Prostatakrebs – Aktuelles aus Paris
Neues vom europäischen Urologenkongress in Paris zu Diagnose- und Behandlungsmöglichkeiten des Prostatakrebses (Prostatakarzinom). Zusammenfassung von Übersichtsstudien.
Ursachen, Risikofaktoren, Familiengeschichte und Vorbeugemöglichkeiten
Warum sich ein Tumor an der Prostata entwickelt, ist bis heute nicht vollständig geklärt.
Die wichtigsten Ursachen und Risikofaktoren aus verschiedenen Studien und Beobachtungen aus dem familiären Umfeld werden im Folgenden beschrieben:
Prof. E. Klein aus Cleveland berichtet über die Möglichkeit einer bestimmten Virus-Beeinflussung, die in den USA bei ca. 15% der Prostatakrebserkrankten zu finden ist.
Eine britische Forschergruppe beleuchtet Umwelteinflüsse in indirekter Weise. Dabei wurden Krebserkrankungen in der Familie der Patienten untersucht. Bei 15% der Prostatapatienten waren noch weitere Prostata-Krebserkrankungen zu finden.
Ehemalige Partnerinnen von Prostatakrebskranken zeigten ein erhöhtes Risiko von Brust- und Lungenkarzinomen; für aktuelle Partnerinnen konnte kein solches Phänomen gezeigt werden. Diese Beobachtungen werden durch die Autoren auf Ernährungsgewohnheiten sowie den Nikotin- und Alkoholkonsum zurückgeführt, in der Annahme, dass die Patienten und ihre Partner gleichen Bedingungen ausgesetzt waren.
Umwelteinflüsse und familiäre Belastungen: bei 15% der Prostatakrebskranken gab es noch weitere Erkrankungen in der Familie.
Eine Vorbeugende Wirkung auf Prostatakrebs scheinen Grüntee-Extrakte (Katechine) zu haben. Es stehen aber nur kurzzeitige Beobachtungsdaten dafür zur Verfügung, mittel- und längerfristige Ergebnisse stehen noch aus.
Untersuchungen (Diagnostik)
Der PSA-Werte und die digital-rektal-Palpation mit nachfolgender Gewebeuntersuchung bei Auffälligkeiten gelten weiterhin als sicherste Diagnose-Methoden. Der PSA-Wert ist nach wie vor der bislang best- identifizierte Tumormarker.
Als Neuerung wird der klassische PSA-Grenzwert von 4 µg/l zunehmend verlassen und durch Werte von 2.5 µg/l bis 3 µg/l ersetzt (z.B. Müntener M.) (PSA-Werte). Das Ziel dieser Neuerung ist, Tumore möglichst frühzeitig zu entdecken, um baldmöglichst eine Behandlung mit gutem Ergebnis - auf den Krebs und die Lebensqualität (v.a. Kontinenz, Potenz) bezogen – erreicht werden kann.
Zwangsläufig werden dadurch vermehrt auch nicht signifikante Karzinome entdeckt. „Nicht signifikant“ bedeutet hier, dass die Diagnose gar keine Konsequenzen hat, weil der Krebs zum Beispiel nur sehr langsam wächst oder nicht bösartig genug ist, um das Leben einzuschränken oder zu verkürzen. Arzt und Patient müssen wissen, dass die Diagnose „Krebs“ nicht unbedingt zu einer Behandlung führen muss.
Behandlungsmöglichkeiten: Aktiv oder passiv?
Bei der Therapiewahl wird zwischen ''watchful-waiting''-Therapie (WW-Therapie, Abwarten und Beobachtung des Verlaufs) und aktiven Interventionen unterschieden.
Als Voraussetzung zur WW-Therapie müssen die Patienten folgende Kriterien erfüllen: älter als 65-jährig, mit einer Lebenserwartung unter 10-15 Jahren, PSA-Werte unter 10µg/l, d.h. es muss sich um einen wenig aggressiven Tumor handeln. Dabei darf sich der PSA Wert nicht verdoppeln oder nicht mehr als 0.75µg/l pro Jahr ansteigen.
Trendentwicklungen in den Behandlungsmöglichkeiten
Nebst der WW-Therapie stehen die Brachytherapie (lokale Bestrahlung, mittels Einpflanzung kleinster radioaktiver Strahler), externe Bestrahlung und die Radikal-Operation zur Verfügung. Von Seiten der zur Verfügung stehenden Operationsmethoden geht der Trend ungebrochen zu den minimal-invasiven Techniken, die sogenannte Roboterchirurgie (klassisch mit sprachgesteuerter Kamera, roboterassistiert mittels daVinci®).
Überzeugende Langzeitergebnisse von andern Methoden wie Thermotherapie (Mikrowellentherapie), Kryotherapie (Vereisung) oder der HIFU-Therapie (Ultraschallwellentherapie), liegen nicht vor.
Immer mehr Arbeitsgruppen befassen sich mit der erweiterten Lymphadenektomie (Entfernung der Lymphknoten), teilweise im Rahmen einer radioaktiven Markierung zur Identifikation der sogenannten Wächter-Lymphknoten (Sentinel-Lymphknoten). Ziel dieser Operation sind längere rückfallfreie Intervalle. Ob damit eine verlängerte Überlebenszeit erreicht wird, ist nicht klar.
Eine andere Untersuchung befasste sich mit Erektionsstörungen nach der radikalen Prostataoperation und frühzeitiger Behandlung mit Medikamenten. Die Wahrscheinlichkeit für die erhaltene Sexualfunktion nach der Prostataoperation scheint mit der möglichen sexuellen Aktivität vor der Operation im Zusammenhang zu stehen. Mittels einer bestimmten Skala (IIEF) konnte ermittelt werden, dass bei sexuell aktiven Patienten nach frühzeitigem Einsatz von entsprechenden Medikamenten (PDE-5-Hemmern) mit einer Potenzmöglichkeit von über 90% nach zwei Jahren gerechnet werden kann. (siehe Tagungsbericht: Die Behandlung von
Erektionsstörungen).
18.12.2006