HPV-Impfung: Daten und Begründungen zu Impfraten
Aufgrund der guten Wirksamkeit und Verträglichkeit hat das BAG die HPV-Impfung im Jahr 2008 allen Mädchen zwischen 11 und 15 Jahren sowie den 15-19-Jährigen empfohlen. Ziel: Eine Durchimpfungsrate von 80%. Kantonal gibt es sehr unterschiedlich hohe Quoten, zwischen 3 und 80%. Eine Expertin klärt über die Gründe auf.
Für diese Zielvoraussetzung ist eine Impfquote von 80% notwendig. In den einzelnen Kantonen, welche das HPV-Impfprogramm anbieten, gibt es sehr grosse Unterschiede bezüglich Impfquote: Im Kanton Jura zum Beispiel liegt die Impfrate bei 76%, im Wallis bei bis zu 80%, wo hingegen im Kanton Schwyz und Kanton Zug nur Impfraten von 17% respektive 3% erreicht wurden.
Was läuft schief? Frau Dr. med. Ruth Draths, Leiterin Kinder- und Jugendgynäkologie, neue Frauenklinik Luzern, hat ihre Gedanken und Erfahrungswerte dazu im Fachblatt SZO des Rosenfluh Verlages präsentiert. Hier eine Kurzzusammenfassung.
Unzufriedenheit bei den Ärzten
Es scheint eine grosse Unzufriedenheit unter den Ärzten zu herrschen, was das Impfprogramm anbelangt. 60% der impfenden Ärzte beklagen die ungenügende Information in der Bevölkerung, wie zum Beispiel mangelnde Aufklärungskampagnen an den Schulen. Ausserdem müssen der Zugang zum HPV-Impfstoff den Ärzten erleichtert und der administrative Aufwand reduziert werden. Die Ärzte verlangen auch eine besser Besoldung für die Beratungsgespräche.
Thema Nebenwirkungen
Ein weiterer Aspekt, den Frau Drahts aufführt, sind die Nebenwirkungen, respektive die medialen Diskussionen darüber: Teilweise haben fehlerhafte Behauptungen kursiert, was die Bedenken und Zurückhaltung der Bevölkerung insbesondere der Deutschschweiz, die sowieso eher impfkritisch ist, noch verstärkt hat. Hier seien die Ärzte gefordert, die nur mit wissenschaftlichen Grundlagen ausgestattet eine gute Beratung bieten können.
Zum Beispiel wurden bereits im Jahr 2009 im Fachblatt JAMA Studien über den quadrivalenten Impfstoff, der gegen 4 Subtypen des HP-Virus wirkt, veröffentlicht: Bei über 24 Millionen Impfdosen wurden 12’424 Nebenwirkungen verzeichnet, dies entspricht 0.54 Promille, respektive 54 Nebenwirkungen auf 100‘000 Impfdosen. Davon waren 6.2% (772) schwerwiegend. Aber: Bis auf die lokalen, fiebrigen und auch einigen schweren Kreislaufreaktionen konnte kein Zusammenhang zum Impfstoff hergestellt werden.
Die Swissmedic hat im Jahr 2007 117 unerwünschte Nebenwirkungen auf 420‘000 Impfdosen verzeichnet, welche im zeitlichen Zusammenhang – also nicht direkt mit dem Impfstoff – standen. Schwerwiegende Fälle waren bis 2010 15 zu verzeichnen. Die Nebenwirkungsrate ist damit geringer als bei vergleichbaren Impfungen. Diese Ergebnisse, so Draths, müssten dringend der Bevölkerung aufgezeigt werden.
Aufklärung der Jugend – Erfahrungen aus der Schweiz
Ein weiteres Hindernis für die Verbreitung der Impfung dürfte im Zielalter, respektive –Umstand liegen: Teenager und sexuelle Unerfahrenheit.
Eltern befürchten einerseits, dass die Impfung frühen sexuellen Aktivitäten Vorschub leisten könnte. Andererseits ist für die Jugendliche in diesem Alter das Thema Sexualität nicht gerade etwas, was man jedem (und schon gar nicht der Schule) auf die Nase binden will. Denn: Welcher Jugendliche meldet freiwillig, dass er noch keine sexuellen Erfahrungen hatte? Das fällt vor allem dort ins Gewicht, wo im Rahmen ärztlicher Gesundheitsvorsorge die Impfung in der Schule gemacht wird, so Draths.
Aber auch der Besuch beim Arzt: Welche 14-Jährige outet sich beim Arzt heute als „sexuell unerfahren“? Dabei wirkt die Impfung ganz klar auch noch nach erfolgtem Verkehr. Das müssten sowohl Lehrer als auch Ärzte bekannt geben.
Dr. Draths sieht die offenen und aufklärenden Gespräche über die HPV-Impfung als grösste Chance, um eine hohe Durchimpfungsrate und damit eine grosse Präventionsmöglichkeit vor HPV-Infektionen und deren Folgen zu realisieren.
Die präventiven Gespräche über Sexualität, Geschlechtskrankheiten und über den Sinn von Vorsorgeuntersuchungen bieten den Jugendlichen Möglichkeiten, möglichst früh Verantwortung über ihren Körper zu übernehmen.
Hier helfen verschiedene Informationen im Netz ebenfalls weiter:
Zum Beispiel das Präventionsprojekt „First Love“ http://www.firstlove.ch/ der Neuen Frauenklinik Luzern.
Oder die Informationsseite www.tellsomeone.ch
02.03.2011