ADHS: Überarbeitete Leitlinien zu Diagnose und Behandlung
Die Amerikanische Gesellschaft der Kinderärzte (AAP) hat die in den Jahren 2000/2001 zum ersten Mal vorgelegten Leitlinien zu ADSH bei Kinder und Jugendlichen überarbeitet und im Fachblatt Pediatrics online publiziert.
Etwa 8% aller Kinder und Jugendlicher leiden darunter, sagen die Amerikanischen Experten.
Aktuellen Studien zur Folge, werden immer häufiger auch Kleinkinder mit ADHS medikamentös behandelt. Die ausgearbeiteten Leitlinien behandeln insbesondere die Diagnosestellung und die Behandlung von ADHS bei Kleinkindern.
Diagnosestellung und Interventionen bei hyperaktiven Kindern
Besonderheiten bei der Diagnose und der Behandlung bei ADHS von Kindern im Vorschulalter und bei Jugendlichen sind ein Teil der Leitlinien. Es finden sich aber auch Informationen zu Interventionen bei Kindern mit hyperkativem oder impulsiven Verhalten, die die ADHS-Kriterien nicht gänzlich erfüllen.
Zusammenfassung der wichtigsten Neuerungen und Empfehlungen:
Neu kann die Diagnose bereits ab 4 Jahren (früher 6) bis hin zum 18. Lebensjahr (früher bis 13) gestellt werden. In diesem Zeitraum sollte auch die Behandlung begonnen werden. Bei den Kleinsten wird zur Behandlung zunächst Verhaltenstherapie von den Experten empfohlen. (siehe Therapie im Vorschulalter >>)
Liegen bei einem Kinde Kernsymptome wie Hyperaktivität, Aufmerksamkeitsdefizite und eine erhöhte Impulsivität vor, sollte der Haus- oder Kinderarzt eine ADHS-Abklärung durchführen.
Zur Bestätigung der Diagnose müssen die Diagnosekriterien nach DSM-IV (internationales Diagnostik-Manual zur Einteilung psychischer Störungen) erfüllt sein. Notwendig sind dazu Informationen über das Verhalten des Kindes von mehreren Seiten zum Beispiel von Eltern, Erziehern, Lehrern, Schulärzten und – psychologen etc.
Andere Ursachen für Verhaltensauffälligkeiten müssen ebenfalls ausgeschlossen werden. Wichtig ist auch die Suche nach möglichen, gleichzeitig bestehenden Erkrankungen.
Dazu gehören:
- Angst, Depression
- Andere Störungen im Sozialverhalten wie starkes aufsässiges Verhalten
- Lern- und Sprachstörungen oder andere Störungen in der neurologischen Entwicklung
- Andere Verhaltens – oder emotionale Störungen (Tics, Schlafapnoe etc.)
ADHS gehört zu den chronischen Erkrankungen und soll daher nach den Behandlungsprinzipien für chronisch Kranke und einer patientenorientierten häuslichen Betreuung erfolgen.
Behandlungsempfehlungen
Therapie bei Kindern im Vorschulalter (4-5jährig): In erster Linie sollte bei diesen Kindern verhaltenstherapeutisch behandelt werden; dies kann von Eltern und/Lehrern durchgeführt werden. Bestehen trotz Verhaltenstherapie weiterhin moderate bis schwere Auffälligkeiten oder ist eine Verhaltenstherapie aus anderen Gründen nicht durchführbar, kann nach sorgfältiger Abwägung der Vor- und Nachteile bereits in diesem Alter eine medikamentöse Therapie begonnen werden.
Therapie bei Kindern im Grundschulalter (6-11 Jahren): Medikamentöse Behandlung mit zugelassenen Stimulanzien und/oder Verhaltenstherapie durch Eltern und/oder Lehrer. Als erstes Medikament wird hier Methylphenidat (Ritalin®) genannt. Bei anderen Stimulanzien seien die wissenschaftlich gesicherten Daten zur Wirksamkeit weniger stark.
Therapie bei Jungendlichen (12-18jährig): Primär sollen die zugelassenen ADHS-Medikamente angewendet werden – nur nach Rücksprache und Einwilligung der Betroffenen selber – und als optimale Variante, mit Verhaltenstherapie ergänzt werden.
Um den grösstmöglichen Nutzen einer medikamentösen Therapie zu erreichen, soll die Dosiseinstellung schrittweise erfolgen (sogenannte Titration). Damit wird die optimal wirksame Dosis ermittelt und gleichzeitig kann das Risiko für Nebenwirkungen gering gehalten werden.
Die Leitlinien informieren ausserdem ausführlich zu Titration, Dosierung und Kontrolluntersuchungen sowie zu Risiken und Nebenwirkungen der medikamentösen Behandlung.
16.11.2011