Gerinnungshemmung: Wie verläuft sie? Was, wenn sie nicht richtig oder zu stark funktioniert?
Die Fähigkeit des Körpers Blut gerinnen zu lassen, hat für den Menschen einen grossen Vorteil: Wie sonst würden wir eine Verletzung überleben?
Mit dem Gerinnungsvorgang schliessen sich Verletzungen, damit der Mensch vor zu grossem Blutverlust geschützt wird.
Die Gerinnungsfähigkeit des Blutes kann aber auch zu stark oder zu schwach sein, was zu schwerwiegenden Folgen führen kann: Ist die Blutgerinnung zu stark, dann besteht die Gefahr, dass sich Blutgerinnsel (Thromben) bilden. Ist sie zu schwach, dann können spontane Blutungen auftreten.
Lesen Sie im Folgenden, wie die Blutgerinnung funktioniert, welche Faktoren bei der körperlichen Blutgerinnung eine Rolle spielen, wie die gesunde Blutgerinnung abläuft, um uns vor zu grossem Blutverlust zu bewahren und was zu Störungen in der Blutgerinnung führen kann.
Wie funktioniert die körperliche Blutgerinnung?
Der gesunde Gerinnungsvorgang schafft hier den Spagat zwischen Blutungsrisiko und dem Risiko für die Bildung von Blutgerinnseln.
Eine herabgesetzte Blutgerinnung ("zu dünnes Blut") kann zu spontanen, manchmal lebensgefährlichen, inneren oder äusseren Blutungen (z.B Magen- oder Nasenbluten) führen oder der notwendige Gerinnungsprozess bei Verletzungen dauert zu lange; der Mensch verliert in der Folge zu viel Blut.
Umgekehrt darf das Blut nicht einfach so oder am falschen Ort gerinnen: Gerinnt das Blut zu schnell oder übermässig stark, kann ein Blutgerinnsel in den Blutgefässen (Arterie oder Vene) entstehen, was zu lebensgefährlichen Situationen (Thrombose, Embolie) führen kann. Hier wird die medikamentöse "Blutverdünnung" (medizinisch Antikoagulation) wichtig.
Blutgerinnung, Hämostase
Der gesunde Körper verfügt über einen eigenen, guten Schutzmechanismus, um bei Verletzungen grössere Blutverluste zu vermeiden. Innerhalb kurzer Zeit wird das Gerinnungssystem aktiviert: Es bildet sich ein Blutpfropfen, der das verletzte Gefäss abdichtet, sodass es zur Blutstillung kommt.
Bei der Blutgerinnung spielen die Blutplättchen (Thrombozyten) und die Gerinnungsfaktoren die wichtigste Rolle. Es gibt insgesamt 13 Gerinnungsfaktoren,(Faktor I bis XIII). Bei der Blutgerinnung werden die einzelnen Faktoren in einer Art Kettenreaktion (der sogenannten Gerinnungskaskade) aktiviert.
Ablauf der normalen Blutstillung
Die Blutstillung erfolgt in drei Schritten:
- Verengung der Blutgefässe: Dieses reflexartige "Zusammenziehen" des verletzten Blutgefässes verlangsamt den Blutstrom rund um die Verletzung
- Anhaften der Blutplättchen an die Wundfläche und Verbindung der Blutplättchen untereinander. Damit kommt es zu einer Zusammenballung der Blutplättchen, es bildet sich ein blutstillender Pfropf.
- Blutgerinnung: Aktivierung der Gerinnungsfaktoren. Es bildet sich ein festes Fasernetzwerk, in das die Blutplättchen und roten Blutkörperchen eingebettet sind. Dieses Gebilde nennt man Thrombus (Blutgerinnsel). Seine Aufgabe: die verletzte Gefässtelle abzudichten.
Das zeigt: Blutstillung und Blutgerinnung ist nicht dasselbe. Aber: Die Blutgerinnung (auch Koagulation) ist ein wichtigiger Mechanismus der Blutstillung. Bei Bedarf lässt sich die Blutgerinnung mit medikamentösen Gerinnungshemmern sehr gut beeinflussen (=Antikoagulation).
Wenn die Blutgerinnung nicht richtig funktioniert
Man kann sich vorstellen, dass bei einem solch komplexen Vorgang Störungen auftreten können. Dabei wird unterschieden zwischen angeborenen und erworbenen Blutgerinnungsstörungen.
Am häufigsten ist die erworbene zu starke Blutgerinnung, die das sogenannte Thromboserisiko erhöht. Bei der zu starker Blutgerinnung bilden sich Blutgerinnsel in den Blutgefässen. Diese Blutgerinnsel (Thromben) drohen dabei nicht nur am Ort der Entstehung Arterien oder Venen zu verstopfen. Blutgerinnsel können sich auch von der Gefässwand lösen und gelangen mit dem Blutfluss in andere Organe. Folge: Teilweiser oder vollständiger Verschluss des betroffenen Blutgefässes.
Thrombosen können einerseits bei bestimmten Krankheiten entstehen: Dazu gehören Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Vorhofflimmern oder Arteriosklerose.
Andererseits wird das Thormboserisiko durch bestimmte Umstände erhöht: zum Beispiel bei orthopädischen Operationen (insbesondere Knie- und Hüftoperationen, bei zu langer Ruhigstellung (Reisethrombose, Gips, Bettlägerigkeit) oder durch Hormonumstellungen. (Das detaillierte Thrombose-Risiko siehe Rubrik Risikosituationen).
Da die Gerinnungsfaktoren in der Leber gebildet werden, können natürlich auch Funktionsstörungen der Leber (z.B. durch Alkoholmissbrauch) Blutgerinnungsstörungen verursachen. Weniger häufig sind angeborene Störungen der Blutgerinnung. Dazu zählen die Bluterkrankheit (Hämophilie) oder die Thrombophilie. Bei beiden Krankheiten ist das Blut zu stark "verdünnt".