Beckenboden während Schwangerschaft und Geburt
Immer wieder meinen Frauen, dass ein Kaiserschnitt den Beckenboden vor Schäden und damit die Frau vor späterer Harninkontinenz schützt, was sie zu einem Wunsch-Kaiserschnitt führt. Dem ist aber nicht in jedem Fall so, sagen Experten.
Aufgaben des Beckenbodens
Der Beckenboden mit den beteiligten Muskeln und Bändern dient dazu, den Rumpf nach unten abzuschliessen und die Organe des Beckens in ihrer Position zu halten.
Gleichzeitig muss er flexibel genug sein, um den Körperausscheidungen oder einem Kind die Passage nach aussen zu ermöglichen.
Die Schwäche des Beckenbodens kann zu Beginn gut kompensiert werden, bis es zu Funktionsstörungen wie unwillkürlichen Blasen- oder Mastdarmentleerungsstörungen oder Inkontinenz kommt.
Schwangerschaftsbedingte Veränderungen
Verschiedene schwangerschaftsbedingte Faktoren führen zu physiologischen Veränderungen im Bereich des Urogenitaltrakts. Zum einen führt das schwangerschaftsbedingte Wachstum der Gebärmutter dazu, dass sich die Lage der anderen Beckenorgane zwangsläufig den Platzverhältnissen anpassen muss: die Blase wird nach oben-vorne verlagert, liegt schliesslich im dritten Schwangerschafsdrittel eher im Bauch- denn im Beckenbereich. Das kann dann zu folgenden Beschwerden führen: Häufiger Harndrang oder erschwertes Harnlassen, nächtliches Wasserlassen, unter Belastung (Husten, Niessen, Lachen) kann es zu Harnverlust kommen. Zum anderen spielen hormonelle Faktoren eine wichtige Rolle.
Risikofaktoren welche zu einer Belastungsinkontinenz während der Schwangerschaft führen können:
- Übergewicht (BMI über 30)
- Alter der Mutter bei Geburt weniger als 25 oder mehr als 34
- Rauchen
- Inkontinenz vor der Schwangerschaft häufiger als einmal monatlich
Risikofaktoren für eine Gebärmuttersenkung
Gegenüber Frauen, die noch nie geboren hatten, haben Schwangere ein bis zu elf Mal grösseres Risiko für eine Gebärmuttersenkung, wie Studien belegt haben. Weitere Risikofaktoren: Alter, Druck in der Bauchhöhle (intraabdominaler Druck), Menopause, Östrogenmangel, Unfall, genetische Faktoren, Rasse und ebenfalls Rauchen.
Gibt es die Prävention zur Beckenbodenentlastung?
Stark übergewichtigen Frauen wird dringend geraten, vor der ersten Schwangerschaft abzunehmen – das macht Sinn sowohl für den Harntrakt, die gynäkologische Situation sowie aus orthopädischer Sicht (Gelenke, Rücken etc.).
Was bringt der Wunschkaiserschnitt?
Aus Sicht der momentanen Studienlage raten die Experten aufgrund einer Inkontinenzprävention alleine eher nicht zum Wunschkaiserschnitt.
Schwangere sollten jedoch dahingehend informiert werden,
- dass die Wahrscheinlichkeit für eine Inkontinenz nach Kaiserschnitt etwas geringer ist als nach vaginaler Geburt
- dass schwere Formen der Inkontinenz selten mit dem Geburtsvorgang zu tun haben
- dass bei der Wahl des Geburtsvorganges auch die Risiken und Komplikationen eines Kaiserschnitts beachtet werden müssen (Müttersterblichkeit, Gebärmutterentfernung, Fehlpositionierung der Plazenta in nachfolgenden Schwangerschaften (zum Beispiel in der Nähe des Gebärmutterhalses)
Merkpunkte
- Auch Frauen, die noch nie geboren hatten, können unter einer Harninkontinenz leiden
- Im jungen und mittleren Alter erhöht die vaginale Geburt das Risiko für eine meist vorübergehende Harninkontinenz stärker als ein Kaiserschnitt.
- Bei älteren Frauen stellt der frühere Entbindungsmodus keinen Risikofaktor für die Entwicklung einer Urininkontinenz mehr dar.
- Die Gebärmuttersenkung ist multifaktoriell bedingt, die Geburt ist aber klar einer der Risikofaktoren. Beckenbodentraining in der Schwangerschaft kann bei der Prävention und Therapie der Urininkontinenz erfolgreich sein.
05.05.2010