Magenbrennen: Gastro-ösophageale Refluxkrankheit (GERD)
Unter krankhaftem Magenbrennen leiden Millionen von Menschen. Was sind die Ursachen, die Risikofaktoren und wie wird heute die Refluxkrankheit behandelt, darüber schreibt der Gastroenterologe Dr. med. Lukas Degen im Fachblatt Medizinspektrum. Lesen Sie hier eine Zusammenfassung.
Hauptsymptome bei GERD: Saures Aufstossen, Sodbrennen und/oder Schmerzen hinter dem Brustbein oder in der oberen Bauchgegend („Magenbrennen“). Die einen Patienten verspüren mehr Beschwerden in aufrechter Position tagsüber (sog. „day burper“), die andern eher in der Nacht, beim Liegen (sog. „night burner“). Oft entsteht nach längeren Beschwerden daraus eine Speiseröhrenentzündung.
Die Behandlung der GERD hat in den letzten Jahrzehnten nicht nur wegen der Häufigkeit des Auftretens, sondern auch wegen des verbesserten Verständnisses der Ursachen sowie verbesserten Behandlungsoptionen an Bedeutung zugenommen.
Hauptursachen der Gastro-ösophagealen Refluxkrankheit (GERD):
- Störungen in den Muskeln und verschiedenen Abschnitten der Speiseröhre und damit ungenügender Verschlussmechanismus am Übergang vom Magen in die Speiseröhre; damit wird die Magensäure „rückbefördert“ (Reflux).
- Erhöhter Mageninnendruck
- Ausserdem: erhöhte Magensäureproduktion, Zwerchfellbruch, oder gestörte Schleimhautschutzbarriere. /Anmerk. der Redaktion.
Meistens sind mehrere Faktoren miteinander schuld am Rückfluss der Magensäure.
Behandlungsmöglichkeiten – Änderungen des Lebensstils
Hauptziel der Behandlung ist die Beschwerdenlinderung, insbesondere die Verhinderung von ständigem Magenbrennen. Dies erfordert meist eine chronische Therapie. Ausserdem sollten Komplikationen wie Verengungen und Entzündungen der Speiseröhre vermieden werden.
Deshalb wird dem Patienten häufig eine detaillierte Anpassung seiner Lebensgewohntheiten empfohlen, so der Experte:
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- Diät
- keine fettreichen Mahlzeiten
- keine Schokolade
- Flüssigkeiten
- keine kohlensäurehaltigen Getränke
- kein Kaffee
- Essverhalten
- keine grossen Portionen
- Übergewicht/Adipositas
- Gewichtsreduktion
- Alkohol
- kein Alkohol
- Rauchen
- kein Nikotin
- Schlafposition
- Oberkörper hochstellen
Die Daten in der Literatur über die beschwerdelindernde Wirkung dieser allgemeinen Massnahmen sind zum Teil sehr spärlich. Wie weit diese Empfehlungen gehen sollten und wie sinnvoll sie sind muss immer wieder kritisch hinterfragt werden, zumal potente medikamentöse Alternativen zur Verfügung stehen.
Diätetische Anpassung
Fettreiche Mahlzeiten
Neuere Untersuchungen konnten nicht bestätigen, dass das Vermeiden von fettreicher Nahrung die Beschwerden lindert. Eine fettreiche Mahlzeit provozierte lediglich bei gesunden Probanden, aber nicht bei Refluxpatienten vermehrten Säurerückfluss. Magenbrennen nach dem Essen wurde dadurch nicht beeinflusst. Auch saures Aufstossen konnte durch unterschiedlichen Fettgehalt der Mahlzeiten nicht beeinflusst werden.
Süssigkeiten, Schokolade, Zwiebeln
Bei all diesen Daten sind die Anzahl studierter Personen derart klein, dass keine definitive Antwort zu deren klinischer Bedeutung möglich ist.
Kohlensäure und/oder koffeinhaltige Getränke, Fruchtsäfte
Kohlensäure kann möglicherweise die Anzahl spontaner Entspannungsbewegungen des unteren Muskels der Speiseröhre erhöhen und damit auch den Säurerückfluss (Reflux) steigern. Die weitere Zusammensetzung des Getränkes spielt dann aber keine Rolle.
Koffeinfreier Kaffee löst weniger Refluxepisoden aus als koffeinhaltiger Kaffee. Fruchtsäfte, im speziellen von Zitrusfrüchten, provozieren bei ca. einem Drittel der untersuchten Patienten vermehrt Reflux.
Essverhalten
Magendehnungen, durch zu grosse Mahlzeiten, lassen den unteren Muskel der Speiseröhre erschlaffen. Damit lässt sich erklären, warum kleinere Mahlzeiten besser tun. Trotzdem liegen keine adäquaten Untersuchungen vor, die die Wirkung dieses Ratschlags auch tatsächlich bestätigen.
Alkohol
Untersuchungen haben gezeigt, dass die Art des getrunkenen Alkohols eine Rolle spielt: Weisswein provoziert mehr Säurerückfluss als Bier oder Rotwein. Dies hängt aber weder vom Alkoholgehalt noch vom pH-Wert der getrunkenen Flüssigkeit ab.
Zur Entwicklung von Ösophaguskrebs (Speiseröhrenkrebs): Wein kann Reflux provozieren, aber steht scheinbar nicht im Zusammenhang mit der Entwicklung eines Ösophaguskrebses, der durch den Säurerückfluss entstanden ist. Bier oder Spirituosen-Konsum scheint eher diese Krebsart zu fördern.
Nikotin
Warum Nikotin den Säurerückfluss erhöht, ist nicht ganz klar. Vorliegende Daten sind kontrovers und reichen von keiner bis zu einer ungünstigen Beeinflussung der Refluxepisoden. Rauchen vermindert auf jeden Fall den Druck im unteren Speiseröhrenmuskel und reduziert neutralisierende Bikarbonat-Sekretion des Speichels. Raucher erkranken häufiger an Ösophaguskrebs, der durch Säurerückfluss entstanden ist; das ist erwiesen. Es ist sicher sinnvoll - für die gesamte Gesundheit - Rauchen zu stoppen.
Körperliche Aktivitäten
Rennen kann offensichtlich Säurerückfluss provozieren. Durch die „Auf- und Ab-Bewegung“ kann die Barrierefunktion zwischen Magen und Speiseröhre gestört sein. Aktiven Sportlern mit Säureruckflussproblemen wird deshalb empfohlen, vor dem Laufen ein säurehemmendes Medikament einzunehmen.
Schlafposition
Wie relevant sind die Ratschläge, dass man bei typischen Refluxbeschwerden mit erhöhtem Oberkörper schlafen und mind. 3 Stunden nach dem Essen nicht liegen soll?
Studienergebnisse:
- Patienten mit Speiseröhrenentzündung durch Reflux zeigen in flacher, liegender Position vermehrt Säurerückfluss.
- Bei Patienten ohne Entzündungen hatte die gleichbleibende Schlafposition eher einen Rückgang der Refluxepisoden. Bei diesen Patienten kann also die flache, liegende Position helfen.
- Beim Liegen zeigte sich, dass die linke Seitenlage weniger Säurereflux provoziert als die rechte.
Zusammenfassung
Eine Vielzahl der Lebensstilveränderungen haben einen positiven Einfluss auf den Säurerückfluss. Zum Teil ist allerdings die Umsetzung relativ mühsam und doch eher von geringerer Bedeutung. Empfehlung des Experten: Die zur Zeit zur Verfügung stehenden Medikamente können bereits zu Beginn der Erkrankung effizient eingesetzt werden und die Lebensqualität des Patienten verbessern.
Welche Medikamente werden eingesetzt?
- Protonenpumpenblocker (PPI): Hemmer der Magensäure-Bildung. PPI wirken am effektivsten bei Beschwerden, die nach dem Essen auftreten. Eine optimierte Behandlung kann durch Dosissteigerung, Verteilung der Dosis auf zweimal/Tag, sowie der Einnahme vor dem Essen erreicht werden. Langzeitnebenwirkungen konnten bis heute nicht bestätigt werden. Es liessen sich keine gehäuften Krebserkrankungen belegen. Nach 5 Jahren Behandlung sollte vorsichtshalber die Vitamin-B12-Konzentration gemessen werden.
- H2- Rezeptor-Antagonisten: Diese hemmen lediglich die histaminstimulierte Säureproduktion im Magen und sind nur relativ kurzzeitig wirksam (4-8 Std.). Über 24 Stunden kann so aber kurzfristig bis zu 70% der Säureproduktion gehemmt werden. Eine Langzeitbehandlung ist nicht möglich, da bereits nach 2 Wochen eine Toleranz gegenüber dem Wirkstoff entsteht. Der Autor: Die Behandlungserfolge der H2-Rezeptor-Antagonisten bei Refluxösophagitiden wie auch bei der Rezidivkontrolle sind derart ungenügend, dass sie hier keinen klinischen Stellenwert mehr haben.
Andere Behandlungsmöglichkeiten
Endoskopische (mittels Magenspiegelung) Nahttechniken und Radiofrequenzbehandlungen, mit Verödung und Vernarbung im gastro-ösophagealen Übergang.. Die Injektion von Biopolymeren oder die Implantation von Prothesen wurden zur Behandlung der Refluxkrankheit wieder verlassen. *Übergang zwischen Magenausgang und Speiseröhre.
Einige wenige Studien berichten über symptomatische Verbesserungen, welche eine Reduktion der Medikamente erlaubten. Damit wurden keine Veränderungen bei Entzündungen oder beim Druck im Verschlussmechanismus erzielt. Die Radiofrequenzbehandlungen sowie die endoskopischen Therapien werden vom Experten zur Zeit nicht empfohlen.
Chirurgie
Eine Operation* wird dann erwogen, wenn die Refluxkrankheit bestätigt und der Patient gut auf Medikamente anspricht. Wenn es aber trotz Medikamenten keine Verbesserung der Beschwerden gibt, wird von der Operation abgeraten. Zudem müssen gut ein Drittel der Operierten innerhalb von 10 Jahren wieder Medikamente nehmen.
*Bei der Operation wird die Barrierefunktion zwischen Magenausgang und Speiseröhre verbessert, der Druckunterschied zwischen Speiseröhre und Magen gesteigert und ein evtl. vorliegender Zwerchfellbruch verschlossen.
11.12.2006