Erblich bedingte Eisenspeicherkrankheit macht grosse Menschen
Menschen, die aufgrund der genetischen Stoffwechselerkrankung Hämochromatose immer volle Eisenspeicher haben, werden grösser als der Durchschnitt der Bevölkerung. Dies zeigt erstmals eine klinische Studie von Ärzten des UniversitätsSpitals Zürich. Gestern wurden die Resultate im renommierten New England Journal of Medicine publiziert.
Die Hämochromatose ist die häufigste genetische Erkrankung in der Schweiz. Die Stoffwechselerkrankung führt dazu, dass die Patienten über den Darm ständig mehr Eisen aus der Nahrung aufnehmen als üblich. Eisen spielt neben der Funktion bei der Bildung von roten Blutkörperchen eine wesentliche Rolle in vielen Stoffwechselprozessen, wie zum Beispiel bei der Produktion von menschlichen Energieträgerstoffen.
Durchschnittlich um 3 bis 4 cm grösser
Dr. Pietro Cippà und PD Dr. Pierre-Alexandre Krayenbühl, Ärzte der Klinik und Poliklinik für Innere Medizin des UniversitätsSpitals Zürich, haben in einer klinischen Studie die Körpergrösse von 176 Patienten mit Hämochromatose mit der schweizerischen Allgemeinbevölkerung verglichen. So konnten sie erstmals feststellten, dass Patientinnen und Patienten mit Hämochromatose durchschnittlich grösser werden als der Durchschnitt. Der Unterschied ist markant: Männer werden 4.3 cm grösser, Frauen 3.3 cm.
Entscheidende Bedeutung des Eisens für die Entwicklung
Die Autoren der Studie gehen davon aus, dass die erhöhte Eisenaufnahme bei Patienten mit Hämochromatose Eisenmangelzustände in den ersten 20 Lebensjahren vorbeugt. Besonders während den Wachstumsphasen in den ersten 24 Monaten sowie in der Pubertät besteht ein erhöhter Eisenbedarf. «Die Tatsache, dass bei diesen Menschen stets ausreichende Eisenreserven während der Entwicklung im Körper vorhanden sind, scheint sich günstig auf das Wachstum auszuwirken», so Autor PD Dr. Pierre-Alexandre Krayenbühl. Die Studienresultate würden auf die elementare Bedeutung des Eisens in der Entwicklung des Körpers hinweisen. Dass Hämochromatose in Europa heute so weit verbreitet ist, dürfte kein Zufall sein. Möglicherweise hatten die von der Krankheit betroffenen Menschen einen Vorteil in der Evolution: Die effizientere Eisenaufnahme könnte ihnen gerade in Zeiten mit schwierigen Ernährungslagen einen Vorteil verschafft haben.
Ab 30 treten Probleme auf
Hämochromatose mag ein Vorteil für die Entwicklung sein, ist die Eisenüberladung jedoch erheblich (meistens nicht vor dem 30. Lebensjahr) wird sie indes zur Hypothek. Dann kann die Krankheit nämlich zu Schäden an den Organen wie zum Beispiel der Leber, der Bauchspeicheldrüse oder Gelenke führen. Durch eine frühe Diagnose und die rechtzeitige Einleitung der Therapie mittels Aderlässen können langfristige Folgeschäden vermieden.
22.08.2013 - dzu