Optimierte Therapie verbessert die Prognose bei Brustkrebs
Neue, ermutigende Resultate für Frauen mit Brustkrebs, so der Titel des Novartis OncoTalks vom 2. April in Zürich.
Brustkrebs ist bei Frauen der mit Abstand häufigste Krebs und sorgt für viel Leid und Todesfälle.
Zwei von renommierten Medizinprofessoren vorgestellte Studien zeigen, dass durch eine optimierte Therapie die Prognose von Frauen mit Brustkrebs entscheidend verbessert werden kann.
Letrozol oder Tamoxifen bei Frauen nach den Wechseljahren mit Brustkrebs?
Prof. Dr. med. Jens Huober, Kantonsspital St. Gallen
Über viele Jahre galt der Wirkstoff Tamoxifen als Standardtherapie zur Verhinderung von Krankheitsrückfällen bei operierten Frauen mit Brustkrebs. Mit der Entwicklung einer neueren Gruppe von Medikamenten, den Aromatasehemmern, ist in der Brustkrebstherapie nach Operation ein neues Zeitalter angebrochen. Aromatasehemmer vermindern die Bildung von weiblichen Geschlechtshormonen, der Oestrogene, die einen Wachstumsreiz für die Krebszellen darstellen.
Die Studie mit dem Namen BIG-1-98 hat die Wirksamkeit von Letrozol, einem wichtigen Vertreter der Aromatasehemmer, mit derjenigen von Tamoxifen verglichen. Über 8'000 Frauen nach den Wechseljahren (postmenopausal) mit operierbarem, auf Hormontherapie gut ansprechenden Brustkrebs, erhielten entweder:
- 5 Jahre Tamoxifen
- 5 Jahre Letrozol
- Zuerst Tamoxifen (2 Jahre) – dann Letrozol (3 Jahre)
- Zuerst Letrozol (2 Jahre) – dann Tamoxifen (3 Jahre)
Letrozol verhindert im Vergleich zu Tamoxifen Krankheitsrückfälle
Prof. Dr. med. Jens Huober, Kantonsspital St. Gallen
Im Jahr 2005 wurden die ersten Resultate zum Vergleich der beiden 5-jährigen Einzeltherapien publiziert. Resultat: Im Vergleich zu Tamoxifen verbesserte „5 Jahre Letrozol“ das krankheitsfreie Überleben bei allen über 8'000 Frauen und verlängerte die Zeit bis zum Nachweis von Tumorablegern (Metastasen). Aus ethischen Gründen wurde darauf der „5 Jahre Tamoxifen“-Studienarm gestoppt und die Frauen auf die wirksamere Substanz Letrozol umgestellt.
Am weltweit wichtigsten Brustkrebskongress vom letzten Dezember präsentierten die Studienautoren die Resultate nach einer Beobachtungszeit von 6 Jahren und 4 Monaten. Die Gesamtsterblichkeit war in der Letrozolgruppe um 13% bis 19% geringer als in der Tamoxifengruppe.
Am gleichen Kongress haben Krebsspezialisten weitere Studienresultate präsentiert. Diese beurteilte eine Therapie in zwei Phasen mit zuerst Letrozol und dann Tamoxifen oder umgekehrt und verglich sie mit der 5-jährigen Einzeltherapie mit Letrozol.
Nach 6 Jahren waren zwischen den Therapiearmen „5 Jahre Letrozol“ und „Letrozol gefolgt von Tamoxifen“ keine Unterschiede nachweisbar. „Tamoxifen gefolgt von Letrozol“ zeigte aber leichte Nachteile im Vergleich zu „5 Jahre Tamoxifen“. Die Schlussfolgerung der Studienautoren aus diesen Resultaten: Die zweiphasige Therapie verbessert das Überleben im Vergleich zur alleinigen, 5-jährigen Behandlung mit Letrozol nicht. Wird dennoch eine Zweiphasentherapie erwogen, sollte mit Letrozol begonnen werden.
Konkreter Nutzen für die Betroffenen – Interview mit Prof. J. Huober
Prof. Huober, haben diese Studienresultate in der täglichen Praxis etwas verändert?
Ich glaube schon. Wir haben bereits in den letzten Jahren immer häufiger gerade Frauen mit einem hohen Rückfallrisiko von Anfang an mit einem Aromatasehemmer behandelt. Diese Resultate geben uns nun eine weitere Bestätigung für unser Vorgehen.
Die Studienresultate zugunsten der 5-jährigen Therapie mit Letrozol sind überzeugend; warum sollte man nach 2 Jahren auf Tamoxifen wechseln?
Es gibt Frauen, welche unter Letrozol zum Beispiel über stärkere Gelenkbeschwerden klagen; bei diesen Patientinnen sind wir froh, eine Alternative zu haben. Bei Frauen, welche mit dem Aromatasehemmer gut zurecht kommen, sehe ich keine Veranlassung, nach 2 Jahren auf Tamoxifen zu wechseln.
Sie sprechen Nebenwirkungen an. Wie sieht es denn mit dem Profil der beiden Substanzen aus?
Häufiger unter Aromatasehemmern beobachtete Nebenwirkungen sind Gelenkbeschwerden und Knochensubstanzverringerung. Tamoxifen seinerseits führt vermehrt zu klimakterischen Beschwerden; ausserdem sind unter Tamoxifen Eingriffe an der Gebärmutter und Gebärmutterkrebs sowie Thrombosen häufiger.
Antitumorwirkung von Zoledronat
Prof. Dr. med. Bernhard Pestalozzi, Universitätsspital Zürich
Ungefähr zwei Drittel aller Frauen mit Brustkrebs erleiden im Verlauf ihrer Erkrankung einen krankhaften Knochenbruch oder eine Einklemmung des Rückenmarks, bzw müssen am Knochen operiert oder bestrahlt werden.
Frauen mit einem krankhaften Knochenbruch haben eine schlechtere Überlebensprognose als solche ohne Fraktur. Die Medikamentengruppe der Bisphosphonate kann helfen, den Knochen zu stabilisieren und ist ein wichtiger Bestandteil der (multidisziplinären) Therapie von Knochenablegern. Zoledronat ist der Vertreter mit der grössten nachgewiesenen Wirksamkeit in Bezug auf die Verhinderung von Komplikationen im Knochen. Tierversuche haben ausserdem gezeigt, dass Bisphosphonate eine günstige Wirkung auf die Entwicklung des Krebses haben könnten. Klinische Studien bestätigen diesen Effekt nun beim Menschen.
Überlebensvorteil bei prämenopausalen Frauen durch Zoledronat
An der 2009 im renommierten Fachblatt „New England Journal of Medicine“ vorgestellten ABCSG-12 Studie nahmen 1’803 Frauen vor den Wechseljahren (prämenopausal) mit gut auf Hormontherapien ansprechendem, früh entdecktem Brustkrebs teil. Nach der Operation wurden alle Frauen mit einer Hormontherapie und ein Teil der Frauen zusätzlich mit 4 mg Zoledronat intravenös halbjährlich behandelt; der andere Teil der Frauen bekam diese Therapie nicht.
Die Patientinnen profitierten deutlich von Zoledronat: Die relative Reduktion von Krankheitsrückfällen betrug gegenüber den Frauen ohne Zoledronat 36% (p=0.01). Die Verträglichkeit der Behandlung mit Zoledronat in Kombination mit der Hormontherapie war gut.
Viel versprechende Resultate auch bei postmenopausalen Frauen
In der ZO-FAST Studie nahmen 1'064 Patientinnen nach den Wechseljahren (postmenopausal) mit gut auf Hormontherapien ansprechendem, früh entdecktem Brustkrebs teil. Sie bekamen täglich 2.5 mg Letrozol sowie das Bisphosphonat Zoledronat alle 6 Monate, und zwar entweder von Anfang an oder erst beim Auftreten von Knochenproblemen.
Die Resultate nach 3 Jahren zeigten, dass die Knochendichte unter sofort verabreichtem Zoledronat zunahm und unter verzögert verabreichtem Zoledronat abnahm. Überraschend gross war der Unterschied zwischen den Gruppen auch beim krankheitsfreien Überleben; die relative Risikoreduktion bei initial verabreichtem gegenüber verzögert verabreichtem Zoledronat betrug 40%. Die Therapie wurde gut vertragen.
Erste positive Resultate für die Verabreichung vor Brustoperation
Eine weitere Studie untersuchte den Effekt von 4 mg Zoledronat bei 205 Brustkrebspatientinnen in Kombination mit einer vor Operation durchgeführten Chemotherapie. Die Tumorgrösse, welche zum Zeitpunkt der Operation zurückblieb, war bei den Frauen, welche Zoledronat zur Chemotherapie bekamen, um 33% geringer als bei den Frauen ohne Zoledronat.
Konkreter Nutzen für die Betroffenen – Interview mit Prof. B. Pestalozzi
Prof. Pestalozzi, welchen Frauen ist denn gemäss der aktuellen Datenlage konkret Zoledronat zu empfehlen?
Für generelle Empfehlungen ist es noch zu früh. Der Entscheid, ob einer Frau nach Entfernung des Brustkrebs zusätzlich zur Standardtherapie noch Zoledronat verschrieben wird, muss heute individuell erfolgen, unter Berücksichtigung der Knochendichte. Bei Frauen mit Knochenablegern ist der Einsatz von Zoledronat sowieso gerechtfertigt. Wenn wir weitere Studienresultate haben, können wir hoffentlich mehr sagen.
Werden Sie von den Frauen in Ihrer Praxis auf die Antitumorwirkung von Zoledronat angesprochen?
Ja. Es gibt natürlich immer mehr Frauen, die sich im Internet über neuste Studienresultate informieren. Auch der Wunsch der Patientin ist ein relevanter Faktor für jeden Therapieentscheid.
Gibt es andere Bisphosphonate mit nachgewiesener Antitumorwirkung?
2006 wurde in einer kleineren Studie für ein Bisphosphonat in Tablettenform eine Antitumorwirkung gezeigt. Die Resultate haben aber wenig Echo ausgelöst, wohl weil die Bisphosphonate in Tablettenform eine Reihe von Nachteilen haben: Unregelmässige Aufnahme im Magen-Darm-Trakt, die Notwendigkeit der nüchternen Einnahme und viel häufigere Einnahmefrequenz als bei Zoledronat.
Wird Zoledronat auch bei Knochenablegern anderer Krebsarten eingesetzt?
Am Anfang hat man gemeint, es wirke nur bei Knochenablegern, welche den Knochen vornehmlich auflösen, was zum Beispiel bei Prostatakrebs nicht der Fall ist. Dies hat sich aber nicht bewahrheitet. Heute ist Zoledronat zur Erhaltung der Knochenstruktur bei Krebsablegern der meisten Tumoren zugelassen.
12.05.2009