • Muskelentspannung, Autogenes Training, Yoga


    Cluster-Kopfschmerzen (Cluster)

    Bei den Cluster-Kopfschmerz-Attacken kommen Triptane wie bei der Migräne zum Einsatz. Diese können vom Betroffenen selbst als Spritze unter die Haut oder als Nasenspray verabreicht werden. Normale Schmerzmittel sind in der Regel unwirksam. Inhalation mit 100% Sauerstoff über eine Maske gilt ebenfalls als wirksam. Zur Vorbeugung werden Kalziumantagonisten wie Verapamil und Steroide eingesetzt.

    Im Übrigen gelten für den Patienten dieselben Massnahmen, wie bei der Migräne, inklusive Führen eines Kopfschmerztagebuches.

    Dr. med. Gerhard Emrich

    Gerhard Emrich hat in Wien Medizin studiert. Er ist Medizinjournalist mit langjähriger Erfahrung in medical writing.

    Doris Zumbühl

    Doris Zumbühl ist diplomierte Medizinische Praxisassistentin. Sie verfügt über mehrere Weiterbildungen in den Bereichen Journalismus, IT und Bildbearbeitung.
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