Prostatakrebs: Operation oder aktive Beobachtung
Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Urologie (DGU) sowie der Arbeitsgemeinschaft Urologische Onkologie der Deutschen Krebsgesellschaft (AUO) zu einer aktuellen Studie (PIVOT) und der Frage unnötiger Operationen bei Prostatakrebs – eine Zusammenfassung.
Laut DGU ist das Prostatakarzinom mit über 60‘000 Neuerkrankungen pro Jahr die am häufigsten diagnostizierte Krebserkrankung des Mannes.
Nach Angaben des Robert-Koch-Institutes steht Prostatakrebs mit mehr als 12‘000 Todesfällen pro Jahr nach wie vor an dritter Stelle. Damit ist die Prostatakarzinomerkrankung von ausserordentlich hoher gesundheitspolitischer Bedeutung und medizinisch nicht zu verharmlosen.
Die Ergebnisse der PIVOT-Studie: Eine radikale Prostataentfernung bei Prostatakrebs ergibt insbesondere im ersten Jahrzehnt nach der Operation keine signifikanten Vorteile gegenüber der "aktiven Beobachtung oder der abwartenden Haltung".
Die Bewertung von Therapieverfahren des Prostatakarzinoms sei sehr komplex, so die Experten der DGU und AUO. Die durchschnittliche Lebenserwartung eines Mannes ist im Rahmen der demographischen Entwicklung stark angestiegen. Damit werden immer mehr Männer mit entsprechend langer Lebenszeitprognose auch an einem Prostatakarzinom sterben, sofern der Krebs nicht behandelt wird.
Alle Daten aus kontrollierten Studien zeigen, dass sich insbesondere bei jüngeren Männern eine Frühdiagnose lohnt und wenn nötig auch eine aggressive Krebstherapie. Laut den Experten scheint dabei die funktionserhaltende, radikale Prostataentfernung neben der Strahlentherapie die beste von mehreren Behandlungsoptionen zu sein, obwohl hier wissenschaftliche Belege noch fehlten.
Auch die Früh- und Spätkomplikationen der verschiedenen Therapieoptionen seien bisher nicht sauber erfasst. Hier könnte die PREFERE Studie, die wesentlich von der DGU und der AUO mitgetragen wird, etwas zur Klärung beitragen. Die Studie geht nämlich unter anderem der Frage nach der besten Therapieform (Nutzen- und Nebenwirkungsprofil) beim lokalbegrenzten Prostatakrebs nach. Zu den etablierten Therapieoptionen beim lokalbegrenzten Prostatakrebs gehören heute: Die aktive Beobachtung, die Operation, die permanente Seed-Implantation und Strahlentherapie. (siehe Therapieoptionen >>)
Nach wie vor ist der PSA-Test das wichtigste Instrument für die Früherkennung von Prostatakrebs, heisst es in der Stellungnahme. Die Abwägung zwischen Beobachtung und Operation bleibe aber schwierig und erfordere eine umfangreiche und komplexe Beratung und Aufklärung der Patienten, so die Experten.
Insbesondere bei jüngeren Männern mit einem Prostatakarzinom niedrigen Risikos sei die Abwägung zwischen früher Therapie (Operation und Bestrahlung) mit sehr guten funktionellen und onkologischen Ergebnissen gegenüber einer zeitlich verzögerten Therapie mit geringerem Behandlungserfolg und höheren Risiken abzuwägen.
Die Deutsche Gesellschaft für Urologie bezieht gemeinsam mit der AUO hier eine klare medizinethische Position im Sinne der Prostatakarzinompatienten und plädiert für eine umfassende Aufklärung über potentielle Risiken und Chancen einer aktiven Therapie gegenüber einer "abwartenden Haltung".
Denn: In Anbetracht der anhaltend hohen Sterberate bei Prostatakrebs als dritthäufigste Krebstodesursache beim Mann und der insgesamt steigenden Lebenserwartung scheine die grundsätzliche Ablehnung von Früherkennung mittels PSA-Test und gegebenenfalls aktiver, heilender Therapie in der Medienberichterstattung zynisch.
07.08.2012