Homöopathische Grippeimpfung: Irreführend und risikobehaftet
In den letzten Grippeperioden stellte die Swissmedic vermehrt fest, dass von Medizinal- und Fachpersonen nebst der ''normalen'' Grippeimimpfung eine ''homöopathische Grippeimpfung'' empfohlen wurde. Solche Empfehlungen seien irreführend und für Risikopersonen gesundheitsgefährdend, wie Swissmedic im Newsletter schreibt.
Aus Sicht von Swissmedic ist die Verwendung des Begriffs „homöopathische Grippeimpfung“ irreführend. Homöopathische Präparate, welche zur Behandlung bestimmter Grippesymptome Verwendung finden, haben nichts mit einer herkömmlichen Impfung zu tun. Gemäss den Grundlagen der klassischen Homöopathie haben Homöopathika in der Regel keine präventive Wirkung.
Sie sollten im Prinzip also eigentlich erst dann eingesetzt werden, wenn bestimmte krankheitsbezogene Symptome bereits in Erscheinung getreten sind (Auswahl gemäss Simile- Regel und dem entsprechenden Arzneimittelbild durch eine Medizinal- oder Fachperson mit entsprechender Bewilligung)
Auf die beiden wichtigsten Homöopathika, welche fälschlicherweise teilweise auch von Medizinal- und Fachpersonen in Detailhandelsgeschäften als „homöopathische Grippeimpfung“ verkauft werden, soll nachfolgend kurz eingegangen werden.
Influenzinum
Bei der Herstellung des homöopathischen Präparats Influenzinum bzw. Influenzinum Nosode wird in der Regel ein Grippeimpfstoff entsprechend den homöopathischen Vorschriften verarbeitet und schrittweise potenziert. Alle homöopathischen Influenzinum-Präparate, welche sich mit einer Swissmedic-Zulassungsnummer im Handel befinden, wurden gemäss der Komplementär- und Phytoarzneimittelverordnung ohne Indikation zugelassenen. Sie dürfen folglich nicht mit Angaben zur Indikation oder Dosierung beworben werden. Werbemittel, wie z. B. Inserate, Handzettel, Packungsbeilagen oder Abgabeständer, Thekensteller und Aufkleber, die diesbezügliche Angaben enthalten, sind unzulässig.
Dies gilt auch für die Influenzinum-Präparate, die sich aktuell noch im Rahmen der Übergangsbestimmungen in Verkehr befinden. Homöopathische Präparate, die ohne Indikationen zugelassen wurden, dürfen nur im Rahmen einer Individualtherapie durch eine entsprechende Medizinal- oder Fachperson gemäss dem passenden Arzneimittelbild empfohlen oder abgegeben werden.
Die Auslobung, die Bewerbung und der Verkauf von Influenzinum als „homöopathische Grippeimpfung“ ist folglich nicht zulässig.
Oscillococcinum
Bei der Herstellung des Präparates werden Entenleber und –herz verarbeitet und entsprechend den homöopathischen Vorschriften schrittweise potenziert (Anas barbariae hepatis et cordis extractum 200K). Das Präparat ist gemäss Patienteninformation für folgende Anwendung zugelassen: “Gemäss homöopathischem Arzneimittelbild kann Oscillococcinum zur Vorbeugung einer Grippe, bei beginnenden grippalen Beschwerden sowie bei eingetretener Grippeerkrankung angewendet werden“. Der Verkauf von Oscillococcinum als „homöopathische Grippeimpfung“ durch die Vertriebsfirma oder durch den Detailhandel ist nicht zulässig.
Diese Angabe deckt sich nicht mit der Zulassung durch Swissmedic. Sie suggeriert, dass das Präparat dieselbe Wirkung wie eine echte Grippeimpfung aufweist. Ein echter Grippeimpfstoff enthält jedoch bestimmte, von der WHO in jedem Jahr neu festgelegte, inaktivierte Influenza- Viren oder deren Bestandteile, löst eine spezifische Immunantwort mit der Produktion spezifischer Antikörper gegen diese Influenza-Viren aus und sorgt dadurch für eine spezifische Schutzwirkung. Oscillococcinum kann diese spezifische Immunantwort nicht auslösen. In der Patienteninformation zu Oscillococcinum wird indirekt auf diesen wichtigen Unterschied aufmerksam gemacht, indem Risikogruppen empfohlen wird, einen Arzt oder eine Ärztin zu konsultieren.
Korrekte Abgabe
Bei der Abgabe von Arzneimitteln sind gemäss Art. 26 des Heilmittelgesetzes (HMG, SR 812.21) die anerkannten Regeln der medizinischen und pharmazeutischen Wissenschaften zu beachten. Gemäss Art. 3 HMG obliegt der Umgang mit Arzneimitteln der Sorgfaltspflicht, Gesundheit von Mensch und Tier dürfen nicht gefährdet werden.
Homöopathische Präparate dürfen von Medizinal- und Fachpersonen nicht als „homöopathische Grippeimpfungen“ angepriesen und verkauft werden, da diese Anpreisung zu einer Täuschung der Konsumenten führen kann. Es besteht die Gefahr, dass aufgrund solcher Anpreisungen Personen auch aus Risikogruppen, für die eine Grippeimpfung medizinisch dringend angeraten ist, auf die vom BAG empfohlene aktuelle Grippeimpfung verzichten, was deren Gesundheit gefährden kann.
11.10.2011