Zulassung der Präimplantationsdiagnostik unter strengen Voraussetzungen
Bundesrat und Parlament möchten die Präimplantationsdiagnostik (PID) in der Schweiz zulassen. Sie legen im geänderten Fortpflanzungsmedizingesetz strenge Voraussetzungen für deren Durchführung fest. Das Gesetz lässt die genetische Untersuchung von künstlich erzeugten Embryonen nur in zwei Fällen zu.
Im Juni 2015 hat sich die Schweizer Stimmbevölkerung mit einer Mehrheit von 61,9 Prozent für eine Verfassungsänderung zur Präimplantationsdiagnostik (PID) ausgesprochen. Damit wurde die Voraussetzung geschaffen, dass die PID in der Schweiz unter erfolgsversprechenden Bedingungen durchgeführt werden kann. Bei der PID wird ein durch künstliche Befruchtung erzeugter Embryo genetisch untersucht, bevor er der Frau in die Gebärmutter eingesetzt wird. Das heute geltende Fortpflanzungsmedizingesetz verbietet die PID noch.
Mit der Gesetzesänderung, über die am 5. Juni abgestimmt wird, soll dieses Verbot aufgehoben und die konkrete Durchführung der PID geregelt werden. Kinder bekommen, ohne eine schwere Erbkrankheit weiterzugeben Das geänderte Gesetz lässt die Durchführung der PID nur in zwei Fällen zu. Zum einen bei Paaren, die Träger einer schweren Erbkrankheit sind. Bei ihnen kann mittels PID ein Embryo ausgewählt werden, der den entsprechenden Gendefekt nicht aufweist. So können diese Paare ein Kind bekommen, das nicht von der Erbkrankheit der Eltern betroffen ist. Heute können diese Untersuchungen erst während der Schwangerschaft mit Hilfe der Pränataldiagnostik durchgeführt werden. Bei Hinweisen auf eine Erbkrankheit müssen diese Paare dann entscheiden, ob sie die Schwangerschaft abbrechen wollen oder nicht. Durch die PID wird ihnen dieser schwierige Entscheid in der Regel erspart.
Weniger Komplikationen und Risiken während der Schwangerschaft
Zum anderen dürfen Paare die PID in Anspruch nehmen, die auf natürlichem Wege keine Kinder bekommen können. Viele von ihnen haben bereits mehrere Fehlgeburten erlebt. Bei diesen Paaren können die Embryonen auf bestimmte genetische Eigenschaften hin untersucht werden. So kann ein Embryo ausgewählt werden, der eine gute Entwicklungsfähigkeit erwarten lässt. Damit soll erreicht werden, dass die Schwangerschaft möglichst ohne Komplikationen verläuft und die Frau das ungeborene Kind nicht verliert. Risikoreiche Mehrlingsschwangerschaften vermeiden Das neue Gesetz ermöglicht es den Ärztinnen und Ärzten zudem, künftig nur noch einen Embryo auszuwählen und einzusetzen.
Auf diese Weise kann die Zahl von Zwillings- und Drillingsschwangerschaften und damit das gesundheitliche Risiko für Mutter und Kind reduziert werden. Nicht eingesetzte Embryonen dürfen im Hinblick auf eine weitere Behandlung aufbewahrt werden. Heute müssen grundsätzlich alle künstlich erzeugten Embryonen – gemäss geltendem Gesetz maximal drei pro Behandlungszyklus – eingesetzt werden.
Enge Grenzen zum Schutz des Embryos und der Menschenwürde
Alle weitergehenden Untersuchungen von Embryonen bleiben auch im geänderten Gesetz unter Androhung von Strafe verboten. So dürfen auch in Zukunft keine Embryonen aufgrund ihres Geschlechts oder anderer Körpermerkmale wie der Augenfarbe ausgewählt werden. Ebenfalls verboten bleibt es, einen Embryo mit dem Ziel auszuwählen, dass das Kind später einem schwer kranken Geschwister als Stammzellenspender – also als "Retterbaby" – dienen kann. Das geänderte Gesetz hält zudem fest, dass pro Behandlungszyklus höchstens zwölf Embryonen entwickelt werden dürfen. Mit diesen engen Grenzen bleiben die Menschenwürde und der Schutz des Embryos gewahrt.
Eine Behandlung in der Schweiz statt im Ausland ermöglichen
Die PID ist ein erprobtes medizinisches Verfahren und in vielen europäischen Ländern wie etwa Spanien, Belgien oder den Niederlanden seit Jahren zugelassen. Entsprechend reisen heute Paare, die sich ein Kind wünschen und sich für eine PID entscheiden, ins Ausland. Bundesrat und Parlament wollen ihnen dieses Verfahren, das sich oft über mehrere Monate hinzieht, in einem Schweizer Spital ermöglichen.
Ob ein betroffenes Paar eine PID in Anspruch nehmen will, entscheidet es frei nach einer umfassenden Information durch eine Ärztin oder einen Arzt. Die Kosten müssen die Paare selber tragen; sie werden nicht von der obligatorischen Krankenpflegeversicherung bezahlt.
11.04.2016 - dzu