Sport ist Kopfsache
Erschöpfung nach sportlicher Betätigung ist nicht Muskel- sondern Kopfsache. Das Gehirn reagiert, bevor die Muskeln geschädigt werden können.
Das dann ausgelöste Gefühl der Erschöpfung vermindert die Leistungsfähigkeit und schützt so die Muskeln vor Schäden. Diese Erkenntnis könnte die Basis sein auch für Therapien bei chronischen Erschöpfungszuständen, die Erkrankungen wie Krebs oder MS begleiten.
Wenn Muskeln bei starker Beanspruchung irgendwann nicht mehr genug Brennstoff oder Sauerstoff zur Verfügung haben, beginnt ihre Funktion nachzulassen und ein Erschöpfungszustand stellt sich ein – das war lange Zeit die gängige Erklärung für die typische bleierne Müdigkeit nach einer intensiven sportlichen Betätigung. Erst seit etwa zwei Jahren beginnen Wissenschaftler umzudenken, denn einige Befunde aus der Sportwissenschaft passen nicht zur bisherigen Theorie. So haben die meisten Athleten beispielsweise auch nach einem Marathonlauf noch genügend Muskeltreibstoff in Reserve, um einen Endspurt hinzulegen.
Vielmehr scheint das Gehirn als eine Art Schaltzentrale zu wirken: Es erzeugt das lähmende Erschöpfungsgefühl, damit die Muskeln nicht bis an die Grenze ihrer Leistungsfähigkeit belastet werden und immer noch genügend Reserven für einen Notfall zur Verfügung stehen. Den Zeitpunkt dieses Eingreifens bestimmt dabei offenbar der Botenstoff Interleukin-6, entdeckten die Forscher: Nach intensivem Sport steigt die Konzentration dieses Signalmoleküls im Blut auf das 60- bis 100fache des normalen Spiegels an. Ein weiterer Test bestätigte den Wissenschaftlern, dass die erhöhte Konzentration tatsächlich die Erschöpfung verursachte: Wurde geübten Läufern eine Dosis Interleukin-6 gespritzt, liess ihre Leistungsfähigkeit deutlich nach und sie wurden langsamer.Die Entdeckung könnte in Zukunft die Behandlung von Erschöpfungszuständen nach dem Sport verbessern, schreibt der "New Scientist". Ausserdem bestehe die Hoffnung, eine Therapie gegen die so genannte Fatigue zu finden, die häufig bei Krebspatienten auftritt und durch chronische Erschöpfungszustände gekennzeichnet ist.
07.03.2005