Neues zur HPV-Impfung aus dem ESGO-Kongress 2009
In Belgrad hat vom 11. bis 14. Oktober 2009 das 18th International Meeting of the European Society of Gynaecologycal Oncology stattgefunden. Dieser Bericht fasst das aktuelle Wissen rund um die Vorbeugung des Gebärmutterhalskrebses durch die vierfachwirksame HPV-Impfung zusammen.
HPV-Problematik bei erwachsenen Frauen
Bei den 15-44-jährigen Frauen ist Gebärmutterhalskrebs nach Brustkrebs der zweithäufigste bösartige Tumor in Europa und derjenige mit der zweithöchsten Sterberate.In einzelnen Ländern – beispielsweise Serbien, dem Gastgeberland des ESGO 2009 – unterscheidet sich die Zahl der Fälle von Gebärmutterhalskrebs und der Todesfälle sogar kaum von entsprechenden Zahlen für Brustkrebs.
Jedes Jahr treten bei Frauen ungefähr 530'000 neue durch HPV-verursachte bösartige Tumore auf.
Bei fast allen Fällen von Gebärmutterhalskrebs, 30-35% der Schamlippenkrebse, 65-90% der Scheidenkrebs und über 80% der Analkrebse wird ein Zusammenhang mit einer Infektion mit dem Humanen Papilloma Virus (HPV) vermutet. Die am häufigsten nachgewiesenen HPV-Typen sind die sogenannten „High-Risk-Typen“ 16 und 18, welche nicht nur für Gebärmutterhalskrebs sondern auch für die meisten der Schamlippen- und Analkrebse verantwortlich gemacht werden. HPV scheint somit – nach Tabak – der zweithäufigste Krebsverursacher zu sein.
HP-Viren verursachen aber nicht nur Krebstumore. Die HPV-Typen 6 und 11 sind zu einem beträchtlichen Anteil an der Entstehung von Genitalwarzen beteiligt. In über 80% der Genitalwarzen finden sich HPV-Subtypen 6, -11, -16 und -18. Genitalwarzen, auch Kondylome genannt, haben bei Frauen sowie bei Männern in den letzten 30 Jahren um ein Vielfaches zugenommen.
HPV-Infektionen ab 50 zunehmend
Studien haben gezeigt, dass das Risiko für HPV-assoziierte Erkrankungen mit den ersten sexuellen Erfahrungen zu steigen beginnt und lebenslang bestehen bleibt. Obwohl neue Infektionen mit dem Alter weniger häufig auftreten, nimmt das Persistenzrisiko zu. Diese Erkenntnisse zeigen, wie wichtig der Schutz vor HPV-Infektionen durch die quadrivalente (vierfachwirkende) Impfung auch im Alter zwischen 25 und 45 Jahren ist.
Neue Daten zur Effektivität und Sicherheit der quadrivalenten HPV-Impfung
Die Wirkung der quadrivalenten HPV-Impfung zur Vorbeugung von Tumoren am Gebärmutterhals bei jungen Frauen wurde deutlich belegt. Eine Analyse zeigte einen fast 100%-igen Schutz gegen die HP-Viren HPV-6, -11, -16 und -18 bei geimpften Frauen. Der Schutz blieb über einen Zeitraum von 9.5 Jahren bestehen. Auch gegen andere Subtypen scheint die Impfung einen gewissen Schutz zu bieten.
Reduktion der Erkrankungen ausserhalb des Gebärmutterhalses bis ins Alter von 45
Studien in den Fachblättern New England Journal of Medicine und Lancet aus dem Jahr 2007 haben gezeigt, dass der quadrivalente Impfstoff nicht nur gegen Tumore am Gebärmutterhals, sondern ebenso gegen Tumore an den Schamlippen wie an der Vagina (Scheide), einen bis zu 100%-igen Schutz bieten. Eine neuere Studie zeigte auch, dass bei geimpften Frauen zwischen 16 und 45 Jahren deutlich seltener Genitalwarzen auftraten, wobei der Schutz bei den 24 - 45-jährigen Frauen gegen Erkrankungen, die durch HPV-6, 11, 16 oder 18 bedingt sind, bei 92% lag.
Impfung senkt Rückfallquote
Frauen, die bereits wegen einer HPV-assoziierten Erkrankung am Gebärmutterhals behandelt wurden, haben ein dreifach erhöhtes Risiko, Krebsvorstufen zu entwickeln. Nach Behandlung von Genitalwarzen, Krebsvorstufen an den Schamlippen oder an der Vagina war das Risiko sogar zehn Mal so hoch, Krebs zu entwickeln.
Die Studie, die am ESGO 2009 vorgestellt wurde, lässt hoffen: Im Vergleich zu Frauen ohne Impfung konnte das Risiko für eine erneute Infektion am Gebärmutterhals nach behandelter HPV-Infektionen durch die Impfung deutlich gesenkt werden. Die anderen weiblichen Geschlechtsteile und der Anusbereich wurden vor erneuten Genitalwarzen oder Krebsvorstufen ebenfalls weitgehend verschont. Es ist das erste Mal, dass eine Studie den Vorteil der HPV-Impfung bei bereits behandelten Frauen belegt.
Impfung auch nach HPV-Infektion wirksam
Verglichen mit Placebo (Scheinimpfstoff) bewirkte die HPV-Impfung in zwei Studien eine beträchtliche Reduktion von Krebsvorstufen sowohl bei den bereits HPV-Infizierten wie auch bei den vor der Impfung HPV-unbelasteten Frauen. Fazit: Die Impfung schützt sowohl vor, wie auch nach einer Ansteckung mit dem HP-Virus. Eine Übersicht über die zu erwartende Anzahl verhinderbarer Fälle durch die Impfung gibt Abbildung 3:
HPV-Impfung bei Männern: Erste Ergebnisse
Bei Männern besteht durch die Infektion mit HPV ein erhöhtes Risiko für genitale Warzen und für die Bildung von gutartigen Tumoren im Atemwegbereich, von Anal- und Peniskrebs sowie für Mund-Rachenhöhlenkrebs.
Ausserdem spielt der Mann eine grosse Rolle als Überträger von HP-Viren auf Frauen, welche nicht geimpft sind. Gemäss ersten Studien liegt der Schutz der HP-Impfung bei den Männern gegen HPV-Erkrankungen an Penis oder Anus nach durchschnittlich 3 Jahren bei 90%; bei den HPV-Krebstypen 16 und 18 sogar bei 100%.
Durchimpfung junger Frauen senkt die Bildung von Genitalwarzen deutlich
Nach Freigabe des Impfstoffs im Juli 2007 wurden in Australien 80% aller Mädchen und jungen Frauen geimpft. Ein Jahr später war der Benefit der HPV-Impfung bereits nachweisbar: es gab deutlich weniger neu aufgetretene Genitalwarzen bei unter 28-jährigen Frauen, während die Zahl bei den älteren Frauen stagnierte. (siehe Abbildung 4).
Keine Sicherheitsbedenken
Klinische Untersuchungen an über 17'000 sowie Langzeitbeobachtungen an über 51'000 geimpften Frauen zeigen eine gute Verträglichkeit des quadrivalenten HPV-Impfstoffs. Sicherheitsbedenken traten keine auf. Schwangeren wir die HPV-Impfung jedoch nicht empfohlen. Aber: Eine Studie an 863 Frauen, welche in Unkenntnis der Schwangerschaft trotzdem geimpft wurden, zeigte vergleichbare Zahlen von Fehlgeburten, Totgeburten oder Anomalien zwischen den Geimpften und den Ungeimpften.
Antikörperwerte sagen nichts über den Impfschutz aus
Die HPV-Impfung führt zu einer stärkeren Immunantwort (Schutzzeichen) als eine natürliche Infektion. Der Hauptgrund dafür liegt wahrscheinlich darin, dass die Impfung zu mehr Antigenen im Blut und in den Lymphknoten führt (Lymphknoten gehören zum Abwehrsystem). Zu beachten ist, dass es keinen Zusammenhang zwischen dem Antikörperwert und der Schutzwirkung gibt. Das heisst: höhere Antikörperwerte bedeuten nicht unbedingt einen besseren Schutz vor Infektion und Folgeerkrankungen. Aber: Bisherige Erkenntnisse zeigen, dass die Impfung trotz sinkenden Antikörperwerten über Jahre hinweg einen 100%-igen Schutz bietet.
22.04.2013 - dde