Magersucht: Werden die Weichen in der Gebärmutter gestellt?
Bis heute werden vorwiegend umwelt- oder familiäre Faktoren als Ursachen für eine Anorexia nervosa (Magersucht) vermutet. Die Ergebnisse einer Zwillingsstudie werfen nun Zweifel an den Vermutungen auf.
Die Betroffenen halten meist eine strenge Diät ein oder verweigern Nahrung total. Viele treiben übermässig Sport und nehmen Abführmittel (Laxantien) und/oder harntreibende Mittel (Diuretika) zu sich, um ihr Gewicht noch mehr zu reduzieren. Die Ursachen sind nach wie vor unbekannt. Vermutet werden soziokulturelle Faktoren (''Schlankheitswahn''), familiäre Faktoren (erhöhte Leistungsorientiertheit) sowie individuelle Faktoren der Persönlichkeit (z.B. mangelndes Selbstbewusstsein etc.), die zur Entstehung der Essstörung beitragen können.
Bereits früher hat die Zwillingsforschung eine familiäre Häufung der Anorexia nervosa nachgewiesen, was eine genetische Veranlagung nicht ausschliesst.
Ein britisches und kanadisches Forscherteam stützt sich in der aktuellen Untersuchung auf das schwedische Zwillingsregister, das über Daten zu Doppelgeburten bis ins Jahr 1886 verfügt. Die Forscher verglichen die Daten von Zwillingsgeburten mit den Jahrgängen 1935 bis 1958 und verglichen diese mit andern Registern. Sie stellten fest, dass weibliche Zwillinge deutlich häufiger an Magersucht erkranken als männliche Zwillinge, was nicht sonderlich überrascht.
Magersucht bei männlichen Zwillingen
Es gab aber Ausnahmen: 4'478 zweieiige Zwillinge mit unterschiedlichem Geschlecht (ein Mädchen und ein Knabe). In dieser Gruppe fanden die Forscher 32 Erkrankungen bei den Frauen, 27 Erkrankungen bei den Männern. Da war der Anteil der männlichen Betroffenen höher als erwartet.
Die Forscher vermuten die Ursache dafür in einem noch unbekannten Hormon, das die Mutter bei weiblichen Föten vermehrt freisetzt und das als Grundlage für die Entwicklung einer Magersucht dienen könnte. Im Falle eines geschlechtlich unterschiedlichen Zwillingspaares wirkt dieses Hormon während der Schwangerschaft auf beide Zwillinge, was das gleich grosse Risiko für Bruder und Schwester erklären könnte.
06.12.2007