Tablettensucht bei Jugendlichen verbreitet
Die Ursachen für den Griff zu illegalen Schlaf- oder Beruhigungsmittel sind vielfältig: Nebst Stress, Angst und Verzweiflung spielen auch die „Gelegenheit“, Geld und die Beziehung zu Eltern und Freunden eine grosse Rolle.
Im Folgenden die Resultate der Umfrage der Schweizer Schüler einer europaweit gestarteten Studie (ESPAD).
Schlafstörungen, Verzweiflungs- oder Angstzustände, Schulstress, Stress zu Hause oder mit Kollegen sind Faktoren, die Jugendliche oder deren Eltern dazu bringen sich Medikamente von einem Arzt verschreiben zu lassen.
Später versuchen viele Jugendliche illegal und ohne ärztliche Verschreibung an die Tabletten zu kommen. Dabei handelt es sich meist um Benzodiazepine, die ein grosses Suchtpotenzial haben und das Gedächtnis und die Lernfähigkeit negativ beeinflussen.
7’000 Schüler, zwischen 13- und 17 Jahren, wurden nach ihrem "Drogenkonsum" befragt. Nebst Zigaretten, Alkohol, Cannabis und anderen illegalen psychoaktiven Substanzen interessierte die Studienautoren vor allem die Einnahme von Schlaf- und Beruhigungsmitteln, ohne oder mit ärztlicher Verschreibung.
Folgende Fragen standen im Zentrum:
- Häufigkeit der Einnahme von rezeptpflichtigen Schlaf- oder Beruhigungsmitteln
- Beschaffung der Schlaf- oder Beruhigungsmittel
- Hauptrisikofaktoren für die Einnahme solcher Medikamente
Ausmass des Konsums der 7000 befragten Jugendlichen
Anteil der Jugendlichen, welche mindestens einmal in ihrem Leben folgende Substanzen konsumiert hatten:
- Schlaf- und Beruhigungsmittel, ärztlich verordnet: 9% Jungen, 12% Mädchen.
- Schlaf- und Beruhigungsmittel, nicht ärztlich verordnet: knapp 4% Jungen, 8% Mädchen.
132 Jungen und 293 Mädchen gaben an, bereits einmal Schlaf- oder Beruhigungsmittel ohne ärztliche Verordnung eingenommen zu haben. Diese wurden gefragt, ob und bei wie vielen Gelegenheiten sie später wieder solche Substanzen konsumiert hatten: Die Jungen noch etwa 8 mal und die Mädchen etwa noch 7 mal.
Angaben zu Einnahme von anderen illegalen Substanzen: 3.5% aller Jungen und 8% der Mädchen gaben an, verschiedene Male solche Drogen probiert zu haben.
Einstiegsalter
Die meisten Jugendlichen gaben an, im Alter zwischen 14 bis 16 das erste Mal psychoaktive Substanzen konsumiert zu haben. Dabei variieren die Altersangaben bei Mädchen und Jungen praktisch nicht. Die meisten begannen kurz vor oder während dem 15. Lebensjahr.
Wie einfach ist die Beschaffung von Schlaf- oder Beruhigungsmitteln?
- 49% der Jungen und 43% der Mädchen finden die Beschaffung der folgenden Substanzen einfach: Tabak, Alkohol, Schlaf- und Beruhigungsmittel ohne ärztliche Verschreibung und Cannabis.
- 10% der Jugendlichen gaben an, dass die Beschaffung von psychoaktiven Substanzen (Pilze, Ecstasy, Amphetamine) sehr einfach ist.
Hauptrisikofaktoren für die Einnahme illegaler Medikamente
- Alter und Geschlecht: Das Einstiegsalter liegt bei Jungen und Mädchen zwischen 13 und 17 Jahren, wobei das "schlimmste" Jahr das 15. Lebensjahr ist.
- Freizeit: wie oft die Jugendlichen ausgehen, scheint keine Rolle für die Häufigkeit des Konsums zu spielen.
- Geld: Je wohlhabender die Elternn und der Jugendliche selbst ist, desto höher sind die Ausgaben für Schlaf- oder Beruhigungsmittel.
- Schulleistungen: Die Anzahl "geschwänzter" Schultage scheint gleichbedeutend zu sein mit der Anzahl "Gelegenheiten zum Konsum".
- Familiensituation: Hier ist die Beziehung zu Vater oder Mutter entscheidend: je besser die Beziehung zu den Eltern, desto kleiner der Konsum. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Eltern getrennt oder zusammen leben.
- Freunde: Je mehr gute Freunde die Jugendliche haben, desto kleiner scheint das Risiko für den Konsum von Medikamenten oder Drogen zu sein. Freunde jedoch, die selber Schlaf- oder Beruhigungsmittel konsumieren, erhöhen das Risiko, selber etwas zu konsumieren, um bis das Dreifache.
- Originalstudie >>
25.01.2006