Brustkrebs: Vorbeugende Brustentfernung – wenn ja, warum?
Viele Frauen fragen sich heute, ob eine präventive Brustentfernung wie sie die US-Amerikanische Schauspielerin Angelina Jolie vorgenommen hat, auch für sie ein Thema sein könnte. Deutsche Experten berichten auf der Fachseite medscape.de, wann die präventive Brustentfernung sinnvoll sein kann und Experten in der NZZ erklären die Lage in der Schweiz.
Laut Experten hatte sie ein Brustkrebsrisiko von 87%. Denn: Einerseits sei bei der Schauspielerin eine Mutation des Brustkrebs-Risikogens BRCA1 im Erbgut gefunden worden und andererseits, sei ihre Mutter mit 56 Jahren an Brustkrebs verstorben. Dieselbe Mutation erhöht gleichzeitig das Risiko an Eierstockkrebs zu erkranken um 20-50%.
Die genauen Ursachen für Brustkrebs sind nach wie vor unklar. Es gibt jedoch einige Faktoren, die Brustkrebs begünstigen können. Dazu gehören das Alter, familiäre Vorbelastung, frühe erste Menstruation, längere Hormonersatztherapien, starkes Übergewicht sowie schlechte Ernährung, mangelnde Bewegung, Alkohol- und Nikotinkonsum. Mutationen von bestimmten Genen (BRCA1 und BRCA 2) sind für 5-10% aller Brustkrebsfälle verantwortlich.
Laut medizinischen Daten tragen 2.2% der US-Bevölkerung zwischen 40 und 49 Jahren solche Mutationen im Erbgut. Betroffene haben damit ein um bis zu 80% erhöhtes Risiko Brustkrebs zu entwickeln. Hinweise für eine solche Mutation könnten sein: die familiäre Häufung von Brustkrebs, insbesondere bei jungen Verwandten unter 50jährig sowie eine Häufung von Eierstockkrebs in der Familie. Laut Experten in der NZZ-Onlineausgabe sollten sich an Brustkrebs erkrankte Frauen zuerst testen lassen und erst bei nachgewiesener Mutationen, sollten sich auch die Töchter dem Test unterziehen.
In Deutschland lassen sich jährlich rund 2000 Frauen in einem dafür spezialisierten Zentrum testen; bei rund einem Viertel wird eine Mutation festgestellt. Die meisten Frauen liessen sich testen, nachdem sie an Brustkrebs erkrankt waren oder wenn der Arzt die Testung aufgrund der Familienanamnese vorschlägt, so die Experten auf medscape.de.
Und was machen jene Frauen, bei denen keine Erblast vorliegt? Bei ihnen genügt die ab 50 Jahren empfohlene zweijährliche Mammographie, selbst durchgeführte Tastuntersuchungen sowie regelmässige Untersuchungen beim Frauenarzt. Eine gesunde Lebensweise mit gesunder Ernährung, moderatem Alkoholkonsum, Rauchverzicht und regelmässiger Bewegung, gehören ebenfalls zu den empfohlenen Präventionsmassnahmen.
Was tun nach positivem Test?
Bei positivem Test kommen mehrere Möglichkeiten in Frage: Engmaschige Kontrollen der Brüste (selber oder durch den Arzt) oder die vorsorgliche Entfernung der Brüste. Dabei wird nur das Drüsengewebe entfernt, Haut und Brustwarzen bleiben erhalten und die Brust wird nachher wieder aufgebaut. Als dritte Option kommt eine präventive Therapie mit Krebsmedikamenten in Frage. Bei der vorsorglichen "Chemotherapie" sind laut dem NZZ-Experten aber noch viele Fragen bezüglich der optimalen Behandlungsdauer oder dem Beginn der Therapie, offen. Ausserdem ist diese Behandlung nicht nebenwirkungsfrei.
In Europa lassen sich etwa 10% der Mutations-Trägerinnen die Brüste entfernen. Der Rest entscheidet sich für andere weniger radikale Vorbeugemethoden wie zum Beispiel engmaschige Kontrollen der Brüste. Welche Methode (Brustentfernung oder vorbeugende Untersuchungen) nun tatsächlich die Überlebensrate erhöht, kann zurzeit noch nicht gesagt werden. Wichtig sei vor allem, dass bei positivem Test, die Frauen mit der Angst um ein künftiges Erkrankungsrisiko umgehen lernen. Auch wenn die Brustentfernung der sicherste Weg in diesem Fall ist (das Brustkrebsrisiko fällt danach auf wenige Prozent), sollte die Entscheidung dennoch sehr sorgfältig abgewogen werden.
Der Experte im NZZ-Interview wünscht sich, dass nicht nur das Thema der vorsorglichen Brustentfernung diskutiert wird, sondern generell das familiäre Brustkrebsrisiko in den Mittelpunkt rückt. Die Tests dürfen auch nicht in falscher Sicherheit wiegen. Denn: Bei negativem Test heisst das nicht zwingend, dass kein Brustkrebsrisiko besteht. Beim familiären Brustkrebs spielen nämlich noch andere Gene eine Rolle. Daher sei unter Umständen die Anzahl der Brustkrebsfälle in der Familie ein besserer Risikogradmesser.
Dass sich die Schauspielerin zu diesem radikalen Schritt und dessen Publikation entschlossen hat, wird dennoch auch von Experten begrüsst. Viele Frauen und Betroffene würden dadurch ermutigt, sich mit dem Thema auseinander zu setzten.
02.09.2013