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Menière-Krankheit: Persönliche Erfahrungen von N.Z.

"Die Anfälle kamen einfach so, ganz egal wo, und sie dauerten ein bis zwei Stunden. Man gelangt an den Punkt, an dem man sich aus Angst vor dem nächsten Anfall überhaupt nichts mehr traut. Und man hat immer die Hoffnung, dass es das letzte Mal war."

Die Angst ist schrecklich. Man hat keinen Bezugspunkt mehr. Das Innenohr gibt über die Gründe keine Auskunft. Um einer derartig verwirrenden Krankheit die Stirn zu bieten, benötigt man schon einen starken Charakter".

Der Tag nach der Operation

N.Z. Labyrinthektomie liegt mittlerweile bereits 2 Wochen zurück und langsam geht sie in ihrer Wohnung wieder ihren alltäglichen Beschäftigungen nach. "Wenn ich nicht aufpasse, dreht sich wieder alles. Und da ich nicht ganz klar sehen kann, stosse ich überall an. Einen Verlust spüre ich zwar schon, aber ich bleibe in Bewegung und versuche, so viel wie möglich zu tun, vor allem morgens und zu Hause, denn draussen komme ich noch nicht zurecht, das weiss ich. Ich finde mich in meiner Umgebung noch nicht zurecht und vertrage auch keinen Lärm. Ein vorbeifahrender Lastwagen überrascht mich und bringt mich aus dem Gleichgewicht. Nachmittags ruhe ich mich aus. Ich weiss aber, dass das alles nach der Operation normal ist."

N.Z. ist gerade erst 50 geworden, und nach zwei Jahren Krankheit und vier Operationen (zwei Paukenhöhlendrainagen und zwei Sacculotomien, war die Entscheidung zur Opferung ihres rechten Gleichgewichtsorgans alles andere als einfach. "Ich war davon überzeugt, dass die Wissenschaft Fortschritte macht und bald eine Lösung gefunden würde und dass es besser für mich war, mein Innenohr zu behalten. Darüber hinaus gefiel mir überhaupt nicht, dass sich dieses Ereignis so wie andere endgültige Veränderungen in meinem Leben als Frau und Mutter als so unabwendbar darstellte. Und mit dem Krankenhausaufenthalt konnte ich mich schon gar nicht anfreunden.

Grosse Angst hatte ich auch vor dem Schwindel nach der Operation. Aber schliesslich hatte ich gar keine andere Wahl. Entweder musste ich diesen Schritt tun oder jedes Jahr eine neue Sacculotomie durchführen lassen. Ich konnte auf dem Ohr schon gar nichts mehr hören, und meine Schwindelanfälle würden aufhören, das machte mir die Entscheidung einfacher. Am Ende war aber alles gar nicht so schlimm, wie ich es mir vorgestellt hatte!"

Der erste Anfall: "Aber ich habe mich doch bewegt!"

"Ich hatte meinen ersten Anfall bei der Arbeit. Plötzlich schwitzte ich so stark wie noch nie, der Geruch war ganz anders als sonst, und ich musste mich ergeben. Ich bat schnell um einen Mülleimer. Wenn ich die Augen öffnete, musste ich mich ergeben. Sie riefen den Ärztenotdienst, und ich erhielt ein Medikament. Das den Brechreiz hemmt. Ich hatte gar nichts mehr unter Kontrolle. Ein übersteigertes Selbstwertgefühl ist da fehl am Platz, und man verspürt schnell eine gewisse Scham." Das war am 4. Januar 2000. "Nicht die Computer bewegten sich, sondern ich selbst war es!" Mit einem Schwindelanfall alle 4 bis 5 Tage und mehreren Paukenhöhlendrainagen und Sacculotomien war das Jahr 2000 für N.Z. eine grosse Belastung.

Ich hatte nie bei meiner Arbeit als Empfangsdame im Rathaus gefehlt, und plötzlich musste ich ständig der Arbeit fernbleiben. Auch bei der Arbeit litt sie wiederholt unter Schwindelanfällen. "Ich verzog mich in meinen Lehnsessel in ein anderes Zimmer mit einer Schüssel und etwas zum Abwischen."

Ruhebedarf

Während eines Anfalls musste sich N.Z. häufig übergeben (etwa einmal alle drei Anfälle). Ob sie sich übergeben musste oder nicht hing vor allem von der Dauer des Anfalls ab und von der Entfernung eines geeigneten Ruheplatzes. Bei sich zu Hause legte sie sich auf das Sofa. Aber vorher öffnete sie das Fenster, weil sie unheimlich stark schwitzte. Darüber hinaus legte sie sich eine Decke zurecht, denn wenn der Schwindel nachliess, gingen auch die Schweissausbrüche zurück, und ihr wurde dann kalt. Für den Fall, dass sie sich übergeben musste, legte sie sich eine Schüssel und ein Antiemetikum (Mittel gegen Übelkeit) zurecht.

Aber dabei durfte sie sich nur soviel bewegen wie unbedingt erforderlich. "Wenn sich bei mir daheim alles drehte, bewegten sich alle Gegenstände von unten nach oben, als ob eine Welle sie erfasst hätte. Sie tauchten ab und kamen wieder hoch, und man sehnte sich nur nach Ruhe. Wenn ich mich erst einmal hingelegt hatte, richtete ich meinen Blick auf einen bestimmten Punkt."

Keine Warnsignale

Jeder Schwindelanfall überraschte N.Z. aufs Neue. Einer der heftigsten Anfälle erwischte sie auf der Autobahn, und sie hatte nur noch Zeit, auf die Standspur zu fahren. Ein anderes Mal überfiel sie ein Anfall beim Essen mit Freunden. Diese berichteten später, dass es ausgesehen habe, als ob jemand ihr einen Faustschlag in der Mitte ihres Körpers verpasst hätte. Sie erzählte, dass sie auf einmal das Parkett an der Decke sah.

"Die Anfälle kamen einfach so, ganz egal wo, und sie dauerten ein bis zwei Stunden. Man gelangt an den Punkt, an dem man sich aus Angst vor dem nächsten Anfall überhaupt nichts mehr traut. Und man hat immer die Hoffnung, dass es das letzte Mal war. Die Angst ist schrecklich. Man hat keinen Bezugspunkt mehr. Das Innenohr gibt über die Gründe keine Auskunft. Um einer derartig verwirrenden Krankheit die Stirn zu bieten, benötigt man schon einen starken Charakter. Ich kann schon verstehen, dass sich einige Menschen das Leben nehmen."

Scheinbar Ruhe

Am Ende des Jahres 2000 liessen die Schwindelanfälle N.Z. nach einer zweiten Sacculotomie erst einmal in Ruhe. Dieser Zustand dauerte ein Jahr. N.Z. konnte ihre Arbeit halbtags wiederaufnehmen, aber sie fühlte sich erschöpft und sehr in ihrer Mobilität eingeschränkt. "Das war schrecklich, ich kam mittags wie ein Automat von meiner Arbeit, ass etwas und ging schlafen. Allein auszugehen war ein Problem, ich traute mir nur über kurze Distanzen mit dem Auto zu fahren, und ausser Spazierengehen konnte ich keinen Sport treiben." Als die Schwindelanfälle im Oktober 2001 zurückkehrten, entschied sich N.Z. für die Alternative der Labyrinthektomie.

Wie geht es weiter?

Wie stellt sich dies alles für den betroffenen Patienten dar? "Gemäss meinem Charakter habe ich Angst vor Situationen, die ich nicht kontrollieren kann", erzählt N.Z.. "Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass eine Situation meiner Kontrolle entgleitet, und so ist es auch mit den Gleichgewichtsstörungen. Wie kann ausgerechnet mir so etwas passieren?" N.Z. wurde durch die Erkrankung bis in ihr Innerstes erschüttert. Sie sagt, es gibt Schlimmeres, und sie findet den nötigen Halt bei ihren Freunden und Bekannten. Sie beobachtete die Einzelheiten eines jeden Anfalls. "Ich notiere sie mir, das hilft mir, sie zu vergessen.

"Wie denken die anderen darüber? "Sie können denken was sie wollen, das ist mir egal. Wenn jemand mich kennt, weiss er, dass es sich nicht um ein Schauspiel handelt. Entweder geht es mir gut oder nicht. Ich habe in Verbindung mit meiner Erkrankung auch keine Schuldgefühle, es ist auch so bereits frustrierend genug." Die Unterstützung eines Psychologen? Ich habe mich zweimal um psychologische Hilfe bemüht, und vielleicht werde ich es wieder versuchen, wenn es mir erst einmal besser geht. Diese Krankheit beansprucht einen so sehr. Man muss versuchen, die schweren Zeiten zu vergessen. Ich muss mir sagen können: „Du riskierst ja nichts mehr, mach einfach weiter!"

Behandlungsmöglichkeiten

Paukenhöhlendrainage/Trommelfelldrainage

Hier wird ein kleines Loch ins Trommelfell gemacht. Dieser Eingriff ist in den meisten Fällen schmerzfrei und kann ohne Narkose durchgeführt werden. Bei der Mehrzahl der Patienten kann damit eine Normalisierung des Gleichgewichts wieder hergestellt werden.

Sacculotomie

Bei der Sacculotomie handelt es sich um einen chirurgischen Eingriff, der unter örtlicher Betäubung über den äusseren Gehörgang durchgeführt werden kann. Dabei wird die Trommelfellmembran angehoben und der Chirurg gelangt über den Steigbügel ins Innenohr. In den meisten Fällen muss der Eingriff mehrmals durchgeführt werden. In ca. 10 bis 15% der Fälle besteht ein Hörverlustsrisiko.

Labyrinthektomie

Bei diesem Eingriff führt der Chirurg eine Lanzette durch das Ohr, mit der das Nervengewebe und die Sinneszellen des Innenohrs zerstört werden. Der Eingriff wird unter Vollnarkose gemacht. Nach drei sehr belasteten Tagen und drei weiteren beschwerlichen Wochen benötigt der Patient ungefähr drei Monate, um den Verlust zu kompensieren. Die Operation führt zur völligen Taubheit des Ohres.

Doris Zumbühl

Doris Zumbühl ist diplomierte Medizinische Praxisassistentin. Sie verfügt über mehrere Weiterbildungen in den Bereichen Journalismus, IT und Bildbearbeitung.
 
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