Brustkrebs: Weniger häufig dank weniger Hormonersatz-Therapien?
In zwei amerikanischen Forschungszentren wurde ein deutlicher Rückgang der Brustkrebs-Fälle festgestellt. Besteht ein Zusammenhang mit dem reduzierten Einsatz von Hormonersatz-Behandlungen (HRT)? Hier das Statement der internationalen Menopause-Gesellschaft (IMS).
Zur Erinnerung: Im Jahr 2002 wurde die grosse WHI-Studie (Women's-Health-Initiative) nach 5 Jahren abgebrochen.
Der Grund war die steigende Anzahl von Brustkrebs- sowie von Herzkreislauf-Erkrankungen und das erhöhte Schlaganfallrisiko bei Frauen, die nach den Wechseljahren eine Hormonersatz-Therapie bekamen.
(siehe auch Wechseljahrbeschwerden: Hormonersatz-Therapie (HRT) – wie weiter? )
Die Forscher von zwei US-amerikanischen Forschungszentren berichteten anlässlich des 19. Brustkrebs-Symposiums in San Antonio im Dezember 2006 darüber, dass bis zu 12% weniger Brustkrebsfälle registriert wurden. Sie vermuten eine Verbindung zum Rückgang der Hormoneinnahmen nach den Wechseljahren (Menopause).
Ergebnisse der US-Studien
- Das M.D. Anderson Cancer Center der University of Texas beobachtete einen Rückgang von Brustkrebs-Fällen, um insgesamt 8%. Bei Frauen zwischen 50 und 69 Jahren wurden 12% weniger östrogenabhängige Krebsfälle diagnostiziert.
- Die Kaiser Permanente Division of Research und das Northern California Cancer Center berichteten über eine vergleichbare 11-prozentige Differenz der Brustkrebshäufigkeit bei 50- bis 54-jährigen Frauen, zwischen 2001 und 2003.
Prof. Dr. med. Martin Birkhäuser von der internationalen Menopause-Gesellschaft (International Menopause Society (IMS)):
Der Versuch einen Zusammenhang zwischen dem Rückgang von Brustkrebsfällen und dem Rückgang von Hormontherapien herzustellen, ist voreilig. Es fehlen noch wissenschaftliche Grundlagen für eine derartige Annahme. Dazu stellt Prof. Birkhäuser ein paar Fragen und liefert Hintergrunddaten zu den Ergebnissen:
1. Gehen Frauen nach den Wechseljahren heute seltener zum Frauenarzt?
Es fehlen wichtige Einzelheiten, z.B. die Häufigkeit von Mammografien, regelmässige Routineuntersuchungen in der ärztlichen Praxis und die Rate weiterer Risikofaktoren für Brustkrebs (Nikotinkonsum, körperliche Aktivitäten, Medikamenteneinnahmen (speziell oder östrogenähnlich wirkende Medikamente sog. SERM)).
Es wird angenommen, dass Frauen nach Abbruch der HRT sich nicht mehr regelmässig beim Gynäkologen untersuchen lassen. Dadurch werden auch weniger häufig Mammografien durchgeführt, folglich auch weniger häufig Brustkrebs diagnostiziert. Diese Annahme sei wahrscheinlich richtig, so Birkhäuser.
Bei sorgfältiger Betrachtung der veröffentlichten Daten zu Brustkrebs wird klar, dass die Zahl der Brustkrebsdiagnosen bereits zwischen 1999 und 2001 rückläufig war; also noch vor den Warnungen der WHI-Studie und den darauffolgenden massiven Abbrüchen der Hormonbehandlungen.
2. Ist der Rückgang der Brustkrebsfälle hormonbedingt?
Falls die Abnahme von neuen Brustkrebsdiagnosen weitgehend auf die Hormoneinnahme zurückzuführen ist: Wie erklärt sich dann die 4-prozentige Abnahme Östrogenrezeptor-negativer Tumoren in der Untersuchung der University of Texas? Erklärung: Die verminderte Hormoneinnahme hat lediglich einen Einfluss auf die Häufigkeit von Östrogenrezeptor-positiven Tumoren.
3. Ist die Abnahme von Brustkrebsdiagnosen überall gleich hoch?
Beobachtungen hierzu aus anderen Ländern fehlen oder sind inkonsistent. Eine geringfügige Rückläufigkeit des Brustkrebses bei 50-64-jährigen Frauen wurde zwischen 2003 und 2004 z.B. in Grossbritannien festgestellt.
4. Wird das Brustkrebsrisiko so schnell verringert?
Nach gegenwärtigem Wissensstand ist ein 10%iger Rückgang der Brustkrebshäufigkeit innerhalb eines Jahres nach Abbruch der Östrogentherapie sehr unwahrscheinlich.
Der Bericht einer andern grossen HRT- Studie (Nurses’ Health Study) von 1995 zeigt, dass sich das Brustkrebsrisiko bei Frauen nach HRT-Abbruch erst zwei Jahre später demjenigen von Frauen ohne jemalige HRT angleicht.
Frauen, die eine fünfjährige oder längere Hormonbehandlung abbrachen, hatten ein erhöhtes Brustkrebsrisiko während der ersten zwei Behandlungsjahren; nach 2-4 Jahren Therapie sank das Brustkrebsrisiko wieder.
5. Warnung vor voreiligen Schlüssen
Die IMS warnt davor, die neusten Ergebnisse aus den USA bezüglich sinkendem Brustkrebstrend zu euphorisieren: Sie ständen im Widerspruch zu andern neuen Berichten aus den Daten der WHI (Women's-Health-Initiative):
- Während einer durchschnittlichen Beobachtungszeit von 5.2 Jahren war bei Frauen, die eine kombinierte Hormontherapie bekamen (Östrogen, Progesteron), das Brustkrebsrisiko lediglich ganz leicht erhöht (1 Fall pro 1'000 Frauenjahre).
- Kein erhöhtes Risiko hatten Frauen, die vor der WHI-Studie keine Hormone eingenommen hatten oder jünger als 60-jährig waren.
- Bei Frauen, die nur Östrogen bekamen, zeigte sich nach einer Beobachtungszeit von 6.8 Jahren eine Reduktion von Brustkrebs-Fällen.
6. Hormone ja, aber individuell angepasst
Diese Entwicklung muss sorgfältig weiterverfolgt werden. Aus diesem Grund bleibt die IMS bei ihrer Empfehlung, bei Wechseljahrbeschwerden unter gewissen Voraussetzungen mit Hormonen zu behandeln.
Die Hormoneinnahme in den ersten Jahren nach den Wechseljahren und bis zum Alter von 60 Jahren birgt ein nur sehr geringes Brustkrebsrisiko und bietet bei entsprechender Anpassung an die Beschwerden deutliche Vorteile. Frauen sollten jedoch, zusammen mit ihrem Arzt, jährlich erneut über die Fortsetzung der Hormonersatztherapie entscheiden.
26.02.2008