Gewichtszunahme und erhöhte Blutzuckerwerte durch künstliche Süssstoffe
Wer auf sein Gewicht achten will oder erhöhte Blutzuckerwerte hat, greift häufig zu Süssstoffen. Forscher zeigen nun aber, dass Süssstoffe genau das Gegenteil bewirken können: Gewichtszunahme und höhere Blutzuckerwerte.
In den Kriegsjahren galten künstliche Süssstoffe als günstigen und überall erhältlichen Ersatz für die teure Mangelware Zucker, wie kürzlich in den Medien berichtet wurde. Später brauchten insbesondere die reichen, meist übergewichtigen Leute den künstlichen Süssstoff zur Versüssung ihres Tees oder Kaffees. Heute findet man in vielen Getränken und Lebensmitteln künstlichen Süssstoff als Zuckerersatz. In der Diät erhofft man sich eine Kalorieneinsparung und bei Diabetes keinen Blutzuckeranstieg.
Bereits früher standen Süssstoffe unter dem Verdacht sich negativ auf den Glukosestoffwechsel und auf das Gewicht auszuwirken. Laut NZZ vom 18.09.2014 wurde bereits 2008 in einer grossangelegten Ernährungs- und Verhaltensstudie (San Antonio Heart Study) bei über 3500 Männern und Frauen belegt, dass der regelmässige Konsum von künstlich gesüssten Produkten im Schnitt zu mehr Gewicht führte. Andere Studien zeigten auf, dass insbesondere Diätgetränke bei Übergewichtigen das Risiko für Diabetes und Bluthochdruck erhöhte.
Zucker – wie funktioniert er im Körper?
Normaler Zucker wird vom Darm aufgenommen und als Energiequelle (Glukose) ins Blut weitergegeben. Überschüssige Glukose, die für den Energiegebrauch nicht verwertet wird, wird zunächst in Glykogen umgewandelt, gespeichert und bei Bedarf verbraucht. Wird über die Nahrung mehr Energie aufgenommen als nötig, wird diese überschüssige Energie in Fett verwandelt – das Gewicht steigt an. Künstlicher Süssstoff hingegen wird nicht im Darm aufgenommen, weshalb der Stoff auch nicht als Energielieferant, aber als Diätmittel gilt.
Süssstoff verändert die Darmflora
Im Tierexperiment stellten Forscher nun fest, dass sowohl normalgewichtige wie auch fettleibige Mäuse auf Zugaben von künstlichem Süssstoff reagierten: sowohl ihre Blutzuckerwerte wie auch ihr Gewicht stiegen an. Warum, fragten sich die Forscher und suchten eine Erklärung im Darm. Bei Mäusen, die mit künstlichem Süssstoff gefüttert wurden, entdeckten die Forscher eine Zunahme von Darmbakterien, die vermehrt Kohlehydrate abbauen. Dadurch entstand vermehrt Zucker, der vom Darm resorbiert wird und den Blutzucker erhöht. Nachdem die Tiere mit Antibiotika behandelt wurden, normalisierte sich der Glukosestoffwechsel wieder.
Süssstoffe scheinen auch die Wirkung von kalorienreicher Nahrung zu verstärken: statt zu einem Gewichtsverlust kam es bei diesen Mäusen zu einer Gewichtszunahme. Bei Tieren, welche normalen Zucker oder nur Wasser bekamen, passierte dies nicht, wie die Forscher im Fachblatt Nature schreiben.
In einer zweiten Untersuchung analysierten die Forscher Daten von 381 Personen aus einer laufenden ernährungsphysiologischen Studie (Personalized Nutrition Project). Verglichen mit Teilnehmern, die normalen Zucker konsumierten, waren die Personen mit künstlichem Süssstoffkonsum schwerer und ihre Nüchternblutzuckerte waren höher. Teilweise wiesen sie eine Glukoseintoleranz (Vorstufe von Diabetes) aus. Auch bei ihnen war die Darmflora verändert.
Zuletzt machten die Forscher an sieben gesunden Freiwilligen, die nie Produkte mit künstlichen Süssstoffen konsumierten, einen Test: Die Testpersonen mussten während einer Woche, täglich die erlaubte Höchstmenge von Saccarin einnehmen. Vier der Teilnehmer reagierten mit einer schlechteren Glukosetoleranz und einer Veränderung in der Darmflora. Die anderen Teilnehmer reagierten nicht und wurden als Nonresponder bezeichnet.
Fazit: Eine Ernährung mit Zusätzen aus Süssstoffen sollte dahingehend überdacht werden, damit nicht unnötigerweise Diabetes und Übergewicht begünstigt wird. Andererseits müssten weitere und grössere Studien diese Ergebnisse bestätigen, um heutige Ernährungsempfehlungen – insbesondere bei Diabetes – abzuändern.
23.09.2014 - dzu