Akute Verwirrungszustände: Häufig neurologische Ursache
Mehr als der Hälfte aller akuten Verwirrungszustände liegen nicht wie vermutet psychische Ursachen, sondern neurologische Erkrankungen zugrunde. Dies belegen Experten an der Jahrestagung der Europäischen Neurologen-Gesellschaft in Berlin.
Die Ursachen akuter Verwirrtheit sind vielfältig. Zum Beispiel kann es sich um eine Erkrankung innerhalb des Nervensystems auf Grund einer Hirnhautentzündung oder einer Epilepsie handeln. Bei Krankheiten ausserhalb des Nervensystems kommen Störungen des Stoffwechsels, Leber- oder Nierenschwäche sowie Vergiftung zum Beispiel durch Medikamente, Drogen oder Alkohol in Frage.
Besonders häufig sind Verwirrtheitszustände auf der Intensivstation zu beobachten, zum Beispiel nach einer Operation: Rund 20 bis 50% der Patienten auf einer Intensivstation zeigen akute Verwirrtheitszustände etwa zwei bis drei Tage nach Einlieferung. 30-50% der Patienten nach einer Bypassoperation oder einer Operation am offenen Herzen sind davon betroffen, erläutert Bassetti.
Aber nicht nur Krankheiten können solche Zustände auslösen: Ist der Patienten über 65-jährig, dement, depressiv oder dehydriert, steigt das Risiko für eine akute Verwirrtheit massiv an. Trifft diese jüngere Patienten, muss zusätzlich nach Medikamenten oder Drogen gefahndet werden.
Prof. Bassetti empfiehlt, bei akuten Verwirrheitszuständen zunächst den Neurologen hinzuzuziehen und erst danach den Psychiater. Erst müsse die Ursache gefunden und behandelt werden, sonst können Verwirrtheitszustände zu schweren Komplikationen wie Halluzinationen oder Selbstverletzungen führen. Die Todesgefahr sei dabei nicht zu unterschätzen: Rund 35 bis 40% der Krankenhaus-Patienten mit akuter Verwirrtheit sterben innerhalb eines Jahres.
Ausserdem soll ein grosses Augenmerk auf die Aufklärung Angehöriger älterer Patienten gelegt werden. "Viele Medikamente, die wir im Alltag benutzen, können in Kombination mit anderen Verwirrtheitszustände auslösen", so der Neurologe.
22.06.2010