Nahrungsmittelallergie: Die Gefahr lauert im Essen
Allergieauslösende Substanzen können innerhalb weniger Minuten einen allergischen Schock auslösen. Die bedrohlichsten Allergene stecken in Lebensmitteln. Davon berichten Mediziner am diesjährigen Allergie- und Immunologiekongress in Wien.
Allergischer (anaphylaktischer) Schock oder Anaphylaxie nennt man eine schwere lebensbedrohliche Überempfindlichkeitsreaktion auf irgendwelche Allergene (allergieauslösende Substanzen).
Etwa fünf Prozent der Betroffenen sterben an einer Anaphylaxie.
Auf einen anaphylaktischen Schock weisen folgende Merkmale hin:
- Plötzliches Auftreten (innerhalb weniger Minuten oder Stunden) nach Nahrungsaufnahme
- Rapider Blutdruckabfall
- Stark erhöhte Herzfrequenz
- Der Kreislauf bricht zusammen, der Patient wird bewusstlos. Das ist ein Notfall.
Schon geringe Mengen einer allergieauslösenden Substanz (Allergen) können bei Menschen mit einer bekannten Allergie eine Anaphylaxie auslösen. Etwa 5% sterben daran, sagen die Mediziner.
Die Mediziner berichten, dass diverse Nahrungsmittel Spitzenreiter für allergische Reaktionen sind. Sie zitieren aus verschiedenen Studien, worin sogar regionale Unterschiede der Allergene, die eine Anaphylaxie auslösen können, beschrieben werden.
So scheinen zum Beispiel in den USA und Grossbritannien Erd- und Baumnüsse zu den häufigsten Allergie-Auslösern zu gehören. In Frankreich und Australien hingegen gehören Hühnerei, Schalentiere und Fisch zu den hauptverantwortlichen Allergenen für einen tödlich verlaufenden anaphylaktischen Schock. In der Schweiz wiederum ist Sellerie eines der bekanntesten Allergene für starke Allergiereaktionen, so die Mediziner.
Kinder reagieren bekannterweise anders als Erwachsene. Bei Kindern – vor allem Kleinkindern - sind Milch, Eier, Nüsse, Soja und Weizen als Hauptallergieauslöser bekannt. Solche Reaktionen verschwinden dann im Erwachsenenalter oftmals wieder. Fische, Schalentiere, Nüsse und Sellerie machen bei Erwachsenen die häufigsten schweren allergischen Beschwerden. Dafür seien Kinder öfter von schwersten bis tödlich verlaufenden Reaktionen betroffen. In den meisten Fällen passiere dies aus Unkenntnis darüber, dass das Kind überhaupt allergisch auf eine gewisse Substanz ist, so die Mediziner.
Die Experten weisen darauf hin, dass nicht jedes aufgenommene Allergen sofort einen anaphylaktischen Schock auslösen muss. Es können sich zunächst – nach Nahrungsaufnahme, manchmal auch Tage später – leichte Beschwerden wie Nesselsucht oder ein allergischer Schnupfen (Rhinitis) bemerkbar machen. In ganz schweren Fällen kommt es aber zu den typischen Zeichen des anaphylaktischen Schocks>>.
EU-Richtlinien
Seit November 2003 gibt es neue EU-Richtlinien zur Nahrungsmittelkennzeichnung. Sie soll Allergiker vor solchen Gefahren schützen. Die Mediziner vom Kongress bemängeln jedoch die Umsetzung dieser Richtlinien; in vielen europäischen Ländern gehe die Umsetzung nur sehr schleppend voran.
Dabei sei den Allergikern zu wünschen, dass sie z.B. beim Essen in einem Restaurant einen genauen Überblick zu den verarbeiteten Zutaten bekämen und sie so vor bekannten Allergenen und deren bösen Folgen schützen könnten.
Empfehlungen für Allergiker
Menschen mit bekannten Allergien auf Nahrungsmittel empfehlen die Experten:
- Die Zutatenliste im Restaurant genau zu prüfen oder zu erfragen
- Auf bekannte Allergien hinzuweisen
- Sich über die Möglichkeiten zur Vorbeugung und Behandlung allergischer Reaktionen gut zu informieren
- Einen Allergiepass mit Auflistung der bekannten Allergenen auf sich zu tragen
- Ein Notfallset mit einem Antihistaminikum, Adrenalin sowie einem Kortison-Präparat bei sich zu tragen.
Dies gilt selbstverständlich nicht nur für Nahrungsmittelallergiker, sondern auch für Menschen, die z.B. auf Insektenstiche allergisch sind.
Die Mediziner zitierten aus folgenden Studien:
- Burks WA, Sampson HA, Anaphylaxis and Food Allergy, in "Food Allergy and Adverse Reactions to Food and Food Additives" 3rd edition
2003, Blackwell publishing, D. Metcalfe, H Sampson, R Simon eds: 192-205. - Bock SA, Munoz-Furlong A, Sampson HA. Fatalities due to anaphylactic reactions to foods. J Allergy Clin Immunol 2001; 107: 191-193.
- Pumphrey RS, Stanworth SJ. The clinical spectrum of anaphylaxis in northwest England. Clin Exp Allergy 1996; 26: 1364-1370.
- Rohrer CL, Pichler WJ, Helbling A. Anaphylaxie: Klinik, Aethiologie und Verlauf bei 118 Patienten. Schweiz Med Wochenschr 1998; 128: 53-63.
- Ewan PW, Clark AT. Long-term prospective observational study of patients with peanut and nut allergy after participation in a managment plan. Lancet 2001; 357: 111-115.
15.06.2006