HIV: Aussagekraft der Virenzahl als Erkrankungsgrad angezweifelt
Bisher hat die Anzahl der Viren den Zeitpunkt des Behandlungsbeginns bestimmt. Forscher wollten nun wissen, ob die Virenzahl tatsächlich ein Gradmesser für das Fortschreiten von AIDS darstellt.
Gleichzeitig ging man davon aus, dass die fortschreitende Erkrankung mit einem erhöhten Verlust bestimmter Immunzellen (CD4-Zellen, Untertyp der weissen Blutkörperchen) einher gehen muss. Dieser Verlust schwächt das Immunsystem und der Betroffene wird anfälliger für andere Infektionen.
Forscher wollten wissen, ob die nachgewiesene Virenzahl tatsächlich als Gradmesser des Erkrankungsfortschritts angesehen werden kann. Die Virenzahl im Blut und die CD4-Zellzahl bestimmten bis heute nämlich den Beginn der antiretroviralen Therapie (HAART, Highly Active Anti-Retroviral Therapy).
Die Forscher untersuchten 2'800 HIV-Patienten, die noch nicht behandelt wurden. Mittels eines ausgeklügelten Modellverfahrens untersuchten sie die Virenbelastung sowie den gleichzeitigen Verlust von CD4-Zellen. Das Ergebnis zeigte, dass lediglich bei fünf Prozent der Betroffenen der Verlust der CD4-Zellen durch die Zunahme der Virenzahl im Blut erklärbar war.
Fazit und Vermutungen der Autoren
Die Höhe des Verlustes der CD4-Zellen scheint nicht nur von der Anzahl der Viren abhängig zu sein. Vielmehr scheinen noch andere Faktoren die Zerstörung der CD4-Zellen zu beschleunigen. Dazu gehören vermutlich auch vom Virus direkt verursachte Schäden am Immunsystem, so die Forscher.
Die Ergebnisse zeigten, dass die Behandlungsstrategien – vornehmlich der Behandlungsbeginn der HAART – überdenkt werden müssten.
Die HAART ist mit starken Nebenwirkungen und einer grossen Einbusse der Lebensqualität verbunden. Deshalb werden die Medikamente so spät wie möglich eingesetzt.
27.09.2006