Alkoholkonsum fördert Gewalt bei Jugendlichen
Rund 20 Prozent der Jugendlichen konsumieren Alkohol in problematischer Weise. Diese Gruppe zeigt auch ein deutlich erhöhtes Mass an gewalttätigem Verhalten. Das ist das Resultat einer Studie der Schweizerischen Fachstelle für Alkohol- und andere Drogenprobleme (SFA).
Wie eine repräsentative Befragung der SFA von rund 7'000 Schülerinnen und Schülern im Alter von 13 bis 17 Jahren zeigt, wird pro Schulklasse im Durchschnitt fast jede Woche ein körperlicher Gewaltakt begangen. Dabei handelt es sich um Einzel- oder Gruppenkämpfe oder um körperliche Schikane.
Es gibt doppelt so viele Jungen wie Mädchen, die Gewalt ausüben - Jungen sind aber auch häufiger Opfer von Gewalt als Mädchen. Die Studie "Alkohol und Gewalt im Jugendalter" wurde von der Stiftung SFA im Auftrag des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) durchgeführt. Sie basiert auf Daten der internationalen ESPAD-Studie von 2003 (European School Survey Project on Alcohol and Drugs) und untersucht den Alkoholkonsum und das Gewaltverhalten von Jugendlichen - insbesondere den Zusammenhang zwischen verschiedenen Alkoholkonsummustern und Gewalt.
Jugendliche mit problematischem Alkoholkonsum zeigen mehr Gewaltverhalten
Rund 20% der Heranwachsenden haben einen problematischen Alkoholkonsum. Das heisst, dass sie sich im Monat vor der Befragung mindestens zweimal einen Rausch angetrunken hatten und generell fast jeden Monat Alkohol trinken. Auch hier sind die Jungen mit 25% deutlich stärker vertreten als die Mädchen (15%). Auf diese relativ kleine Gruppe mit problematischem Alkoholkonsum entfällt ein grosser Anteil an Gewalt.
So begehen die erwähnten 25% der Jungen mit problematischem Alkoholkonsum 50 bis 60% aller - durch Jungen verübten - Gewaltakte (inklusive Sachbeschädigung). Sie erleiden aber auch 40 bis 50% der an Jungen verübten Gewalt. Die 15% der Mädchen mit einem problematischen Alkoholkonsum begehen 40 bis 50% der durch Mädchen verübten Gewalt und erleiden 30 bis 40% der Gewalt an Mädchen. Jugendliche, die in problematischer Weise Alkohol trinken, sind auch in anderen Bereichen verhaltensauffällig. So geben sie häufiger als andere Konsumgruppen an, mit der Beziehung zu den Eltern unzufrieden zu sein, die Schule zu schwänzen, risikoreiche Sexualkontakte zu haben, zu kiffen oder zu rauchen.
Bei Jungen ist ein Gewaltakt pro Monat und pro Klasse alkoholbedingt Die Studie der Schweizerischen Fachstelle für Alkohol- und andere Drogenprobleme zeigt, dass Gewalt bei Alkoholkonsumierenden, insbesondere bei problematisch Konsumierenden, häufiger vorkommt.
Sie sagt jedoch nichts darüber aus, ob die Gewalt unter dem Einfluss von Alkohol ausgeübt wurde. Um das herauszufinden, müsste man bei Gewaltakten z.B. die Blutalkoholkonzentration bei den Involvierten messen. Epidemiologische Formeln erlauben jedoch eine Einschätzung des Anteils alkoholbedingter Gewalt. "Alkoholbedingt" heisst, dass diese Gewalt nicht entstanden wäre, wenn kein Alkohol involviert gewesen wäre. Entsprechende Einschätzungen deuten darauf hin, dass bei Jungen durchschnittlich ein körperlicher Gewaltakt pro Monat und pro Klasse alkoholbedingt ist.
Bei den Mädchen ist es zirka einer pro Klasse alle drei Monate. Jungen üben in absoluten Zahlen also deutlich mehr alkoholbedingte Gewaltakte aus als Mädchen. Anteilmässig spielt der Alkohol aber bei den Mädchen eine grössere Rolle als bei den Jungs. Während bei den Jungen rund ein Drittel der verübten körperlichen Gewalt alkoholbedingt ist, sind es bei den Mädchen zwei Drittel. Ein Grund dafür könnte sein, dass die Hemmschwelle zur Gewaltausübung bei Mädchen höher liegt und deshalb die Enthemmung durch Alkohol stärker zum Tragen kommt als bei Jungen, die generell schneller und häufiger zu Gewalt neigen.
Gefährdete Jugendliche möglichst frühzeitig unterstützen Die Ergebnisse dieser Studie zeigen klar, dass Alkoholkonsum mit Gewalt zusammenhängt. Deshalb ist es wichtig, frühzeitig zu verhindern, dass Jugendliche in problematischer Weise Alkohol konsumieren. Auch Gewaltpräventionsprogramme müssen bereits im Vorschulalter und in der Primarschule einsetzen, damit sie Erfolg haben. Jugendliche, die in problematischer Weise Alkohol konsumieren und zusätzlich andere riskante Verhaltensweisen zeigen, sind gefährdet.
Es ist wichtig, dass sie möglichst früh Unterstützung erhalten - dabei kommt der Prävention in der Schule eine entscheidende Rolle zu. Betroffenen Jugendlichen können Interventionsprogramme zur Suchtprävention und Gesundheitsförderung Unterstützung bieten. Für Eltern gibt es Elterntrainings, Familien- und Mentorenprogramme, die bei der Erziehung der Kinder Hilfe leisten. Damit es aber gar nicht erst zu Sucht- und Gewaltproblemen kommt, gilt es, die Lebenskompetenzen und das Selbstbewusstsein der Kinder zu stärken und mit Informationen auf die Risiken des Alkoholmissbrauchs aufmerksam zu machen.
Auch dem Staat, den Kantonen und Gemeinden kommt in der Prävention eine entscheidende Aufgabe zu: Die Einschränkung der Erhältlichkeit alkoholischer Getränke, deren Besteuerung, eine konsequente Anwendung und Kontrolle der Jugendschutzbestimmungen beim Ausschank sowie Werbeeinschränkungen sind wichtige und wirkungsvolle Massnahmen.
13.12.2006