Prostatakrebs: Frühzeitige Operation oder Abwarten - die alte Frage
Eine Langzeitbeobachtung von fast 700 Männern mit Prostatakrebs zeigt, dass die Operation das Risiko für Metastasen verringert, das Sterberisiko aber nur bei jüngeren Männern senkt. Andererseits beeinträchtigt das Aufschieben der Operation (watchful waiting) die Lebensqualität der Männer.
Forscher der Scandinavian Prostate Cancer Group Study 4 untersuchten zwischen 1989 und 1999 695 Männer mit einem lokal begrenzten Prostatakrebs.
347 wurden sofort operiert, bei den anderen wurde abgewartet und beobachtet (watchful waiting).
Zwischenzeitlich waren 2009 von 347 Operierten 166 gestorben; 55 davon an den Folgen des Prostatakrebs. Von der Beobachtungs-Gruppe (348) waren 201 Männer gestorben, 81 davon an Prostatakrebs. Laut Berechnungen der Forscher ergab die frühzeitige Operation eine Risikominderung von 6.6% auf die Gesamtsterblichkeit und 6.1% auf das Sterberisiko durch Prostatakrebs. Der Vorteil der Operation galt nur für die Männer unter 65 Jahren. Bei ihnen senkte eine frühzeitige Operation das Gesamtsterberisiko um 13.5%.
Jüngere Patienten, welche sich für die Beobachtungsstrategie entschieden hatten, starben häufiger am Prostatakrebs und entwickelten häufiger Metastasen. Bei Patienten, welche zu Beginn der Studie über 65 jährig waren, scheint die Entwicklung von Metastasen nicht so häufig zu sein. Hier muss aber vermerkt werden, dass diese Patienten, sofern sie noch leben, inzwischen über 80-jährig sind und sich der Krebs in diesem Alter sowieso, wenn überhaupt, nur langsam weiter entwickelt.
Bei den jüngeren Patienten sprechen die Ergebnisse für eine frühzeitige Operation. Gerade bei wenig aggressiven Tumoren erhöht die radikale Prostataentfernung die Heilungschancen. Nachteile: 32% der Operierten beklagten sich nach einem Jahr über Harninkontinenz und fast 60% über Potenzstörungen.
Eine allfällige Hormontherapie, welche häufig anstelle der Operation eingesetzt wird, kann aber die Lebensqualität der jüngeren Männer auch negativ beeinflussen: Unter den Hormonen kommt es häufig zu Impotenz, Hautrötungen und Hitzegefühl (eine Art Hitzewallung) sowie Störungen im Fett- und Zuckerstoffwechsel, was das Risiko für Diabetes und Herzinfarkt erhöhen kann.
Die Frage, ob bei Prostatakrebs sofort operiert werden soll oder ob eine abwartende Haltung (watchfull waiting) indiziert ist, kann auch nach diesen Ergebnissen nicht definitiv beantwortet werden.
Auch könnten die Ergebnisse nicht unbedingt auf andere Länder übertragen werden. Denn, wie ein Amerikanischer Experte bemerkt, werden in den USA die meisten Prostatakrebserkrankungen dank PSA-Screening wahrscheinlich 10 Jahre früher entdeckt und damit dauert es entsprechend länger – dafür vielleicht deutlicher - bis die Vorteile einer Operation oder des Abwartens zum Tragen kämen. Inzwischen ist die laufende Studie abgeschlossen und die Ergebnisse der 15 Jahre Beobachtungszeit sollten noch in diesem Jahr vorliegen.
10.05.2011