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Vergesslichkeit kann akut, vorübergehend oder chronisch auftreten, nach einer Erkrankung, nach einer Verletzung  oder im Alter
Vergesslichkeit kann akut, vorübergehend oder chronisch auftreten, nach einer Erkrankung, nach einer Verletzung oder im Alter

Gesehenes, Gerochenes oder Gehörtes verbleibt normalerweise für eine bestimmte Zeit im Gedächtnis. Wie lange man sich an etwas erinnert, hängt von verschiedenen Faktoren ab: So erinnert man sich an zusammenhängende Sätze besser als an sinnlose Silben, an Ereignisse mit Selbstbezug besser als an solche ohne persönlichen Bezug und an emotionale Momente besser als an langweilige und unberührte Momente. Es gibt Menschen, die können sich viel besser an Details erinnern als andere. Jeder gesunde Mensch vergisst somit sehr individuell.

Grundsätzlich kann zwischen zwei Arten von krankhafter Vergesslichkeit unterschieden werden.
- Akute Gedächtnisverlust - Amnesie genannt - als Folge eines Schädel-Hirn-Traumas oder einer sonstigen Schädigung des Hirns, zum Beispiel eines Schlaganfalls
- Langsam zunehmender Gedächtnisverlust als mögliches Zeichen für eine beginnende Demenz

Eine gelegentliche Vergesslichkeit ist jedem bekannt und bis zu einem gewissen Grad normal, vor allem im Alter. Vergesslichkeit ist aber keine reine Alterserscheinung, auch junge Menschen können ab und zu einen Termin vergessen, die Autoschlüssel verlegen oder sich an einen Namen nicht mehr erinnern. Denn Vergesslichkeit ist nicht nur eine negative Erscheinung. Sie ist auch eine notwendige Funktion, um unser Gehirn vor Reizüberflutung zu schützen. Häufen sich jedoch diese Vorfälle, kann Vergessen ein Zeichen für eine abnehmende Gedächtnisleistung sein.

Welche Informationen gespeichert oder wieder vergessen werden, hängt unter anderem von deren emotionalen Gehalt ab. Dinge, die mit starken Emotionen verbunden sind, werden weniger leicht vergessen. Dieser Auswahlmechanismus des Gehirns ist bis zu einem gewissen Grad selbst beeinflussbar. So kann man das Gedächtnis auch trainieren und sich z.B. bildhafte Eselsbrücken bilden, damit Informationen länger in Erinnerung bleiben.

Generell unterscheidet man eine normale Altersvergesslichkeit von einer krankhaften Vergesslichkeit (= Demenz). Die Altersvergesslichkeit kann aber auch die Vorstufe einer beginnenden Demenz sein.

  • Altersvergesslichkeit : Durch den natürlichen Alterungsprozess kommt es bereits im mittleren Lebensalter, spätestens aber ab 50 zur langsamen Abnahme der geistigen Leistungsfähigkeit. So funktioniert etwa das Kurzzeitgedächtnis, also die Erinnerung an das jüngst Erlebte, mit den Jahren etwas schlechter oder man kann sich Dinge wie Namen oder Termine weniger gut merken oder die Konzentrationsfähigkeit lässt etwas nach. Diese sogenannte "Altersvergesslichkeit" hält sich aber in einem gewissen Rahmen und nimmt ab einem gewissen Niveau nicht mehr weiter zu. In der Medizin wird bei einer leichten Vergesslichkeit dieser Art von einer "leichten kognitiven Störung" gesprochen, Kognition ist die medizinische Bezeichnung für "das Erkennen".
  • Demenz : hier handelt es sich hingegen um eine fortschreitende Vergesslichkeit, die ein viel stärkeres Mass annimmt und nicht nur das Kurzzeitgedächtnis, sondern auch andere Bereiche der Gedächtnisleistung betrifft, wie das Denken, die zeitliche und örtliche Orientierung, das Rechnen, die Sprache und die emotionale Kontrolle. Es kommt also zu einem stetigen Abbau der geistigen Fähigkeiten. Ausserdem geht die Eigeninitiative verloren, Hobbys werden aufgegeben und die Körperpflege wird zunehmend vernachlässigt.

Häufig wird eine fortschreitende Vergesslichkeit (Demenz) im Alltag über lange Zeit noch gut kompensiert bzw. bewusst "versteckt". Spätestens aber in neuen Situationen mit ungewohnten Anforderungen wird sie für Andere offensichtlich.

Weitere Formen von Vergesslichkeit:

  • Verdrängen: Schmerzhaften Erfahrungen oder bedrohliche und angstbehaftete Inhalte werden aus dem Bewusstsein verdrängt ("vergessen").
  • Amnesie : Erinnerungsschwierigkeiten bzw. Erinnerungslücken, wie sie im Rahmen von Unfällen mit Kopfverletzungen (medizinisch: Amnesie) oder von epileptischen Anfällen auftreten. Sie betreffen allerdings nur einen ganz bestimmten Zeitraum, in der Regel  das Geschehen unmittelbar vor und während dem Ereignis.

Mögliche Begleitsymptome:

Vergesslichkeit kann viele Ursachen haben. Bis zu einem gewissen Grad ist sie vor allem bei älteren Menschen aufgrund des natürlichen Alterungsprozesses der Gehirnzellen normal (Altersvergesslichkeit). Aber auch jüngere Menschen vergessen mal das eine oder andere, v.a. bei Stress, Zeitdruck, Schlafmangel oder psychischer Belastung. Eine übermässige und fortschreitende Vergesslichkeit hingegen deutet auf Erkrankungen hin, allen voran auf Demenz - Erkrankungen.

Folgende Erkrankungen können die Ursache für krankhafte Vergesslichkeit sein oder eine solche verschlimmern:

Einer krankheitsbedingten Vergesslichkeit selbst kann man nicht direkt vorbeugen. Man kann aber mit einer gesunden und geistig aktiven Lebensweise dem geistigen Abbau und damit einer Vergesslichkeit entgegenwirken.

Nachfolgend einige allgemeine Tipps gegen Vergesslichkeit:

  • Regelmässige körperliche Bewegung verbessert die Hirndurchblutung und damit die Sauerstoff- und Nährstoffversorgung der Hirnzellen
  • Geistiges Training mit z.B. Lesen oder Kreuzworträtseln hält die grauen Hirnzellen in Schwung
  • Aktive Teilnahme am Leben und Kontakt zu anderen Menschen
  • Ausgewogene Ernährung und eine ausreichende tägliche Trinkmenge
  • Gemässigter Alkoholkonsum und Rauchverzicht
  • Genügend Schlaf und wenig Stress
  • Bei einer leichten Altersvergesslichkeit können in manchen Fällen pflanzliche Mittel, wie etwa Ginko-Präparate die Gedächtnisleistung stärken.

Wenn man gelegentlich einen Namen vergisst oder den Wohnungsschlüssel verlegt, ist das normal und kein Grund zur Sorge. Hat man jedoch das Gefühl, die Vergesslichkeit überschreitet das normale Mass oder wird zunehmend stärker, sollte man mit dem Arzt über die Gedächtnisprobleme sprechen.

Demenzkranke selbst sind häufig nicht mehr in der Lage oder willens, einen Arzt aufzusuchen. Hier sind die Angehörigen gefragt, den Betroffenen zum Arztbesuch zu ermutigen und zu begleiten. Mit ihren Schilderungen können sie dem Arzt wichtig Informationen zur Krankengeschichte liefern.

Welcher Arzt ist zuständig?

Um sich ein genaues Bild von den aktuellen Beschwerden und den möglichen Ursachen zu machen, erfolgt zuerst die Erhebung der Krankengeschichte (Anamnese) und eine körperliche Untersuchung mit einfachen Hilfsmitteln (Betrachten, Abtasten, Abhören, Abklopfen, Funktionsprüfungen, etc.). Ausgehend davon können weitere spezielle Untersuchungen folgen.

Bei Vergesslichkeit spielen auch die Schilderungen von Angehörigen (sogenannte Fremdanamnese) eine bedeutende Rolle.

Erhebung der Krankengeschichte (Anamnese)

  • Fragen zum Symptom Vergesslichkeit selbst: sein wann bestehen erste Auffälligkeiten der Vergesslichkeit und wie äussert sie sich, werden häufig Dinge verlegt, bestehen auch Konzentrationsstörungen oder Orientierungsschwierigkeiten, werden Hobbys vernachlässigt, Rückzug des Betroffenen oder Interesselosigkeit, Zeichen von Depressionen oder anderen Auffälligkeiten wie Unruhe, Aggressivität oder sogar Halluzinationen.
  • Begleitsymptome (siehe oben)
  • Vor- und Begleiterkrankungen, inklusive Operationen oder Unfälle
  • Bedeutsame Erkrankungen und Todesursachen in der Familie
  • Allergien
  • Medikamenteneinnahme
  • Lebensumstände, beruflicher und sozialer Hintergrund
  • Lebensgewohnheiten: Bewegung, Ernährung, Schlaf, Genussmittel (Kaffee, Rauchen, Alkohol, Drogen), Stress, etc.

Körperliche Untersuchung
Es folgt eine allgemeine Ganzkörperuntersuchung, bei der unter anderem Puls und Blutdruck gemessen sowie Herz und Lunge abgehört werden. Ausserdem wird der Arzt eine gründliche neurologische Untersuchung durchführen, um das Vorliegen anderer Erkrankungen im Bereich des Nervensystems und des Gehirns auszuschliessen.

Mit dem "Mini-Mental-Test" und dem "Uhrentest" kann sich der Arzt einen ersten Eindruck über Gedächtnisleistung, Denkvermögen und Ausmass der Vergesslichkeit machen und sehen, wie gut der Betroffene mit den alltäglichen Anforderungen noch zurechtkommt.

  • Beim Mini-Mental-Test werden unter anderem durch Fragen nach dem Datum und dem aktuellen Aufenthaltsort das zeitliche und räumliche Orientierungsvermögen und durch Wiederholen lassen von mehreren Begriffen die Erinnerungsfähigkeit geprüft. Ausserdem werden leichte Rechenaufgaben gestellt und das allgemeine Sprachverständnis und Sprachvermögen überprüft. Durch Nachzeichnen einfacher geometrischer Figuren wird die räumliche Vorstellungskraft getestet.
  • Beim Uhrentest ist der Betroffene gefordert, in einen Kreis die fehlenden Ziffern einer Uhr sowie eine Uhrzeit mit grossen und kleinen Zeigern einzuzeichnen.

Weitere Diagnostik/Spezielle Untersuchungen

  • Blutuntersuchungen
  • Computertomographie (CT) oder Magnetresonanztomographie (MRI) des Gehirns

Die Behandlung bei Vergesslichkeit richtet sich nach deren Ursache und deren Ausmass. Bei fortschreitender Vergesslichkeit aufgrund von Demenz- Erkrankungen ist ein möglichst frühzeitiger Behandlungsbeginn wichtig, um die geistige Leistungsfähigkeit des Erkrankten so lange wie möglich aufrecht zu erhalten.

Demenz-Erkrankungen sind bisher zwar nicht heilbar, Medikamente (sogenannte Antidementiva) können jedoch den schleichenden geistigen Abbau in manchen Fällen bremsen.

Ebenso wichtig sind eine entsprechende Versorgung und Pflege der Betroffenen, sowie die Förderung der körperlichen und geistigen Aktivitäten durch z.B. Krankengymnastik, Beschäftigungstherapie (Ergotherapie ) und Gedächtnisübungen (Memory-Training, Gehirn-Jogging). Förderlich ist auch ein alltagsnahes Training einfacher Fähigkeiten wie Essen, Waschen oder Ankleiden, wobei ein möglichst geregelter und gleichbleibender Tagesablauf eingehalten werden sollte.

Dr. med. Fritz Grossenbacher

Fritz Grossenbacher hat in Bern Medizin studiert. Er besitzt einen Master of Medical Education der Universitäten Bern und Chicago und ein Zertifikat in Teaching Evidence based Medicine des UK Cochrane Center in Oxford.

Doris Zumbühl

Doris Zumbühl ist diplomierte Medizinische Praxisassistentin. Sie verfügt über mehrere Weiterbildungen in den Bereichen Journalismus, IT und Bildbearbeitung.
   
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