Was ist Histamin, was eine Histaminintoleranz?
Symptome der Histaminintoleranz nach Essen von histaminhaltigen Nahrungsmitteln: allergische Reaktionen wie Hautrötungen, Nasenlaufen, Magen-Darmbeschwerden, Hitzewallungen, Blutdruckabfall.
Grössere Mengen an Histamin sind in bestimmten Lebensmitteln, Nahrungsmitteln, die verdorben sind, sowie in mikrobiell hergestellten Lebensmitteln (z.B. Sauerkraut) enthalten.
Welche Funktionen hat Histamin?
Die wichtigste Funktion von Histamin besteht in der Abwehr körperfremder Stoffe. Ausserdem wird Histamin bei allergischen Reaktionen freigesetzt und ist für die unangenehmen und bisweilen sogar lebensgefährlichen Symptome bei Allergien und Asthma verantwortlich.
Weitere wichtige Funktionen von Histamin:
- Erhöhung der Schlagkraft und der Schlagfrequenz des Herzens (über Freisetzung von Adrenalin)
- Bei der Auslösung von Erbrechen beteiligt
- Regulation des Schlaf-Wach-Rhythmus
- Zügelt den Appetit
- Mitbeteiligt an der Regulation der Körpertemperatur, des Blutdrucks sowie der Schmerzempfindung
- Mitbeteiligt an der Magensäureproduktion und Funktionen des Magen-Darmtraktes
- Regulierung des Hormonhaushaltes
- Neurotransmitter des Gehirns
Was ist eine Histamin-Unverträglichkeit (Intoleranz)?
Normalerweise wird Histamin im Körper durch ein Enzym (Diaminoxidase) abgebaut. Bei Menschen mit einer Histamin-Unverträglichkeit ist die Aktivität des Enzyms eingeschränkt. So kann das im Körper gebildete und das durch die Nahrung aufgenommene Histamin nicht oder nur teilweise abgebaut werden, was zu Beschwerden führt.
Wer ist davon betroffen, was sind die Ursachen?
Betroffen von einer Histaminintoleranz sind vor allem Frauen ab dem 40. Lebensjahr. Besonders Menschen mit einer entzündlichen Darmerkrankung oder Menschen mit einer Nahrungsmittel-Kreuzallergie haben ein erhöhtes Risiko dafür. Ganz wenige Menschen haben einen angeborenen Enzymdefekt.
Einen solchen Histamin-Überschuss können entweder Lebensmittel auslösen, die selbst viel Histamin enthalten oder als sogenannte Histaminliberatoren. Diese führen zu einer Freisetzung von Histamin aus den Körperzellen. Folge: Allergische Beschwerden.
Zu einem kurzfristigen Histaminanstieg kann es auch kommen bei:
- Körperlicher Anstrengung
- Plötzlichem, seelischem Stress
- Hormonschwankungen: Frauen haben häufig vor Beginn der Menstruation „allergische“ Reaktionen
- Infektionskrankheiten
- Einnahme von bestimmten Medikamenten
Stark histaminhaltige Lebensmittel
Die Werte schwanken je nach Frische, Lagerbedingungen und Herstellungsverfahren der Lebensmittel. Eine Fausregel: Je länger das Nahrungsmittel gereift, desto höher ist der Histamingehalt.
In unverarbeiteten Lebensmitteln ist der Gehalt generell sehr gering. Er kann jedoch durch Gärung, Reifeprozesse, Fementation, Lagerung stark ansteigen. Das gilt auch für unsagemäss gelagerte sowie leichtverderbliche Nahrungsmittel.
- Alkoholische Getränke (insbesondere Rotwein, bestimmte Biersorten, Sake)
- Käse (mit einer langen Reifezeit)
- Wurst: Rohwurst, Salami, Mettwurst, Cervela
- Fleisch: Schweins- und Rindsleber (sehr hoher Gehalt!), Parmaschinken, Landjäger, Bündnerfleisch, Speck (je reifer desto höher ist der HI-Gehalt)
- Fisch, Meeresfrüchte (besonders Makrele, Sardellen, Hering, Thunfisch, Forelle, Fischmarinaden, eingelegte Fische)
- Hefe
- Kaffee, Kakaopulver, Schokolade und deren Produkte
- Soja- und Tofu-Produkte
- Weizenmehl
- Gemüse: Sauerkraut und in Essig eingelegte Gemüse oder Gemüsemarinaden
- Früchte: Erdbeeren, Himbeeren, Kiwi, Birnen, Bananen, Zitrusfrüchte, Ananas; die Histaminwerte steigen durch die Verarbeitung.
- Nüsse aller Art
- Auch: Geschmacksverstärker, Farbstoffe können Histamin enthalten
Unter diesen Lebensmitteln gibt es solche die zusätzlich Histamin im Körper freisetzen (enthalten also Histaminliberatoren) oder das Enzym Diaminoxidase blockieren. Die Liste ist nicht vollständig; sie beruht auf Erfahrungen und muss vom Betroffenen selber ergänzt werden.
Welche Beschwerden macht eine Histamin-Intoleranz?
Die Beschwerden sind sehr vielfältig. Im schwersten Fall kommt es zu einem anaphylaktischen Schock (Zusammenbruch des Kreislaufsystems) (Siehe Nahrungsmittel-Allergie ).
Mögliche Symptome nach Aufnahme histaminreicher Nahrung sind:
- Haut: Hautrötung, Juckreiz, Nesselsucht (Quaddelbildung)
- Zentralnervensystem: Kopfschmerzen, Hitzegefühl, Migräne, Schwindel
- Atemwege: rinnende Nase, Nasenschleimhautschwellung, Atembeschwerden, Asthma bronchiale
- Magendarmtrakt: Blähungen, Durchfall, Übelkeit/Erbrechen, Bauchschmerzen
- Herz-Kreislaufsystem: Blutdruckabfall, Herzrasen, Herzrhythmusstörungen, Tachykardie
- Dysmenorrhoe (Zyklusstörungen)
Besonders typisch ist ein Anschwellen der Nasenschleimhäute nach dem Genuss von Rotwein oder Käse, da diese sehr histaminreich sind und auch viele Histaminliberatoren enthalten.
Wie stellt der Arzt eine Histamin-Intoleranz fest?
Die ausführliche Erhebung der Krankengeschichte steht im Vordergrund. Dabei hilft dem Arzt ein Ernährungs- und Beschwerdetagebuch (was, wann, wie auftritt).
Meistens empfiehlt der Arzt eine Eliminations-Diät. Dabei wird der Patient auf eine histaminarme Kost gesetzt, die er rund vier Wochen einhalten muss. Bei einer vorhandenen Histamin-Intoleranz erfolgt eine relativ rasche Symptom-Besserung. Für eine definitive Aussage, wird der Arzt einen kontrollierten orale Provokationstest machen.
Folgende Labortests werden zur Bestimmung einer Histamin-Intoleranz genutzt:
- Bestimmung des Vitamin B6
- Bestimmung der Diaminoxidase-Aktivität
- Histamin-Release Test (Stimulationstest)
- Bestimmung des Histaminspiegels im Blut
Wie wird eine Histaminunverträglichkeit behandelt?
Die histaminarme Ernährung steht an erster Stelle.
Einige Lebensmittel, die histaminarm sind:
- Fleisch (frisch, gekühlt, gefroren)
- Fisch (frisch oder tiefgefroren)
- Frisches Obst: Melone, Heidelbeeren (=Blaubeeren), Preiselbeeren, Ltichi, Mango, Kaki, Kirschen, Johannisbeeren, Aprikosen, Äpfel
- Frisches Gemüse: Grüner Salat, Kohlsorten, Rote Beete, Kürbis, Radieschen, Rettich, Rapunzel, Peperoni, Karotten, Brokkoli, Kartoffeln, Gurke, Lauch, Zucchini, Mais, Spargel, Knoblauch, Rhabarber
- Getreide, Teigwaren (Dinkel-, Mais-, Reisnudeln, Hefefreies Roggenbrot, Mais-Reis-Knäckebrot, Reis, Haferflocken, Reiswaffeln, Mais-, Reis-, Hirsemehl)
- Milch und Milchprodukte (ausser Hartkäse)
- Milchersatz (z.B. Reis-, Kokosmilch)
- alle nicht zitrushaltigen Obstsäfte, alle Gemüsesäfte (ausser Sauerkraut)
- Kräutertees
- Untergärige Biere, klare Schnäpse (Wodka, Rum etc.), Weissweine
- Grüner Tee
- Proteine: Eigelb
Weitere Grundregeln sind
- Lebensmittel möglichst frisch verzehren; keine überreifen Lebensmittel, keine Lebensmittel aus Konserven essen!
- Hygienisch einwandfreie Lebensmittel konsumieren
- Wenn Alkohol, dann nicht vor/zu/nach dem Essen; Rotwein und Weizenbier vermeiden.
- Keine Lebensmittel mit Reifevorgang essen (z.B. Sauerkraut, reifer Käse)
- Frischen oder tiefgekühlten Fisch gegenüber geräuchertem, getrocknetem oder gesalzenem vorziehen. Fisch vor der Zubereitung wässern, da Histamin wasserlöslich ist.
- Kochen, Backen oder Einfrieren ändert den Gehalt an biogenen Aminen im Lebensmittel nicht!
- Vor einer ärztlichen Behandlung immer auf die Histaminunverträglichkeit hinweisen. Vor allem bei Operationen unter Narkose.
- Immer das Notfallset dabei haben (wird vom Arzt verschrieben)
- Gewisse Medikamente sollten vermieden werden (behandelnden Arzt fragen!)
- Nahrung immer direkt aus dem Kühlschrank essen, nicht vorher herausnehmen und warm werden lassen.
Medikamentöse Behandlung
Prophylaktisch oder zur Behandlung werden Antihistaminika eingesetzt.
Ausserdem:
- Die Gabe von Vitamin C und Vitamin B6-Ergänzungen scheinen eine Symptomverbesserung herbeizuführen.
- Cromoglycinsäure reduziert den Histamingehalt im Gewebe und die Histaminfreisetzung
19.08.2015