Sportsponsoring kurbelt den Alkoholkonsum an
Sucht Info Schweiz fordert den Verzicht des Sponsorings von Alkoholwerbung an Sportveranstaltungen. Denn: Bierwerbung arbeite direkt gegen die Prävention bei Jugendlichen.
Die meisten Sponsorengelder fliessen in der Schweiz in den Sport. Pro Jahr sind es gut 500 Millionen Franken. Dass der Sport auch für das Sponsoring der Alkoholindustrie sehr wichtig ist, zeigt eine aktuelle Analyse von Sucht Info Schweiz.
Sie ist Teil einer umfassenden Untersuchung der Alkoholwerbung, welche Sucht Info Schweiz im Rahmen eines europäischen Projekts durchführt. Wie funktioniert die Werbung, welche Trends gibt es, werden die Werbevorschriften beachtet? Diese und weitere Fragen stehen im Fokus der Beobachtungen.
Um mehr über das Sportsponsoring durch die Alkoholindustrie zu erfahren, hat Sucht Info Schweiz die Websites von Sportklubs der obersten Spielligen angeschaut, wobei der Fokus auf den in der Schweiz beliebtesten Teamsportarten lag: Fussball, Unihockey, Handball, Eishockey und Basketball. Von den zehn untersuchten Fussballmannschaften werden sechs von der Alkoholindustrie gesponsert, beim Eishockey sind es neun von zehn. Bei allen Sportarten wird fast die Hälfte der Mannschaften der obersten Ligen durch die Alkoholindustrie unterstützt. Es sind vor allem die multinationalen Bierbrauereien, welche ins Sponsoring investieren.
Fragwürdiges Engagement
Ziel des Sportsponsorings ist, neue Kundschaft zu rekrutieren, die Alkohol trinkt. Besonders aktiv ist die Bierbranche. Vor allem im Umfeld des Fussballs und Eishockeys gehört es dazu, Bier zu trinken. Dass die Bierindustrie Sportarten finanziert, die von den Jugendlichen sowohl aktiv ausgeübt als auch über die Medien und in den Stadien verfolgt werden, ist gemäss Sucht Info Schweiz fragwürdig.
Über die Publikumsmagnete Fussball und Eishockey werden neue Käufer, vorab Jugendliche und junge Erwachsene, erreicht. Diese orientieren sich an ihren sportlichen Vorbildern. Sie sind Fan einer Mannschaft und sie suchen das Gemeinschaftserlebnis an einem Match. Bei allen Sportarten wird am häufigsten auf den Banden am Spielfeldrand sowie auf den Spielertrikots geworben. So nutzt die Alkoholindustrie das positive Image des Sports als gesunde Aktivität. Gleichzeitig ist das Sponsoring eine wichtige Einnahmequelle für die Sportklubs.
Werbung treibt Konsum an
„Wissenschaftliche Studien zeigen, dass Alkoholwerbung den Konsum von Jugendlichen beeinflusst“, sagt Ruth Hagen, Verantwortliche für die Analyse bei Sucht Info Schweiz. Auch das Sponsoring als eine spezielle Werbeform erhöht das Risiko, mit dem Trinken anzufangen, mehr oder häufiger zu konsumieren. Sponsoring ermöglicht Alkohol, Sport und Jugendlichkeit auf positive Weise zu verbinden. Aus gesundheitlicher Sicht ist dies bedenklich.
Vorschriften, die nicht greifen
Während das Sponsoring für Spirituosen bei Sportveranstaltungen in der Schweiz nicht zulässig ist, darf für Bier und Wein geworben werden, ausser wenn hauptsächlich Jugendliche unter 18 Jahren den Sportanlass besuchen. Diese Bestimmung ist gemäss Sucht Info Schweiz viel zu lasch. Auch wenn bei sportlichen Grossanlässen kaum je nur Junge angesprochen werden, machen Kinder und Jugendliche einen nicht vernachlässigbaren Anteil des Publikums aus. Familiensektoren in den Stadien und Klubs werben mit gezielten Angeboten für die Jüngsten.
„Um den Jugendschutz zu stärken, fordern wir deshalb den Verzicht auf Sportsponsoring für sämtliche alkoholischen Getränke“, erklärt Michel Graf, Direktor von Sucht Info Schweiz. Diese Forderung hat Sucht Info Schweiz in der Vernehmlassung zum totalrevidierten Alkoholgesetz geltend gemacht. Hier bietet sich aktuell die Gelegenheit, den Schutz der Jugend konsequent voranzutreiben, denn der problematische Alkoholkonsum bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen hat in den letzten Jahren zugenommen. Gleichzeitig fördert das Sportsponsoring durch die Bierindustrie nachweislich den Konsum und unterläuft so eine wirksame Prävention.
Der Zwischenbericht von Sucht Info Schweiz zum Sportsponsoring der Alkoholindustrie steht zum Download bereit. Der Bericht ist Teil des europäischen Projekts AMMIE (Alcohol Marketing Monitoring in Europe), dessen Umsetzung für die Schweiz durch das Bundesamt für Gesundheit unterstützt wird.
Weitere Hintergrundinformationen zum Thema Sportsponsoring durch die Alkoholindustrie können Sie in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift „Standpunkte online“ nachlesen.
31.01.2011