Hirnschlag: Rasche Thrombolyse reduziert Todesfälle
Rund 45% der Patienten, die in einem bernischen Spital behandelt wurden, konnten ein Jahr nach dem Hirnschlag den Alltag selbständig bewältigen. Dies zeigt eine im Rahmen der Qualitätsentwicklung in der Akutversorgung im Kanton Bern (QABE) durchgeführte Studie.
Der Hirnschlag ist in westlichen Industrienationen die dritthäufigste Todesursache und die häufigste Ursache einer Behinderung im Erwachsenenalter. Beim Hirnschlag kommt es durch einen plötzlichen Verschluss eines Hirngefässes zu einem Hirninfarkt. In der Schweiz fehlten bislang Daten über das Schicksal von Patientinnen und Patienten, die aufgrund eines Hirnschlags hospitalisiert wurden.
Das Spitalamt der Gesundheits- und Fürsorgedirektion beobachtete ausserdem eine überdurchschnittlich hohe Sterblichkeit der Berner Bevölkerung bei Hirnschlag. Eine durch QABE (Qualitätsentwicklung in der Akutversorgung bei Spitälern im Kanton Bern) initiierte und in Zusammenarbeit mit dem Inselspital und der Universität Bern sowie dem Verein Outcome durchgeführte Studie mit dem Titel «Impact of Thrombolysis on Stroke Outcome at 12 Months in a Population: The Bern Stroke Project» zeigt nun erstmals Daten auf. An der Studie beteiligten sich alle grossen Spitäler im Kanton Bern.
Untersucht wurden Patientinnen und Patienten, die im Jahre 2008 innerhalb von 48 Stunden nach Beginn der Symptome eines Hirnschlages in einem bernischen Spital hospitalisiert wurden. Ein Jahr nach einem Hirnschlag waren 44.6% der Patientinnen und Patienten im Alltag selbständig, 28% waren auf Hilfe angewiesen und 27.4% gestorben. Patientinnen und Patienten mit leichten Hirnschlagsymptomen, jüngere Patienten und Patienten ohne Begleiterkrankungen hatten ein geringeres Risiko, am Hirnschlag zu sterben oder im Überlebensfall relevant behindert zu bleiben.
Die Studie zeigt auf, wie das Schicksal von Hirnschlagpatienten positiv beeinflusst werden kann: Patientinnen und Patienten, bei denen innerhalb der ersten sechs Stunden nach Symptombeginn das verschlossene Gefäss mit Hilfe eines Medikaments oder Katheters wieder eröffnet werden konnte (Thrombolyse), hatten auch nach Berücksichtigung von Alter, Geschlecht, Schweregrad des Hirnschlags und Begleiterkrankungen ein besseres Schicksal als Betroffene, die nicht auf diese Weise behandelt wurden. Die Chance, nach einem Jahr im Alltag wieder selbständig zu sein, war bei Patientinnen und Patienten mit einer Thrombolyse 1.6fach höher als bei denjenigen ohne Thrombolyse. Die Wirksamkeit der Thrombolyse war bereits vorgängig in grossen Studien belegt worden, jedoch konnte mit dieser bernischen Studie erstmals nachgewiesen werden, dass sich dies auch auf eine gesamte Bevölkerungsgruppe und Versorgungsregion übertragen lässt.
Im Jahre 2008 wurden nur 13% der Hirnschlagpatienten in einem bernischen Spital mit einer Thrombolyse behandelt. Eine solche Behandlung kann allerdings nur in den ersten sechs Stunden nach Beginn der Hirnschlagsymptome durchgeführt werden und bei vielen Patientinnen und Patienten ist das Zeitfenster bei Spitaleintritt bereits verstrichen. Aufklärungskampagnen sind daher dringend notwendig, damit mehr Patienten und Angehörige die Hirnschlagsymptome rechtzeitig erkennen und ohne Zeitverzögerung den Haus- oder Notfallarzt oder die Ambulanz (144) alarmieren.
Dadurch könnten nicht nur den Patienten Behinderungen und ihnen und ihren Angehörigen viel Leid erspart werden, sondern auch die Kosten im Gesundheits- und Sozialwesen relevant gesenkt werden. Darüber hinaus wollen die bernischen Spitäler und die Gesundheits- und Fürsorgedirektion durch den Aufbau von Netzwerken zwischen den Spitälern die Akutversorgung von Hirnschlagpatienten verbessern, damit diese Behandlung auch Patientinnen und Patienten aus ländlichen Regionen ermöglicht werden kann. Die Gesundheits- und Fürsorgedirektion lässt die Erkenntnisse der Studie auch in die Versorgungsplanung einfliessen, damit die Situation für die Hirnschlagpatienten verbessert werden kann.
Neben der Behandlung mit Thrombolyse hat die Prävention von Hirnschlägen eine entscheidende Bedeutung: in früheren Studien konnte bereits gezeigt werden, dass die Behandlung der Risikofaktoren (z.B.: hoher Blutdruck, Zuckerkrankheit, etc.) das Risiko, einen Hirnschlag überhaupt zu erleiden, senken kann.
19.03.2012