Hyperaktive Blase: Psychischer Stress und Isolation müssten nicht sein
Plötzlicher starker Harndrang oder sogar unwillkürlicher Harnverlust schränken im täglichen Leben stark ein. Leider gibt es viele Betroffene, die sich scheuen, einen Arzt aufzusuchen. Studien haben aber gezeigt, dass eine hyperaktive Blase gut behandelt werden kann.
Die Hauptsymptome einer hyperaktiven Blase sind:
- Verstärkter, plötzlicher Harndrang
- Häufiges Wasserlassen, aber nur in kleinen Mengen
- Häufiger Harndrang in der Nacht
- Verminderte Harnmenge pro Toilettengang
- Harndrang bei Belastung
Dazu kommt der hohe Leidensdruck und die Verminderung der Lebensqualität durch diese Beschwerden (gesellschaftlich, beim Reisen etc.).
Trotz dieser negativen Auswirkungen scheuen sich viele Betroffene, den Arzt aufzusuchen – Männer noch häufiger als Frauen, obwohl Frauen meist stärker leiden. Offenbar sitzt die Überzeugung immer noch tief, dass man sich für eine hyperaktive Blase und deren Auswirkungen schämen muss.
Aktuelle Fakten
Eine Umfrage in Boston im Jahr 2006 erfragte den Stellenwert der Symptome, die den unteren Harntrakt bei Frauen und Männern betreffen.
Die Teilnehmer mussten sich zu folgenden Beschwerden äussern: Verschlechterung oder Störungen bei der Harnausscheidung, Schmerzen sowie erektile Dysfunktion bei den Männern (Probleme bei der sexuellen Erregung).
Resultate:
- über 18% der Befragten beklagten sich über das eine oder andere Symptom
- bei den über 70-Jährigen waren es 25%
- Nur 3.5% männliche und 2% weibliche Teilnehmer liessen sich behandeln
Die Auswertung einer amerikanischen medizinischen Datenbank zur Behandlung von Beschwerden des unteren Harntrakts ergab: Bei mehr als 7 Millionen Frauen und Männer über 45-jährig (d.h. bei 7% der Gesamtbevölkerung) wurden Beschwerden festgestellt und nur knapp ein Viertel (24.4%) wurde medikamentös behandelt. Ausserdem stellten die Analysten fest, dass nur ein Viertel der Behandelten Männer waren, Frauen also deutlich häufiger behandelt wurden.
Hoher Leidensdruck bis hin zu Depressionen
Verschiedene Untersuchungen hätten belegt, dass das emotionale Wohlbefinden, die Partnerschaft, das soziale Beziehungsnetz wie auch das berufliche Umfeld unter den Beschwerden einer hyperaktiven Blase stark in Mitleidenschaft gezogen wird.
Patienten spüren eine soziale Ablehnung, neigen zu Depressionen oder zu gesellschaftlicher Isolation, da sie zunehmend gesellschaftlichen Aktivitäten aus dem Weg gehen.
Aus Angst, Schamgefühl und Peinlichkeit „helfen“ sich Patienten mit eigenen „Strategien“ - anstatt dass sie einen Arzt aufsuchen und sich helfen lassen - was die Betroffenen noch stärker leiden lässt.
Fehlendes Wissen, Tabuisierung in der Gesellschaft, falsche oder fehlende Informationen zu therapeutischen Angeboten (zum Beispiel Verhaltenstraining, medikamentöse Behandlung etc.) tragen das seine dazu bei.
Gerade die medikamentösen Möglichkeiten haben sich in den letzten Jahren stark verbessert. Die Experten fordern deshalb auch die Ärzte auf, sich vermehrt und stärker dem behandelbaren Leiden einer hyperaktiven Blase zuzuwenden. Denn Studien haben gezeigt, dass sich unter den sogenannten Anticholinergika die Beschwerden wie Harndrang und unwillkürlicher Harnverlust stark verringern können.
Alternativen zur Behandlung der hyperaktiven Blase
Die Erfahrung hat gezeigt, dass keine der Therapiemöglichkeiten allein zu 100 Prozent wirksam ist und vor allem bei den medikamentösen Therapien mit Nebenwirkungen zu rechnen ist.
Zusätzliche Methoden zur medikamentösen Behandlung, deren Wirksamkeit zum Teil in Studien nachgewiesen wurde, sind:
- Blasentraining
- Beckenbodentraining
- Biofeedback
- Verhaltenstherapie mit Führung eines Miktionskalenders
- Getränketagebuch (z. B. Konsum von Tee, Kaffee) damit die Flüssigkeitsaufnahme weder unter- noch übertrieben wird
04.11.2010