Präparate gegen Verstopfung: Fakten statt Märchen
Obwohl die gute Wirkung hauptsächlich der Sennalaxanzien (Pflanzlicher Wirkstoff gegen Verstopfung) belegt ist, halten sich selbst bei Fachleuten hartnäckige Vorstellungen über Nebenwirkungen, Abhängigkeit sowie Toxizität. Ein Artikel mit dem Versuch hier Klarheit zu schaffen aus dem Fachblatt ArsMedici des Rosenfluhverlages.
Bei Menschen, die nicht mehr viel Bewegung haben und wenig trinken (z.B. bei Heimbewohnern) ist die Rate noch höher. Frauen sind fast dreimal so häufig betroffen wie Männer.
Es wird unterschieden zwischen Verstopfung aus organischen und Verstopfung aus funktionellen Gründen.
Definition der funktionellen Obstipation
- Weniger als drei Stuhlgänge pro Woche
- Mindestens ein Viertel der Stuhlgänge sind sehr hart und erfordern heftiges Pressen
- Häufig ein Gefühl der unvollständigen Entleerung oder anale Blockierungen
- Manuelle Manöver sind bei mindestens einem Viertel der Stuhlentleerungen notwendig
Mögliche Ursachen für chronische Verstopfung
Organische Verstopfung
- Nebenwirkung von Medikamenten (trizyklische Antidepressiva, Eisenpräparate, Opiate, aluminiumhaltige Antazida, Entwässerungsmittel usw.)
- Krankheitsbedingt: Diabetes mellitus, Schilddrüsenüberfunktion, Störungen im Kaliumhaushalt, Sklerodermie (Bindegewebserkrankung), Amyloidose (Proteinstoffwechselstörung) etc.
- Schwangerschaft
- Darmkrebs
Funktionelle Verstopfung
Hier steht im Allgemeinen der ungesunde Lifestyle im Vordergrund der zu Verstopfung führt: Faserarme Ernährung, zu geringe Flüssigkeitsaufnahme, zu wenig Bewegung, Stress, bei jungen Frauen Beckenbodendysfunktion - meist ebenfalls ausgelöst durch psychische Belastungen. Aber auch angeborene Darmfunktionsstörungen können die Ursache einer funktionellen Verstopfung sein, zum Beispiel durch einen zu langsamen Transport des Darminhaltes.
Nicht medikamentöse Behandlungsmöglichkeiten der chronischen Verstopfung - Fakten
- Überprüfung der Toilettengewohnheiten: Der Gang zur Toilette sollte regelmässig (am besten immer zur selben Zeit) und nicht unter Stress erfolgen.
- Ernährung: Die Aufnahme von Nahrungsasern aus Ballaststoffen vergrössert und verdichtet das Stuhlvolumen, was die Entleerungsfrequenz erhöht.
- Flüssigkeit: Genügend Flüssigkeit verhilft ebenfalls zu einer erhöhten Entleerungsfrequenz.
- Körperliche Tätigkeit fördert die Stuhlfrequenz und sollte die die Ergänzung zu einer vorwiegend sitzenden Lebensweise sein. Bewegungsmangel zum Beispiel bei Bettlägerigkeit hingegen fördert eine Verstopfung.
Märchen die sich hartnäckig halten
Vor allem für die positive Wirkung bei Verstopfung durch die erhöhte Aufnahme von Nahrungsfasern oder von mehr Flüssigkeit gibt es keine wissenschaftlichen Belege. Bei gesunden Menschen ohne Verstopfungsproblematik können diese beiden Massnahmen allerdings präventiv wirken. Nebenwirkung: Nahrungsfasern erhöhen bei vielen Menschen die Gasbildung was zu Blähungen führt.
Abführmedikamente: Laxantien und ihr schlechter Ruf
Es stehen im Wesentlichen drei Gruppen unterschiedlicher Wirkstoffe zur Verfügung: Ballaststoffe, osmotisch wirkende Abführmittel (Glauber- und Bittersalze, zuckerhaltige Laxantien) sowie stimulierende, pflanzliche Laxantien (z.B. Senna).
Die Hauptaufgabe der Wirkstoffe: Erhöhung des Wassergehaltes im Darminhalt und damit Erhöhung des Stuhlvolumens, was die Darmtätigkeit anregt und die Darmentleerung beschleunigt.
Senna, Sennalaxantien - Besser als ihr Ruf
Eine wichtige Pflanze zur Herstellung von stimulierender Laxanzien stammt aus der Gattung Senna. Die arzneilich verwendeten Blätter und Früchte stammen von Senna alexandrina. Es wird deshalb auch von Sennalaxantien gesprochen. Wirkstoffe aus Sennapflanzen sind die am häufigsten untersuchten Laxantien und wurden bereits von Paracelsus beschrieben: Er empfahl bei Verstopfung Senna zusammen mit Lauch und Wermut einzunehmen. Senna erhöht die motorische Aktivität des Darms und vermindert die Wasserrückresoption. In der Regel führt dies nach 8 Stunden zu einem Stuhlgang.
Trotzallem bestehen sowohl bei den Fachleuten wie auch bei der Bevölkerung weiterhin zahlreiche und hartnäckige Vorurteile. Die häufigsten sind: Sennaprodukte machen abhängig, es kommt zu einer Dosisgewöhnung, zu erhöhten Elektrolytverlusten sowie zu einer erhöhten Toxizität. Auch die Meinung, dass Sennaprodukte Schäden am Darm verursachen und damit das Krebsrisiko erhöhen, hält sich hartnäckig.
Dagegen halten die Experten: In neueren Studien konnte keine krebserregende Wirkung oder eine erhöhte Toxizität durch Sennalaxantien festgestellt werden. Die früheren Vermutungen beruhten nur auf Tier- und Laborexperimenten. Stuhlverfärbungen waren reversibel und neurologische Veränderungen im Verdauungsbereich wurden keine festgestellt. Selbst nach längerer Einnahme von Sennaprodukten konnte kein erhöhter Eleketrolytverlust festgestellt werden. Hingegen kommt dies häufig vor beim missbräuchlichen Konsum von Sennaprodukten, der dann zu Durchfällen führt.
Warnung vor Selbstmedikation
Der Missbrauch solcher Laxantien (Laxanienabusus) war grosser Bestandteil des schlechten Rufes der Sennalaxantien. Vor allem junge Frauen, die mit Laxantien ihr Gewicht regulieren, konsumieren häufig weit über die empfohlene Dosis hinaus. Auch Personen mit echten psychischen Störungen nehmen – nebst anderen Medikamenten - häufig weit mehr als die übliche Tagesdosis dieser kostengünstigen und rezeptfreien Medikamente ein. Diese Umstände belegen deutlich, dass nicht die Laxantien das Problem seien, so die Experten.
1999 haben führende Fachleute im Rahmen des Forums „Obstipation und Laxantien“ ein Konsensuspapier verfasst. Darin steht: „Wenn die Dosis eines Laxans einen weichen, nicht flüssigen Stuhl produziert, besteht kein Risiko eines Flüssigkeits- und Elektrolytverlustes oder gar einer Schädigung des Darms – auch nicht bei einer chronischen Einnahme.“
Weiter bestehe auch kein erhöhtes Krebsrisiko, keine erhöhte Toxizität und keine Gewöhnung bei der längerfristigen Einnahme von Sennaprodukten, wurde in diesem Konsensuspapier ebenfalls festgehalten.
Leider werde dieses Papier immer noch von vielen Ärzten und Apothekern nicht beachtet und falsche Vorstellungen über den Gebrauch von Laxantien somit nicht aus dem Weg geräumt, bedauern die Experten.
02.11.2011