Herzstiftung: Kakao zur Reparatur geschädigter Blutgefässe
Gibt es Nahrungsbestandteile mit einer erwiesenen Heilwirkung? Studien, die das beantworten, sind schwierig durchzuführen. Dem Forscher PD Dr. Andreas Flammer ist es gelungen, neue Aussagen zu drei Nahrungsmitteln zu machen: Dunkle Schokolade, Olivenöl und Cranberrysaft. Dafür zeichnet ihn die Schweizerische Herzstiftung mit dem Forschungspreis 2014 aus.
Das möchte nicht nur die Allgemeinheit wissen, auch Lebensmittelfirmen interessieren sich dafür: Wie wirken einzelne Nahrungsbestandteile auf die Gesundheit? Antworten im Hinblick auf besonders grosse Risiken sind allerdings schwierig: Wollte man zum Beispiel die Gefahr für einen Herzinfarkt mit einem bestimmten Nahrungsmittel in Verbindung bringen, müssten tausende von Versuchspersonen jahrzehntelang dieses Nahrungsmittel zu sich nehmen, während eine Kontrollgruppe ein Placebo, also ein «Scheinnahrungsmittel» zu essen hätte.
Deshalb entscheiden sich Forschende häufig zu einer bescheideneren Ersatzfrage, die in die gleiche Richtung zielt. In der Herz-Kreislauf-Medizin wird dann oft untersucht, wie sich die Innenschicht der Blutgefässe verhält. Das lässt sich vergleichsweise einfach messen und sagt trotzdem viel aus über das Risiko eines Menschen, einen Herzinfarkt oder einen Hirnschlag zu erleiden. Der Kardiologe Dr. med. Andreas Flammer hat die Wirkung von Kakao (dunkle Schokolade), Cranberrysaft und Olivenöl untersucht.
Gute Bekannte mit neuer Wirkung
Die drei Nahrungsmittel sind in der Herzmedizin bekannt. Sie enthalten alle reichlich Flavanole. Diese Pflanzenstoffe kommen besonders in Kakao, aber auch in Früchten, Beeren, Oliven oder Tee vor. Die Forschung geht seit einigen Jahren davon aus, dass sie sich günstig auf Herz und Kreislauf auswirken. Dr. Andreas Flammer und sein Team haben nun gezeigt, dass nicht nur Kakao, sondern auch im Handel erhältliche dunkle Schokoladen bei Patienten mit beschädigter Innenschicht der Gefässe deren Funktion wieder verbessern können.Bei herztransplantierten Patienten wiesen die Forschenden solche Verbesserungen direkt in den Herzkranzgefässen nach und nicht, wie sonst üblich, in der Schlagader des Unterarms. In einer weiteren Arbeit entdeckten sie, dass sich bei Patienten mit einer Herzinsuffizienz die Gefässfunktion nicht nur kurz-, sondern auch langfristig erholte, wenn sie einen Monat lang täglich dunkle Schokolade konsumierten. Vergleichbar auch der Einfluss von Olivenöl: Bei Patienten mit eingeschränkter Gefässfunktion steigerte sich diese, wenn die Versuchspersonen ihre Ernährung mit Olivenöl anreicherten.
Eine andere Entdeckung: Tranken Personen mit einem erhöhten Herz-Kreislauf-Risiko täglich den Saft von Cranberries, verbesserten sich nach einiger Zeit die Reparaturmechanismen in ihren beschädigten Gefässen.
Menü aus Schokolade, Beerensaft und Olivenöl?
Aufgrund dieser Erkenntnisse nun bedenkenlos fett und süss zu essen und die dadurch entstandenen Gefässschäden mit Schokolade, Beerensaft und Olivenöl reparieren zu wollen, wäre allerdings unklug. Denn selbst Flavanole helfen nicht viel, wenn die Ernährung allgemein einseitig und zu üppig ist. Ausserdem: «Unsere Studien messen nicht die Wirkung auf Erkrankungen selbst oder gar auf die Sterblichkeit, sondern auf die Ersatzfrage nach dem Einfluss auf die Innenschicht der Gefässe, und dies nicht in der breiten Bevölkerung, sondern bei bestimmten Patientengruppen», sagt Dr. Andreas Flammer. Eine Empfehlung gibt er trotzdem: «Am besten erforscht ist die Ernährung nach dem Muster der Mittelmeerländer. Dort ist Olivenöl ein Grundbaustein. Diese Kost mit Beeren und ab und zu ein wenig dunkler Schokolade anzureichern, ist sicher sinnvoll.»
Preisübergabe am 7. Mai in Buchs
Für seine Studien zeichnet die Schweizerische Herzstiftung Andreas Flammer mit dem Forschungspreis 2014 aus, denn sie tragen zum Verständnis des Einflusses der Ernährung auf die Funktion der Gefässe bei - und damit auf den möglichen Schutz vor Herz-Kreislauf-Krankheiten. Der Forschungspreis wird am 7. Mai an einer Feier in Buchs übergeben und am 11. Juni im Rahmen des Jahreskongresses der Schweizerischen Gesellschaft für Kardiologie in Interlaken einem wissenschaftlichen Publikum vorgestellt.
Der Preisträger
PD Dr. med. Andreas J. Flammer studierte in Basel Medizin. Dem Studium folgten klinische Tätigkeiten und Forschung in Burgdorf, am Universitätsspital Zürich sowie an der Mayo Klinik in Rochester (USA), bevor er wieder nach Zürich zurückkehrte. Heute ist PD Dr. med. Andreas Flammer Oberarzt Kardiologie am Universitätsspital Zürich. Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehören die Untersuchung atherosklerotischer Vorgänge in den Gefässen und der Einfluss von flavanolreicher Nahrung auf die Gefässfunktion.
06.05.2014