Alkoholproblem - Eine Betroffene erzählt
Alkoholsucht beginnt schleichend – und sie wieder loszuwerden, ist sehr schwierig. Das ambulante Alkoholentzugsprogramm der ZFA (siehe Artikel unten) kann dabei helfen. Eine Betroffene erzählt von ihren Erfahrungen.
Es war der Tag, als sie sich zum ersten Mal mit der Zürcher Fachstelle für Alkoholprobleme (ZFA) in Verbindung setzte.
Damals war Anna Signer Anfang 50, und seit vielen Jahren wusste die im grafischen Bereich tätige Zürcherin, dass sie ein Alkoholproblem hatte. Doch sie wollte es lange nicht wahrhaben, redete sich selbst immer wieder ein, dass sie alles im Griff habe.
«Es gibt keine festgelegte Grenze, ab wann eine Person alkoholsüchtig ist», weiss Petra Bald, Psychologin bei der ZFA. «Der Übergang vom geregelten Konsum hinein in die Alkoholabhängigkeit ist fliessend.» Auf die Menge, die man trinkt, komme es dabei nicht an. Viel wichtiger sei die Frage, ob man noch den freien Willen habe, was den Alkohol betrifft. Anna Signer trank eine Flasche Wein, jeden Tag. «Ich konnte nicht mehr entscheiden, ob ich trinken wollte oder nicht», sagt sie. «Es hat mir einfach getrunken!»
Das AEP als perfekte Starthilfe
Bei der ZFA wurde Signer gut aufgenommen und von Anfang an kompetent beraten. Sie lobt vor allem das zeitgemässe Suchtverständnis der ZFA-Mitarbeitenden. «Viele Leute denken noch heute, Alkoholsucht habe etwas mit schwachem Willen zu tun», sagt sie. «Aber das stimmt nicht!» Bei der ZFA wisse man, dass es sich um eine Krankheit handle, und gehe mit den Klienten auch dementsprechend um.
Eine Fachperson der ZFA riet Anna Signer, am ambulanten Entzugsprogramm (AEP) teilzunehmen, und Signer entschied sich, dem Rat zu folgen. Ein Entscheid, den sie bis heute keine Sekunde lang bereut hat. «Das AEP ist eine perfekte Starthilfe, um die Abstinenz zu beginnen», sagt sie. Ihr ist während des Programms gelungen, was sie zuvor schon sehr lange nicht mehr geschafft hatte: zwei Wochen lang keinen Tropfen Alkohol zu sich zu nehmen.
Jetzt will Anna Signer noch mehr: Sie hat sich vorgenommen, ein Jahr lang abstinent zu bleiben. «Danach schaue ich weiter. Vielleicht verlängere ich die totale Abstinenz, vielleicht versuche ich dann, mit kontrolliertem Trinken zu beginnen.»
Es ist noch ein langer Weg
Bis jetzt hat sie ihr Ziel eingehalten, doch ein langer Weg liegt noch vor ihr. Ihn muss sie zum Glück nicht alleine zurücklegen – die ZFA steht ihr auch in Zukunft helfend zur Seite.
Einerseits bietet sie Nachfolgeabende im Anschluss an das AEP an, wo sich die Gruppenmitglieder und die Kursleitenden weiterhin austauschen können. Andererseits nützt Katrin Signer auch künftig das breite Beratungsangebot der ZFA: Sie führt in regelmässigen Abständen Einzelgespräche mit einer Beraterin, um allfällige Probleme in den Griff zu bekommen, und nimmt Anfang nächsten Jahres zudem an einem weiteren Gruppenkurs in Zürich teil.
Dies alles wird ihr helfen, das hochgesteckte Ziel einer einjährigen Abstinenz erreichen zu können. Psychologin Bald weiss jedoch aus ihrer langjährigen Erfahrung mit Alkoholklienten, wie schnell es zu einem Rückfall kommen kann: «Es braucht extrem viel Kraft, dem Alkohol zu widerstehen. Ein Ausrutscher genügt manchmal, und man ist wieder in das alte Muster zurückgefallen.» Sie traut Anna Signer jedoch zu, auch die weiteren Hürden auf ihrem langen Weg zu meistern. «Jeder kann es schaffen!», sagt sie.
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30.10.2008