Orale Verhütung: Wirkungsprofile einzelner Wirkstoffe
Es gibt verschiedene hormonelle orale Verhütungsmittel – aber nicht jedes ist für jede Frau geeignet. Welcher Wirkstoff der richtige ist, kann nur der Gynäkologe entscheiden. Im Folgenden eine Übersicht darüber, wann und bei wem welcher Wirkstoff eingesetzt werden kann, respektive besser nicht eingesetzt werden soll.
Ein paar Fakten: In der Schweiz verwenden rund 40% der 15-34-Jährigen und rund 14% der 35-49-Jährigen ein hormonelles Verhütungsmittel.
Zur oralen Verhütung werden vor allem synthetisch aufbereitete natürliche Hormone wie Estradiol und Progesteron eingesetzt. Estradiol – das wichtigste natürliche Östrogen – wird dabei meist zur Zykluskontrolle und Progesteron (Gestagen) zur Unterdrückung eines Eisprungs (Ovulationshemmung) eingesetzt. Kombinierte Präparate, wie die klassische Antibabypille, wirken ovulationshemmend und verdicken die Schleimhaut des Gebärmutterhalses; es bildet sich ein Pfropf, wodurch das Eindringen der Spermien verhindert wird.
Regulierung des Monatszyklus oder bei starker Menstruation
Mit den meisten Pillen wird ein regelmässiger Menstruationszyklus herbeigeführt. Die Einnahme erfolgt während 21 Tagen, danach folgt während 7 Tage keine Einnahme. In dieser Zeit wird durch den Hormonentzug eine Periodenblutung ausgelöst. Durch die Pilleneinnahme wird die Menstruation deutlich schwächer, weshalb sie – bei negativem Kinderwunsch - auch zur Behandlung der starken Monatsblutung eingesetzt wird. Beim Langzeitzyklus wird die Pille durchgehend eingenommen.
Im Gegensatz zu heute enthielten die früheren Antibabypillen höhere Hormondosen, die zu gewissen Nebenwirkungen führen konnten. Heute sind diese Hormondosen niedriger, bieten aber einen gleichwertig guten Schwangerschaftsschutz, bei deutlich weniger Nebenwirkungen.
Die Minipille, welche nur Östrogen enthält, bietet nur eine sichere Verhütung, wenn sie regelmässig eingenommen wird. Unter Pillen mit niedrig dosiertem Gestagen kann es gelegentlich zu einem Eisprung kommen; durch die Veränderung der Schleimhaut am Gebärmutterhals (Spermienbarriere) wird aber eine Befruchtung trotzdem verhindert.
Die Antibaby-Pille wird auch in folgenden Situationen eingesetzt: bei Menstruationsbeschwerden, bei Störungen im Monatszyklus, bei Akne oder übermässiger Körperbehaarung.
Entwicklung neuer oraler hormoneller Verhütungsmittel
In der heutigen Praxis wird sowohl in der Empfängnisverhütung als auch zur Behandlung von starken Monatsblutungen häufig auf eine neue Kombinationspille (körpereigenes Östrogen plus Gestagen) gesetzt. Studien haben gezeigt, dass die kombinierte Antibabypille den Blutverlust um bis zu 40% reduzieren kann.
Weitere, sichere Verhütungsmethoden sind Spiralen, welche in die Gebärmutter eingelegt werden. Dazu zählen Intrauterinpessar, die sogenannte Kupferspirale, Hormonspirale und die hormonfreie Kupferkette.
Was vermindert die Wirkung der oralen Verhütung?
Bei Durchfall und Erbrechen ist die Verhütung durch die Pille nicht mehr komplett gewährleistet. Es wird empfohlen zusätzliche Verhütungs-Massnahmen wie ein Kondom zu nutzen. (Siehe Verhütungsmethoden Übersicht).
Auch die Einnahme gewisser Medikamente kann die Wirkung der Antibabypille beeinträchtigen. Bei folgenden Medikamenten ist Vorsicht geboten: Antibiotika, Johanniskraut-Präparate, bestimmten Beruhigungsmitteln, Antieleptika, Antazida (Mittel gegen Sodbrennen) und Schlankheitsmitteln, deren Wirkung auf der Bindung von Nahrungsfetten beruht.
Risiken, Nebenwirkungen und Gegenanzeigen
Unerwünschte Nebenwirkungen der Pille können sein: Übelkeit, Erbrechen, Gewichtszunahme, Spannungsgefühl in den Brüsten, Stimmungsveränderungen, Abnahme der Libido. Die Pille kann aber auch das Risiko für Bluthochdruck, Thrombosen oder Leberfunktionsstörungen erhöhen.
Es ist deshalb wichtig, dass der Arzt das persönliche Risiko jeder einzelnen Frau abklärt und die Frau entsprechend aufklärt.
Folgende Situationen erfordern ein Pillenverbot:
- Schwangerschaft
- Nach Venenthrombosen oder anderen Thrombosereignissen
- Bei hormonabhängigen Krebsarten, Verdacht auf Brustkrebs
- Nach Herzinfarkt oder anderen Herz-Kreislauf-Erkrankungen
- Nicht behandelter oder schwer zu behandelnder Bluthochdruck
- Starke Leberfunktionsstörungen, akute Leberentzündung
- Diabetes mit Gefässschädigungen
- Abnorme, nicht abgeklärte Scheidenblutungen
- Bei über 35 jährige Raucherinnen sowie bei starken Raucherinnen unter 35 (mehr als 10 Zigaretten täglich)
- Sehr hohe Blutfettwerte
- Immobilisation durch Bettlägerigkeit, Rollstuhl
Vorsicht geboten sowie regelmässig Kontrollen werden empfohlen bei:
- Zunehmendem Alter
- Gut eingestelltem Bluthochdruck
- Familiären Herz-Kreislauferkrankungen
- Migräne
- Starkem Übergewicht
- Oberflächlichen Krampfadern
- Beinvenenkrampfadern
- Diabetes ohne Gefässerkrankung, nach Schwangerschaftsdiabetes
- Leicht erhöhten Blutfettwerten
- Lupus erythematodes
- Myomen der Gebärmutter
- Chirurgischen Eingriffen
- Epilepsie
- Lebererkrankung, Gallenrückstau während der Schwangerschaft
- Gallenblasenerkrankung
- Bestimmten Anämieformen (Sichelzellanämie)
Orale Verhütungsmittel und das Krebsrisiko
Einige Studien belegen, dass die längerfristige Einnahme der Antibabypille das Risiko für Gebärmutterhalskrebs und Leberkrebs erhöht – andere Studien ergaben jedoch keine solche Risikoerhöhung. Durch die Östrogenstimulation könnte das Brustkrebsrisiko erhöht sein. Eindeutige Belege für einen Zusammenhang zwischen Krebs und der Antibabypille fehlen nach wie vor.
Das Eierstockkrebsrisiko wird sogar durch die langjährige Einnahme der Antibabypille verringert und das Risiko für Gebärmutterschleimhautkrebs ebenfalls, wie neuere Daten aus der grossen Nurses Health Studie zeigen.
Die IARC Studie vom Jahr 2005 bestätigte diese Ergebnisse. Auch eine britische Langzeitstudie (1968 bis 2007) widerlegte zumindest teilweise das erhöhtes Krebsrisiko aufgrund oraler hormoneller Verhütungsmittel. Sie belegte, dass das Risiko nur von älteren Präparaten ausging. Wohingegen die neueren Präparate die Wahrscheinlichkeit der Entstehung von einigen Krebsarten sogar um 12% senkte.
Stellungnahme der Weltgesundheitsorganisation WHO im Sommer 2005: Es sei wahrscheinlich, dass die Pille das Risiko für bestimmte Krebsarten eher erhöhe, für bestimmte Krebsarten jedoch senke. Für die allgemeine Volksgesundheit sei die Antibabypille zweifellos von Nutzen.
Wann Absetzen
Es gibt bestimmte Beschwerden, bei denen in jedem Fall sofort ein Arzt kontaktiert und die Pille abgesetzt werden soll - auch wenn sie erst seit kurzem eingenommen wird.
Das sind z.B. starke Kopfschmerzen, Schwindel, Seh- oder andere Wahrnehmungsstörungen, Brustschmerzen, Beinschmerzen oder Atembeschwerden. Ein Arzt sollte auch dann kontaktiert werden, wenn nach längerer Pilleneinnahme ohne Nebenwirkungen plötzlich irgendwelche Nebenwirkungen auftreten.
Jugendlichen, welche eine Pille zur Verhütung nehmen möchten, werden häufig zur Verhinderung des Mineralverlustes in den Knochen, zusätzliche Kalzium/Vitamin-D-Ergänzungspräparate empfohlen.
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17.11.2011