Herz-Kongress in Davos: Neues zu Risiken und Prävention von Herzkrankheiten
In Davos fand der grosse, zweijährliche Kardiologen-Kongress mit 800 Teilnehmern aus aller Welt statt. Hier ein paar Auszüge zu Risikofaktoren und Prävention von Herz-Krankheiten.
Heute sind sich die Experten einig, dass Risikofaktoren nicht einzeln betrachtet werden sollen, sondern eine gesamt Risikobeurteilung des Patienten mittels standardisierter Risikoscores anzustreben ist. Je nach Gesamtrisiko wird die Intensität der Therapie bestimmt.
Risikoscores beherbergen aber auch Schwachpunkte: Erstens kann nur ein 10-Jahres-Risiko damit berechnet werden – also wie gross das Risiko ist, innerhalb der nächsten 10 Jahre an einem Herzleiden zu erkranken. Zweitens spielt das Alter in der Risikoberechnung eine zu bedeutende Rolle. So wurde bis heute zum Beispiel bei jüngeren Personen mit bedeutsamen Risiken (z.B. Rauchen, Übergewicht, Bluthochdruck, erhöhten Blutfettwerten etc.) ein deutlich zu niedriges Risiko ermittelt.
Studien zeigten, dass 50-jährige Männer ohne Herz-Risikofaktoren ein lebenslanges Herzrisiko von 5% haben. Bei den Frauen liegt das Risiko bei 8%, im restlichen Leben ein Herz-Ereignis zu erleiden. Mit mindestens zwei Herz-Risikofaktoren lag das Risiko bei 69% für die Männer und bei 50% für die Frauen.
Experten fordern nun, dass bei der Beurteilung des Herz-Risikos in Zukunft das Lebenszeit-Risiko berechnet wird. Dies kann helfen, die Prävention auch bei jüngeren Menschen mit Herz-Risiken voranzutreiben. Entsprechende online-Berechnungstools für die Ärzte sind in Entwicklung.
Herz-Risikofaktoren: Die meisten könnten verändert werden
Zur heutigen Herz-Prävention gehören Lifestyle-Faktoren wie Rauchstopp, gesunde Ernährung sowie genügend Bewegung. Zu den therapiebaren Faktoren gehören erhöhte Blutdruck-, Blutfett- und Zuckerwerte. Von grosser Wichtigkeit ist dabei die Therapietreue, wenn es sein muss, lebenslang.
Ebenfalls zu den therapiebaren Herzrisiko-Faktoren gehört die psychische Gesundheit, respektive Krankheit. Eine unbehandelte Depression zum Beispiel gilt als Risiko für die Entwicklung einer Herzschwäche oder eines Herzinfarktes. Effektive Therapien wurden hier allerdings noch nicht identifiziert. Die sogenannten SSRI (Serotonin-Wiederaufnahmehemmer) haben sich als nicht wirksam erwiesen und scheinen die Sterblichkeit zu erhöhen.
Forderung nach Interventionen auf politischer und wirtschaftlicher Ebene
Der renommierte Präventivmediziner S. Yusuf plädiert dafür, neben den biologischen Faktoren das Umfeld nicht zu vergessen. Seine Gruppe konnte nachweisen, dass zum Beispiel ein deutlicher Zusammenhang besteht zwischen der Werbe-Intensität für ungesunde Nahrung und dem Auftreten von Herzkrankheiten in der Bevölkerung.
Er fordert Interventionen auch auf politischer, wirtschaftlicher und architektonischer Ebene: Das Umfeld soll so gestaltet werden, dass das Individuum zu gesunder Ernährung motiviert wird. Diese Verpflichtung geht an die Industrie. Für genügend Bewegung müssten entsprechende Angebote wie Gehwege etc. Anreize schaffen.
Wichter Präventionsfaktor: Der Blutdruck
Ein wichtiger Risikofaktor für Herzgefässerkrankungen ist der Bluthochdruck. Eine gute Blutdruckkontrolle hängt nicht nur von einer optimierten Therapie, sondern auch von der richtigen Messung des Blutdrucks ab.
Neue Erkenntnisse zeigen, dass eine einzelne Messung nicht sehr aussagekräftig ist für den wahren Wert. Viel genauer ist ein Mittelwert verschiedener Messungen; Veränderungen des Blutdrucks müssen mitberücksichtigt werden sowie Fluktuationen aufgrund von Stress- oder Schmerz. Dies ist auch wichtig für Personen, welche ihre Blutdruckwerte zu Hause selber messen.
Gemäss den 2009 publizierten europäischen Richtlinien ist bei gesunden Erwachsenen ein Blutdruckwert von weniger als 140/90 mmHg anzustreben. Bei Personen mit Diabetes, Nierenproblemen oder anderen Risikofaktoren (vorausgegangener Hirnschlag, Herzinfarkt) ist ein Blutdruck von weniger als 130/80 mmHg anzustreben.
Um möglichst viele Herzgefäss-Erkrankungen zu verhindern, muss die Blutdrucksenkung rasch – idealerweise innerhalb von 3 Monaten – erfolgen. Dazu ist häufig eine Kombinationstherapie mit verschiedenen Wirkstoffen notwendig.
14.03.2011