Adipositas: Magenoperation kann Diabetes Typ 2-Risiko senken
Zunehmend mehr Studien belegen den Erfolg einer chirurgischen Intervention bei schwerem Übergewicht, um das Diabetes Typ 2-Risiko zu senken. Experten am Berliner Diabetes Kongress 2015 teilen diese Einschätzung.
Im Mittelpunkt stehen dabei auch chirurgische Verfahren, die bereits bei stark übergewichtigen Menschen mit Diabetes Typ 2 zum Einsatz kommen: Bleiben bei Betroffenen mit einem BMI von über 35 multimodale Konzepte zur Gewichtsreduktion über mindestens ein halbes Jahr hinweg ohne befriedigenden Erfolg, kann ihnen eine Magenoperation beim Abnehmen helfen und ihre Stoffwechsellage so verbessern, dass sie zunächst keine Medikamente mehr benötigen. Ob dieser Effekt jedoch von Dauer ist und auch Diabetiker ohne hohes Übergewicht von einer chirurgisch-interventionellen Therapie profitieren könnten, ist noch Gegenstand von Forschung und wird kontrovers diskutiert. Professor Dr. med. Dirk Müller-Wieland stellt dieses Thema im Rahmen der Kongress-Pressekonferenz zum Diabetes Kongress 2015 am 15. Mai 2015 im City Cube Berlin vor.
Magen-Bypass und Schlauchmagen
"Je nach Krankheitsgeschichte muss der Arzt entscheiden, ob und welche bariatrische Operation für einen Menschen mit Diabetes in Frage kommt. Denn jeder Eingriff birgt auch Risiken", erklärt Professor Dr. med. Dirk Müller-Wieland, Vorstandsmitglied und Pressesprecher der DDG. "Derzeit sind der Magen-Bypass und die Sleeve-Gastrektomie sehr erfolgreiche Operationsmethoden: Untersuchungen zeigen, dass sich bei rund 70 Prozent der Patienten die Blutzuckerwerte normalisiert haben und Diabetes-Medikamente sogar abgesetzt werden konnten." Bei beiden Operationstechniken wird der Magen verkleinert und bei dem Magen-Bypass wird noch ein Teil des Dünndarms "ausgeschaltet".
Für solche chirurgisch-interventionellen Therapien kommen derzeit nur Diabetes-Patienten infrage, die einen BMI von 35 kg/m2 überschreiten und mit Sport und Ernährung ihr Gewicht nachweislich über einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten hinweg nicht senken konnten. Sollten Menschen mit einem BMI zwischen 30 und 35 kg/m2 ihren Diabetes medikamentös nicht in den Griff bekommen, könnten auch sie in Sonderfällen in Betracht kommen; dies ist aber Forschung, das heisst diese Patienten sollten in Studien eingeschlossen werden und es ist keine allgemeine Empfehlung. Experimentellen und klinischen Beobachtungen zufolge profitieren insbesondere jüngere Patienten mit Typ-2-Diabetes, die noch kein Insulin spritzen müssen.
Alle Menschen mit einem BMI unter 30 oder mit Typ 1-Diabetes sind jedoch ausgeschlossen. "Denn Langzeiterfolge und Risiken sind bislang unzureichend geklärt und für andere Patientengruppen die Effizienz noch nicht erwiesen", verdeutlicht Professor Müller-Wieland, Chefarzt der Abteilung Allgemeine Innere Medizin, Diabetes, Gastroenterologie, Endokrinologie und Stoffwechselerkrankungen der Asklepios Klinik St. Georg in Hamburg. Auch seien bislang die genauen Wirkmechanismen im Magen-Darm-Trakt unklar.
Als Nebenwirkungen kann es unter anderem zu Verdauungsstörungen, Erbrechen, Gallensteinen oder Vitaminmangel kommen. Es mehren sich auch die Hinweise, dass möglicherweise das Risiko für Darmkrebs nach solch einem operativen Eingriff ansteigt. Daher sind eine langfristige Nachsorge und dauerhafte Ernährungsumstellung notwendig. "Chirurgisch-interventionelle Therapien sollten nur in interdisziplinären Zentren mit entsprechender Erfahrung erfolgen und weiter wissenschaftlich untersucht werden", betont Müller-Wieland.
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19.05.2015 - dzu