Musik senkt Schmerzmittelbedarf nach Operation
Dass Kunst in Form von Musik oder Malerei eine positive Wirkung auf Patienten – und damit auf den Genesungsprozess – haben kann, scheint naheliegend. Chirurgen am USZ haben weltweit durchgeführte Studien auf die Wirksamkeit von Kunst hin untersucht.
Dabei wurden Musik, bildliche- und räumliche Kunst, Raumfarbe, Raumgestaltung als auch Licht – letzteres als Ausdruck der Zimmerarchitektur – als Kunst betrachtet. Mitautorin und Koordinatorin der Studie war Dr. Diana Vetter, Oberärztin an der Klinik für Viszeral- und Transplantationschirurgie am UniversitätsSpital Zürich (USZ). Die Studie wurde im November im renommierten Magazin Annals of Surgery veröffentlicht. Von den 48 Studien analysierten 47 den Effekt von Musik auf Patienten und eine den Effekt von Sonnenlicht auf Patienten. Die Wirkung der jeweiligen Kunstform wurde anhand des Einsatzes von Schmerzmitteln, dem Faktor Stress sowie den physiologischen Parametern Blutdruck und Herzfrequenz gemessen. Sämtliche Studien wurden mit Kontrollgruppen durchgeführt.
Moderate aber konstante Reduktion der Schmerzmittel
Aus der Analyse ergab sich, dass Musik bei Patienten nach der Operation zu einer moderaten, aber konstanten Reduktion des Schmerzmittelbedarfs, des Stresses und damit auch des systolischen Blutrucks und der Herzfrequenz führt. Dieser positive Effekt war für selbst ausgewählte Musik in allen gemessenen Bereichen messbar und deutlich weniger vorhanden bei fremd-bestimmter Musik. Dr. Diana Vetter stellt fest: « Es gibt keine One-Music-fits-all. Die Wirkung von Musik ist nur sehr individuell auslösbar.» Wichtig ist dabei auch, dass die Musik über Ohrhörer direkt konsumiert wird. Vetter: «Die Abgrenzung zu Lärm, also einer Dauerbeschallung im Hintergrund, ist enorm wichtig.»
Abstrakte Bilder erhöhen den Stress
Auch bildliche Kunst hat eine vergleichbare Wirkung auf die Patienten. Die Studienergebnisse einer weiter zurückliegenden Studie zeigen, dass beispielsweise Landschaftsbilder anstelle einer blanken Wand zu deutlicher Stressreduktion sowie Schmerzminderung beitragen. Abstrakte Bilder hingegen erhöhten den Stress und Schmerzmittelbedarf. Vetter: «Das legt die Schlussfolgerung nahe, dass nicht verstandene Kunst den Stress erhöht. Die logische Konsequenz wäre, um die Genesung bei Patienten zu beschleunigen, diese in den Gestaltungsprozess des Raumes einzubeziehen, beispielsweise über selbst mitgebrachte digitale Bilder, die auf Bildschirmen gezeigt werden.»
Kunst bereits im Einsatz
Ärzte am USZ haben die Wirkung der Kunst auf die Patienten schon lange erkannt und genutzt. Insbesondere in der Komplementärmedizin ist die Wirkung von weichen Faktoren bekannt. Für die Meta-Analyse der Studien war der Ansatz der integrativen Medizin, als Kombination von Verfahren aus konventioneller und komplementärer Medizin besonders wichtig. Prof. Dr. med. Claudia Witt, Direktorin des Instituts für komplementäre und integrative Medizin am USZ, die die Studie mit entwickelte, stellt fest: «Kunst kann das Wohlbefinden von Patienten beeinflussen. Wir haben mit der Kunstsammlung des Kantons Zürich darauf geachtet, dass die Kunst in unserem Institut Teil des Gesamtkonzept ist».
Auch Prof. Dr. med. Heike A. Bischoff-Ferrari, Direktorin der Klinik für Geriatrie, USZ, hat Ihre Abteilung einerseits mit einem Farbkonzept gestaltet und andererseits ein Kunstkonzept in die Behandlung Ihrer Patienten integriert. Zitat Bischoff-Ferrari: «Die Klinik für Geriatrie am USZ möchte Ihre Patienten mit Bildern in Ihrer Genesung unterstützen. Aktuell stellt der Züricher Künstler Bernd Alder seine Bilder bei uns aus. Er ein international bekannter Künstler, der versteht mit frohen Farben und Szenerien den Betrachter zu erfreuen. Mit seinen Bildern erzählt Bernd Alder Geschichten, die unsere Patienten zum Flanieren überreden und Begegnungen ermöglichen. Bernd Alder stellt seine Bilder für zwei Jahre auf der Klinik für Geriatrie aus – die Bilder und deren Geschichten werden in dieser Zeit immer wieder neu gemalt. Jeder Patient hat ein Bild im Zimmer und falls es nicht passt, wird das richtige Bild gesucht und gefunden.»
Gottfried Honegger gestaltete Patientenzimmer
Nach einem Aufenthalt am USZ anerbot der bekannte 96-jährige Künstler Gottfried Honegger, einen Bereich mit Patientenzimmern so zu gestalten, dass Farben und künstlerische Elemente den Genesungsprozess unterstützen. «Die Medizin und die Kunst als Symbiose schenken uns Menschen eine gesunde Lebensgemeinschaft», so Gottfried Honegger. Prof. Dr. Pierre-Alain Clavien, Direktor der Klinik für Viszeral- und Transplantationschirurgie, zeigte sich von der Idee spontan angetan: «Kunst, idealerweise personalisiert, kann bei Patienten Stress und Schmerzen vermindern».
Lesen Sie das Interview mit Gottfried Honegger in unserem Blog unter http://blog.usz.ch/cms/farben-sind-aktive-kraefte-die-der-seele-sinn-mut-und-schoenheit-schenken/.. Dort finden Sie auch ein Beispiel der von Gottfried Honegger gestalteten Patientenzimmer am USZ.
28.12.2015