Beeinflusst die Geburtsart das spätere Leben?
Wie Kinder geboren werden, bestimmt möglicherweise ihr späteres Schmerzempfinden und Krankheitsrisiko. Eine Studie der Frauenklinik des Inselspitals in Zusammenarbeit mit den Unispitälern Basel und Zürich verglich dazu Neugeborene nach Kaiserschnitt und Spontangeburt.
Auch Neugeborene empfinden Stress und Schmerz. Gemessen werden kann dies vor allem an der Konzentration von Cortisol im kindlichen Speichel und mithilfe von sogenannten Schmerzscores, von denen einer an der Neonatologie des Inselspitals entwickelt wurde. Nun zeigt eine aktuelle Studie mit 280 Neugeborenen an den Universitätsspitälern Basel, Bern und Zürich, dass die Geburtsart – also etwa ob ein Kind vaginal geboren wird oder per geplanten Kaiserschnitt – offenbar das Schmerzempfinden von Säuglingen beeinflusst.
Schmerzen und Stress variieren
Wurde ein Kind beispielsweise mittels Unterstützung einer Saugglocke geboren, so zeigte es in den ersten 24 Lebensstunden die stärksten Anzeichen von Schmerzempfinden (39%) im Vergleich zu spontan geborenen Kindern (17%) und durch geplanten Kaiserschnitt geborenen Kindern (20%). Nach einer Spontangeburt sorgt zudem ein natürlicher Mechanismus für „Schmerzdämmung“ während der ersten paar Lebensstunden.
72 Stunden nach der Geburt zeigten alle Vergleichsgruppen gleich geringen Schmerzausdruck. Auf die obligatorische Blutentnahme an der Ferse hatten jedoch Kinder nach Kaiserschnitt den geringsten Cortisol-Spiegel (=Stress), gefolgt von vaginal geborenen und assistiert geborenen Säuglingen.
Die Forscher schliessen aus diesen Beobachtungen, dass sich Kinder grundsätzlich nach drei Tagen vom Geburtsstress erholt haben, möglicherweise aber auch in ihrem späteren Leben von den Erfahrungen der ersten Stunden geprägt sind. Die höhere biochemische Stressantwort der Säuglingen steigere nämlich potentiell die Wahrscheinlichkeit, später an Bluthochdruck, Überzuckerung oder Herz-Kreislaufproblemen zu erkranken. Wie unmittelbar diese Zusammenhänge existieren, müssen weitere Studien auf diesem Gebiet ergeben.
15.11.2012