Lustpille für die Frau – Was steckt dahinter?
Vermehrte sexuelle Unlust ist bei vielen Frauen ein Thema - auch vor der Menopause. Die US-amerikanische Arzneimittelbehörde (FDA) hat nun einen Wirkstoff zugelassen, der diesen Frauen zu neuem sexuellem Appetit verhelfen soll.
Das Sexualleben des Mannes wurde bereits mit der Pille Viagra® revolutioniert. Nun soll ein Wirkstoff lustlosen Frauen wieder zu mehr Appetit auf sexuelle Aktivitäten verhelfen.
Sexuelle Unlust hat viele Ursachen: Erstens ist Sex eine individuelle Angelegenheit und damit ist die Lust von Person zu Person verschieden stark ausgeprägt. Weiter spielen der Lebensabschnitt, die Tagesverfassung, Stress, physische und psychische Umstände eine grosse Rolle, wie stark die sexuelle Lust ist.
Medizinisch gesehen spricht man von „sexueller Inappetenz“. Dieser Umstand wird meist nicht als Problem wahrgenommen, ausser der Mangel an sexuellem Verlangen ist mit erhöhtem Leidensdruck verbunden. Hier kann sich eine behandlungsbedürftige Störung, die sogenannten „Hypoactive Sexual Desire Disorder“ HSDD (hypoaktive Sexualfunktionsstörung) entwickeln. Die Diagnose einer HSDD ist allerdings unter Experten umstritten, da viele in einem mangelnden Sexualtrieb noch keine Krankheit sehen.
Der neue Wirkstoff Flibanserin soll nun lustlosen Frauen vor der Menopause, die an einer HSDD leiden, das sexuelle Verlangen zurückbringen. Wegen der doch beträchtlichen Nebenwirkungen ist die Verschreibung an strenge Auflagen geknüpft. Von einer Therapie mit Flibanserin sind zum Beispiel jene Frauen ausgeschlossen, deren sexuelle Unlust auf eine unglückliche Beziehung, Schwangerschaft und Stillzeit oder durch Medikamente verursacht ist.
Experten wehren sich teilweise lautstark dagegen, dass wiederum eine neue „Krankheit“ erfunden wird, um ein entsprechendes Medikament zu vermarkten. (SRF 10 vor 10 vom 19.8., BMJ 2003).
Der Pharmakonzern Boehinger Ingelheim hatte den Wirkstoff ursprünglich als Antidepressivum getestet. Der US-Konzern Sprout Pharmaceuticals hat später den Wirkstoff übernommen und die Vermarktung lanciert. Nach zweimaligen, gescheiterten Zulassungseingaben an die FDA hat es der Wirkstoff im dritten Anlauf nun geschafft, als „Frauen-Viagra“ in den USA angenommen zu werden.
Teilweise starke Nebenwirkungen
Zwar kann Flibanserin das sexuelle Verlangen steigern. Wenn man den Zahlen der drei Zulassungsstudien glauben kann, ist die Wirkung aber eher gering. Gewarnt wird vor Müdigkeit, Schwindel, Schläfrigkeit, Übelkeit, Schlafstörungen und Mundtrockenheit. Ebenso wird davor gewarnt, den Wirkstoff zusammen mit Alkohol und bestimmten anderen Medikamenten einzunehmen. Von Blutdruckabfällen bis hin zu Ohnmachtsanfällen ist ebenfalls die Rede. Laut FDA-Bericht wird den Frauen geraten, das Medikament nur vor dem Zubettgehen einzunehmen und niemals tagsüber.
25.08.2015