Hören bedeutet dazugehören - Hilfe bei Schwerhörigkeit
Hörprobleme führen in die Isolation, wenn die hohen Töne verloren gehen und deshalb Gespräche nicht mehr verständlich sind. Helfen können moderne, diskrete Hörgeräte, in bestimmten Fällen auch eine operative Behandlung.
Übermässiger Lärm, zunehmendes Alter, genetisch bedingte Erkrankungen, krankhafte Veränderungen an den Gehörknöchelchen (Otosklerose) oder chronische Mittelohrentzündungen sind Faktoren, die das Gehör beeinträchtigen und zu Schwerhörigkeit führen können.
"Untersuchungen weisen darauf hin, dass bis zu 10 Prozent der Schweizer Bevölkerung an einer Form von Schwerhörigkeit leidet", erklärt Thomas Linder, Chefarzt der Hals-Nasen-Ohren-Klinik am Kantonsspital Luzern. Grundsätzlich werden zwei Arten von Schwerhörigkeit unterschieden: Bei einer Schallleitungsschwerhörigkeit wird der Schall im äusseren Gehörgang oder im Mittelohr gedämpft. Gründe dafür können eine Veränderung des Gehörgangs, Ohrenschmalz oder eine Otosklerose sein. Bei der zweiten Art, der Schallempfindungsschwerhörigkeit, verlieren die Sinneszellen im Innenohr durch übermässige Lärmbelastung oder im Laufe des Älterwerdens allmählich ihre Funktion.
Rasch handeln bei Hörproblemen
Eine Schwerhörigkeit beeinträchtigt aber nicht nur das Hören, auch das Sprachverständnis ist betroffen. Denn besteht eine Schwerhörigkeit über längere Zeit, gewöhnt sich das Gehirn an den veränderten Klang der Wörter. Wird dann ein Hörgerät eingesetzt und die Wörter werden wieder lauter gehört, kann das Gehirn sie anfänglich nicht mehr richtig interpretieren. Deshalb sollte man bei Verdacht auf ein Hörproblem unverzüglich handeln und nicht abwarten.
Kaum sichtbare Hörgeräte
Ein Hörverlust lässt sich heute gut behandeln. Bei beiden Arten von Schwerhörigkeit helfen Hörgeräte, die im oder hinter dem Ohr getragen werden. Bei Im-Ohr-Hörgeräten befindet sich die Technik im Gehörgang oder in der Ohrmuschel. Die zweite Variante sind die Hinter-Ohr-Hörgeräte, bei denen der technische Teil hinter dem Ohr angebracht wird und sich im Ohr lediglich ein kleines Plastikohrstück oder ein Schläuchlein befindet. Dabei sind die modernen Hörgeräte so klein, dass sie kaum auffallen.
Moderne Hörsysteme
Lässt sich eine Schallempfindungsschwerhörigkeit mit konventionellen Hörgeräten nicht ausreichend behandeln, kann ein sogenanntes aktives Mittelohrimplantat helfen. Dieses Hörsystem besteht aus einer aussen am Kopf sitzenden Komponente und einem implantierten Teil. Man spricht deshalb von einem teilimplantierbaren System. Auf diese Weise bleibt der Gehörgang frei, was zum Beispiel bei chronischen Entzündungen von Vorteil ist. Vereinzelt wurden auch schon vollimplantierbare Hörsysteme eingesetzt. "Die Vollimplantate werden aber nicht von den üblichen Kostenträgern finanziert und bergen höhere Risiken als die bisherigen Teilimplantate", sagt Thomas Linder.
Leidet eine Person an hochgradiger Schallempfindungsschwerhörigkeit oder gar Taubheit, stehen Cochlea-Implantate zur Verfügung. Damit sie eingesetzt werden können, muss jedoch der Hörnerv intakt sein. Bei einem chirurgischen Eingriff wird dann eine Elektrodenkette in die Hörschnecke platziert. Über ein kleines Mikrofon, das meist hinter dem Ohr getragen wird, werden Töne und Geräusche an die implantierten Elektroden weitergeleitet. Dies führt zu einer direkten Stimulation des Hörnervs. Cochlea-Implantate eignen sich sowohl für Erwachsene wie auch für taub geborene oder ertaubte Kinder.
Behandlungsmöglichkeiten bei Schallleitungsschwerhörigkeit
Bei einer Schallleitungsschwerhörigkeit gibt es neben den konventionellen Hörgeräten ebenfalls noch weitere Behandlungsmöglichkeiten. Wurde die Schwerhörigkeit durch eine Otosklerose verursacht, so ist eine operative Behandlung durch einen mikrochirurgischen Eingriff am Mittelohr möglich. Dabei wird der Steigbügel durch eine etwa fünf Millimeter lange Titanprothese ersetzt. "Seit Kurzem kommt bei diesen Eingriffen modernste Lasertechnologie zum Einsatz. Dadurch ist in dem millimeterkleinen Operationsgebiet ein noch genaueres und auch schonenderes Arbeiten möglich", erklärt Thomas Linder.
Auch die sogenannten knochenverankerten Hörsysteme eignen sich zur Behandlung einer Schallleitungsschwerhörigkeit. Sie kommen zum Einsatz, wenn normale Hörgeräte (zum Beispiel aufgrund von Missbildungen der Ohrmuschel, häufigem eitrigem Ohrausfluss oder Trommelfellperforation) nicht verwendet werden können und auch kein mikrochirurgischer Eingriff möglich ist. Bei diesen Hörsystemen wird der Schall ebenfalls über ein aussen sitzendes Mikrofon aufgenommen und über die implantierte Titanschraube direkt auf den Schädelknochen übertragen. Von dort erfolgt eine direkte Weiterleitung zum Innenohr. Das erkrankte Mittelohr wird so umgangen. Das Besondere der knochenverankerten Hörsysteme ist, dass sie sich auch bei gemischten Schwerhörigkeiten einsetzen lassen. Welches Hörgerät oder welches Hörsystem schliesslich zum Einsatz kommt, muss jeweils ganz individuell abgeklärt werden.
08.10.2008