Fatique bei Krebspatienten
Seit 20 Jahren gilt in der Krebsforschung Fatigue als anerkanntes Problem. Dennoch wird im Alltag Fatique zu wenig wahrgenommen und behandelt. Dabei gibt es Barrieren sowohl von Seiten der Betreuer wie auch der Patienten.
Es wird geschätzt, dass heute über 90% aller Menschen mit Tumorkrankheiten im Laufe ihres Leidens mit Fatigue zu kämpfen haben, und dass sich die aussergewöhnliche Müdigkeit negativ auf die Krebstherapie auswirken kann.
Der nachfolgende Bericht ist eine Zusammenfassung aus der Fachzeitschrift Onkologie Nr. 3/2008 des Rosenfluhverlages.
Noch immer wird Fatigue zu wenig gut behandelt. Experten fordern daher ein verstärktes und differenziertes Vorgehen bei der Ursachenklärung, Erfassung, Behandlung und Pflege von Fatigue.
Definition und Symptomatik der Fatigue
Unter dem Begriff Fatigue versteht man "ein belastendes, anhaltendes Gefühl von physischer, emotionaler und geistiger Müdigkeit im Zusammenhang mit Krebs oder einer Krebsbehandlung oder einer andern chronischen Krankheit, welches mit den Alltagsfunktionen interferiert".(Quelle: National Comprehensiv Cancer Network).
Der Begriff kann als Sammelbegriff verstanden werden, der eine Vielfalt von Müdigkeitsmanifestationen umfasst. Sie lassen sich in körperliche-, gefühls- sowie geistige Ebenen unterteilen.
Die Müdigkeitsebenen werden wie folgt aufgeteilt:
Müdigkeitsempfindungen auf der Gefühlsebene (29%)
- Motivationsverlust
- Keine Energie
- Traurigkeit
- Angst
- Fehlender Kampfgeist
Physische Müdigkeitsempfindungen (59%)
- Reduzierte physische Leistungsfähigkeit
- Schwäche, Kraftlosigkeit
- Unübliches, vermehrtes Schlafbedürfnis, Müdikeitsgefühl, Ruhebedürfnis
Müdigkeitsempfindungen auf der geistigen Ebene (12%)
- Konzentrationsstörungen
- Probleme beim Denken
- Einen "müden Kopf" haben
- Schlafprobleme
Entstehungsgründe von Fatigue
Es kommen verschieden Faktoren als Ursache der Fatigue beim Krebskranken in Frage.
Im Vordergrund stehen verschiedene körperliche, immunologische und krankheitsspezifische Ursachen. Oft besteht auch ein Zusammenhang zu psychologischen Verarbeitungsprozessen und zu sozialen Einflüssen.
Neben den immunologischen Mechanismen kann die Fatigue aber auch die Folge der Krebstherapie, der Krebskrankheit selber und anderen Faktoren wie z.B. Schmerzen, Bewegungseinschränkungen, Anämie (Blutarmut), Schlaflosigkeit oder Ernährungsproblemen sein.
Mögliche Behandlungsstrategien bei Fatigue
Auf Grund häufig verschiedener Ursachen ist die Behandlung der Fatique schwierig und oft ungenügend. Ausserdem kann die Fatique bei verschiedenen Krebserkrankungen unterschiedlich stark ausgeprägt sein.
Im Folgenden eine kurze Zusammenstellung von verschiedenen Behandlungsstrategien. Die Liste ist nicht vollständig, da Fatique viele verschiedene Ursachen haben und sehr unterschiedlich stark ausgeprägt sein kann:
- Fatigue wahrnehmen, anerkennen, danach gezielt fragen, eventuell messen (Intensität, Charakteristika, Dimensionen, Auswirkungen)
- Medikamentöse Linderung der Müdigkeit
- Allgemeinmedizinische Probleme lindern, z.B. Infektionen behandeln
- Behandlung Fatigue-erzeugender Ursachen wie z.B. Blutarmut beheben, andere Symptome bekämpfen
- Bewegung, physische Aktivität
- Aktivitäts-/Ruhebalance überprüfen (Aktivität soll wohltuend sein, Ruhepausen einplanen, um zusätzliche Müdigkeit durch zu viele Aktivitäten zu vermeiden)
- "Energiekonto verwalten" im Alltag (d.h. Energiesparend leben, überprüfen, wie Dinge mit weniger Energieaufwand werden können)
- Psychologische, spirituelle, kognitive Interventionen
- Allgemeine, individuelle Massnahmen, Unterstützung bei der Ernährung (Energiezufuhr/Verbrauch), Flüssigkeitszufuhr
- Zulassen der Müdigkeit ("Coping", Bewältigungsstrategien entwickeln)
10.09.2008