Chronische Krankheit: Unbeschwert reisen, trotz Krankheit
Bald startet die Reisesaison und auch Menschen mit einer chronischen Krankheit zieht es in die Ferne. Welche medizinischen Vorbereitungen (Flugtauglichkeit, Impfungen, Medikamente etc.) vor Reiseantritt getroffen werden müssen, lesen Sie hier.
Die Reiseapotheke, die auch Gesunde für sich zusammenstellen, z.B. gegen Durchfall, Schmerzen, Fieber, Erkältung etc. sollte bereits ein paar Wochen vor Reiseantritt vorbereitet und aktualisiert werden:
Flugtauglichkeit bei chronischen Krankheiten überprüfen lassen
Menschen mit einer chronischen Erkrankung müssen sich da noch einige Gedanken mehr machen. Dazu gehört schon ein paar Wochen vor Reiseantritt eine gründliche ärztliche Untersuchung, um zum Beispiel die Flugtauglichkeit respektive überhaupt die Reisetauglichkeit zu ermitteln.
Zur Flugtauglichkeit gibt es eine einfache Faustregel: Wer eine Gehstrecke von mindestens 50 m oder die Treppen zum Flugzeug ohne Atemnot laufen kann, gilt in der Regel als flugtauglich. Als fluguntauglich hingegen gilt normalerweise, wer sich auf Bergen in Höhen zwischen 2000-2500 M.ü.M. nicht mehr wohl fühlt.
Anhand spezieller Tabellen kann jeder Hausarzt die Flugtauglichkeit relativ rasch voraussagen.
Hier ein paar Beispiele, wann mit Sicherheit ein Flugverbot besteht:
- Wenn eine Verschlimmerung der Krankheit (physisch oder psychisch) während des Fluges vermutet werden muss.
- Bei akuten Erkältungskrankheiten.
- Bei schweren fiebrigen Erkrankungen.
- Bei akuten Hals-Nasen-Ohren-Erkrankungen, z.B. Mittelohrentzündung, Stirnhöhlenentzündung sowie nach Ohroperationen.
- Bei schweren Infektionserkrankungen, insbesondere wenn sie ansteckend sind, z.B. Windpocken (Varizellen), Masern, Ebola etc.
- Nach einem kürzlich durchgemachten Herzinfarkt oder Schlaganfall.
- Bei anderen Herzerkrankungen oder Lungenkrankheiten wie Angina pectoris, Herzschwäche, Pneumothorax (Lungenkollaps).
- Bei schwerer Blutarmut (Anämie)
- Nach Bauchoperationen (offen oder laparoskopisch) oder nach Operationen am offenen Brustkorb (Thorax).
- Bei akuten psychischen Erkrankungen.
- Bei akuter Beinvenenthrombose.
- Schwangerschaft: Die ansonsten gesunde werdende Mutter darf medizinisch gesehen bis zu 4 Wochen vor Niederkunftstermin fliegen. Gerade zur Schwangerschaft hat aber jede Fluggesellschaft ihre eigenen Regeln. Im Zweifel immer auch die Airline kontaktieren.
- Wenn der letzte Tauchgang weniger als 24 Stunden her ist sowie nach medizinischen Problemen beim letzten Auftauchen. Hier muss ein Arzt über die Flugtauglichkeit befinden.
Häufige chronische Krankheiten bei Reisenden und die erforderlichen besonderen medizinischen Reisevorbereitungen
Faustregel: Bei bestehenden chronischen Erkrankungen vor Reiseantritt einen medizinischen Check machen lassen und die verordneten Medikamente im Handgepäck mitführen. Es empfiehlt sich, vom Hausarzt über die Verordnung der Medikamente ein Schreiben in englischer Sprache verfassen zu lassen und die Beipackzettel ebenfalls bei den Medikamenten zu belassen. Medikamente, die regelmässig eingenommen werden müssen, immer in doppelter Dosis mitnehmen (verteilt auf Handgepäck und Koffer). Auf die Beschaffung von notwendigen Medikamenten im Reiseland kann nicht vertraut werden.
Weitere allgemeine Massnahmen siehe:
Administerative Vorbereitung für chronisch Kranke
- Eine Kopie der neusten Laborwerte, Diagnose- und Medikamentenlisten für einen möglichen Notfall gehört ins Handgepäck.
- Sich vor der Reise um eventuelle Transport- und Zolldokumente kümmern (z.B. über das Mitführen von Rollstuhl, Messgeräten, Nadeln und Spritzen und anderen Hilfsmitteln)
- Alle notwendigen Hilfsmittel (z.B. das Blutzuckermessgerät etc.) gehören ins Handgepäck.
- Das Flugpersonal – insbesondere z.B. bei Diabetes – informieren, damit sie bei einem Notfall (z.B. Unterzuckerung) richtig reagieren können.
Allergien
Bei bekannter Allergie gehört ein Notfallset, das ein Antiallergikum (Antihistaminikum), ein Kortikosteroid und eine Adrenalinspritze beinhaltet, zusammen mit dem Allergiepass ebenfalls ins Handgepäck. Achtung: Antihistaminika können müde machen und damit die Fahrtauglichkeit einschränken. Die Flugtauglichkeit ist bei Allergien in der Regel nicht eingeschränkt.
Herzkreislauf-Erkrankungen und Lungenkrankheiten
Eine gründliche medizinische Untersuchung vor Reisebeginn - z.B. Pulskontrollen, EKG, Blutdruck, ev. Kontrollen des Herzschrittmachers - ist ein absolutes Muss bei Herzkreislauferkrankungen sowie bei Lungenkrankheiten. Nebst zusätzlichen Impfungen für ein bestimmtes Reiseland werden hier auch die Grippeimpfung sowie die Pneumokokkenimpfung empfohlen. Herzschrittmacher: Für die Zollkontrolle sollte ein Schreiben (auch in englischer Sprache) zum Pass gelegt werden.
- Siehe auch: Fokus Impfungen, Reiseimpfungen >>
Laut Statistiken sind viele Flugnotfälle auf eine Herzkreislauferkrankung zurückzuführen. Das Absinken des Luftdrucks in der Flugzeugkabine, der dem Luftdruck auf 2000-2500 M.ü.M. entspricht, wird als Grund vermutet. Auch durch das Verringern der Sauerstoffsättigung im Blut von 97 auf 90% kann ein Notfall entstehen, der oft Sauerstoffgaben erfordert.
Reisestress kann auch bei gesunden, meist älteren Menschen, Herzrhythmusstörungen auslösen. Beim ansonsten gesunden Menschen erfordert dies meist keine zusätzlichen Massnahmen. Verordnete Medikamente wiez.B. Nitroglycerin (bei Angina pectoris), Bronchodilatatoren (bei Asthma) in Reichweite transportieren.
Thromboseprophylase und Gerinnungshemmer
Einer Thrombose wird auf längeren Reisen in erster Linie mit viel Bewegung (aufstehen, herumgehen, Beine im Sitzen bewegen, Beine nicht kreuzen) und viel Trinken (Wasser, verdünnte Fruchtsäfte etc.) vorgebeugt. Es wird empfohlen, keinen oder nur wenig Alkohol zu trinken und nicht zu rauchen.
Ob Kompressionsstrümpfe getragen werden sollen, kann nur der Arzt vorgängig entscheiden. Ein erhöhtes Thromboserisiko und ein daraus folgendes Embolierisiko haben Raucher, Übergewichtige, Patienten mit Gerinnungsstörungen oder mit Hormontherapien. Bei längeren Reisen (über 5 Stunden Sitzzeit) sowie bestehenden Risikofaktoren, muss eine medikamentöse Thromboseprophylaxe mit dem Arzt besprochen werden.
- Siehe auch Fokus Blutgerinnung: Thrombosepropyhlaxe und Gerinnungshemmern >>
Diabetes
Auch erfahrene Diabetiker müssen für Ferienreisen ein paar wichtige Massnahmen ergreifen oder bestimmte Faktoren bei der Planung miteinbeziehen: Zeitverschiebung, Veränderungen des Tagesrhythmus, Stress, ungewohnte Ernährung und physische Anstrengungen, Hitze, Infektionskrankheiten etc. Alle diese Faktoren können dazu beitragen, dass der Stoffwechsel und der Blutzuckerspiegel schneller mal entgleisen als im Alltag.
Massnahmen vor Reiseantritt:
- Für das Reiseziel erforderliche Impfungen ein paar Wochen im Voraus machen lassen. Impfungen können zu Blutzuckerschwankungen führen.
- Diabetikermahlzeiten bei der Fluggesellschaft und im Hotel vorreservieren.
- Medikamente, Testmaterialen und Insulin im Handgepäck bereithalten.
- Dokumentationen immer auch in englischer Sprache mitnehmen. Siehe auch: Häufige chronische Krankheiten >>
- Vor der Reise mit dem Arzt ein Therapieschema ausarbeiten, das Zeitverschiebungen und andere Veränderungen beinhaltet. Reiseleitung, Reisebegleitung sowie Flugpersonal über den Diabetes informieren.
Während der Reise:
- Regelmässig (alle 1-3 Stunden) Blutzuckermessungen vornehmen und entsprechend dem Therapieschema das Insulin dosieren.
- Keinen Alkohol, aber sonst viel trinken.
- Kleine Zwischenmahlzeiten (Schokolade, Zuckerstücke, Traubenzucker) im Handgepäck bereitstellen.
Bei Ankunft im Reiseland
- Die Unterzuckerungsgefahr ist meist in der ersten Nacht nach Ankunft am grössten.
- Bei Durchfall und Erbrechen können zuckergesüsste Getränke helfen, den Blutzuckerhaushalt zu stabilisieren. Leicht verdauliche Kohlehydrate (Bananen, leicht gesalzener Reis) essen, alle 1-2 Stunden den Blutzucker sowie das Azeton im Urin messen. In diesem Fall sowie auch bei Fieberzuständen möglichst bald einen Arzt aufsuchen.
17.06.2015