Lungenkrebsmonat: Häufigste Ursache chronischer Nikotinkonsum
Lungenkrebskranke auffordern ihre Scham abzulegen und andere vor dem Rauchen warnen, ist ein Ziel der Aufklärungskampagne des LCAM 09. Kranke dürfen aber nicht stigmatisiert werden, warnt der Experte PD Dr. med. Miklos Pless.
Als Mitglied und Verantwortlicher des Ärztekomitees für die Deutschschweiz ist es im Rahmen des Lungenkrebsmonats 2009 seine Aufgabe, die deutsch-schweizerische Öffentlichkeit über Lungenkrebs aufzuklären und die Solidarität mit den Betroffenen zu fördern. Im folgenden Interview nimmt er zu seinem Engagement im Rahmen des LCAM09 Stellung.
Im November wird weltweit der Lungenkrebsmonat (LCAM09) begangen. Wieso setzen Sie sich für diese Initiative ein?
Wir haben nach wie vor sehr viele Lungenkrebskranke in der Schweiz und niemand weiss davon bzw. niemand spricht darüber. Das muss sich ändern.
Welches sind die Hauptanliegen des LCAM09 bzw. was wollen Sie erreichen?
Wir möchten die Öffentlichkeit über Lungenkrebs informieren und über die wichtigsten Entwicklungen und Fortschritte berichten. Damit wollen wir eine grössere Solidarität für die Betroffenen erreichen.
Aus welchen Gründen erachten Sie es als wichtig, Lungenkrebs-Patienten eine spezielle Plattform zu geben?
Lungenkrebspatienten müssen ihre Scham überwinden und an die Öffentlichkeit treten. Wir müssen über diese Kehrseite des Rauchens sprechen, die Folgen des eigenen Handelns konkret aufzeigen.
Lungenkrebs wird in den meisten Fällen durch Rauchen verursacht. Sind die Betroffenen also nicht selber Schuld an ihrem Schicksal?
Ja, sie sind selber Schuld. Aber – und das ist sehr wichtig – sie verdienen diese Krankheit nicht! Niemand hat das verdient. Als gesunde Raucher waren sie geachtete Mitbürger, geschätzte Kollegen und wertvolle Mitmenschen. Das sind sie auch jetzt noch!
Lungenkrebs wird vielfach erst sehr spät entdeckt. Wieso ist das so?
Lungenkrebs verursacht keine verlässlichen Frühwarnzeichen. Patienten spüren beispielsweise keine Schmerzen und wenn erste Anzeichen wie Atemnot oder blutiger Husten auftreten, ist der Tumor meist schon recht weit fortgeschritten.
Warum erkranken immer mehr Frauen an Lungenkrebs?
Weil – leider – immer mehr Frauen rauchen. Ausserdem scheint das Rauchen bei Frauen schneller zu Lungenkrebs zu führen als bei Männern. Es ist auch so, dass bei Nichtrauchern Lungenkrebs zwar sehr selten ist. Aber wenn die Krankheit bei Nichtrauchern ausbricht, dann trifft sie vor allem die Frauen.
Leider sterben auch heute immer noch etwa 85% der Lungenkrebs-Patienten an dieser Krankheit. Was sind die Gründe für diese vergleichbar hohe Todesrate
Lungenkrebs wird – wie bereits gesagt – meist viel zu spät entdeckt. Bei einer frühen Diagnose liegt die Heilungsrate bei 70% und mehr – vorausgesetzt, der Patient hört mit dem Rauchen auf.
Welche Therapiemöglichkeiten stehen den Betroffenen zur Verfügung?
In frühen Stadien wird operiert. Wenn das nicht möglich ist, kann eine Kombination von Chemotherapie und Bestrahlung eventuell eine Heilung bewirken. In Fällen, wo bereits Ableger bestehen, ist eine Chemotherapie möglich, die das Leben deutlich verlängert und die Lebensqualität verbessern kann – auch wenn der Tumor sich nicht restlos zurückbildet und damit keine Chance auf eine vollständige Heilung besteht.
Gibt es neue Entwicklungen – z. B. in der Diagnostik oder in der Therapie von Lungenkrebs?
Fortschritte gibt es schon: Wir wissen heute, dass die Kombination der Computertomographie (CT) und der Positronen Emissions-Tomographie (PET), einem neuen medizinischen Verfahren, dem einfachen und herkömmlichen CT in der Diagnostik klar überlegen ist. Auch ist bekannt, dass Untergruppen von Lungenkrebs je nach Gewebeart verschieden behandelt werden müssen, um ein optimales Ergebnis zu erzielen. Besonders gut behandelbar sind Patienten, deren Tumor eine Mutation im EGF-Rezeptor aufweist. Dieser veränderte Rezeptor verursacht dann ein Wachstum des Tumors. Wird er gehemmt, kann der Tumor geschrumpft werden. Hier können wir mittels einer einfachen Tablettentherapie meist spektakuläre Erfolge erzielt werden, ohne dass es zu grossen Nebenwirklungen kommt. Leider trifft dieser Fall nur auf 10% aller Patienten zu, oftmals auf Nichtraucher und häufiger auf Frauen.
Der Kranich ist das offizielle Zeichen des Lungenkrebsmonats und gleichzeitig auch ein altes Symbol für Hoffnung. Lungenkrebs-Betroffene werden in unserer Gesellschaft leider vielfach stigmatisiert. Was wünschen Sie sich ganz persönlich für Ihre Patienten?
Viel Mut, um aus der Anonymität herauszutreten und trotz der schweren Krankheit noch ein schönes Leben zu haben. Und natürlich hoffe ich – wie wir alle – auf weitere Fortschritte in der Behandlung ihrer Krankheit.
16.11.2009