Teure, gestresste Patienten
Wissenschaftler der Universität Graz stellten fest, dass gestresste Menschen sich von Operationen weniger schnell erholen und deshalb das Gesundheitssystem teurer zu stehen kommen.
Patienten mit gutem Erholungspotential genesen nach einer Operation schneller, können die Intensivstation früher verlassen und generieren dadurch weniger Gesundheitskosten.
Dies stellte das Institut für Psychologie der Universität Graz fest und hielt fest, dass Patientenorientierung und Wirtschaftlichkeit des Krankenhausmanagements kein Widerspruch sein müssten.
Die Forscher gingen davon aus, dass ein modernes Stresskonzept die Komponente der Erholung in die Ökonomiebilanz einbeziehen müsste. Um den Zusammenhang zwischen Stressbewältigung und der Genesung nach Operationen beschreiben zu können, sei es notwendig, die individuellen Möglichkeiten mit Stress fertig zu werden und die psycho-physischen Ressourcen eines Menschen zu berücksichtigen. Es sei nämlich durchaus möglich, dass eine Person trotz negativer Voraussetzungen zur Stressbewältigung Gelegenheit zur Entspannung finde.
Die Forscher verstehen unter "Stress" einen Zustand, in dem der Gesamtorganismus aus dem Gleichgewicht gerät. Dies äussere sich nicht nur in einem negativen Befinden, sondern auch in Störungen des sozialen Verhaltens und der physiologischen Funktionen.
Fast alles, was von aussen kommt, wird innen gefiltert. Sind die Filter intakt, verhindern sie, dass Stressfaktoren einen Menschen aus dem Gleichgewicht bringen. Damit sie ihre Funktion aufrecht erhalten können, sind Erholungsprozesse notwendig. Zu den Voraussetzungen für ein positives Stressmanagement zählen soziale Kontakte und Beziehungen, Erfolg im Berufsleben und Selbstvertrauen. Einsamkeit, mangelnde Bestätigung und Ängste wirken sich negativ aus.
Um der Bedeutung von Stress und Erholung bei Operationen auf den Grund zu gehen, wurden mehr als 1’000 Patienten im Grazer Allgemeinkrankhenhaus befragt. Eine weitere Untersuchung an mehr als 100 Patienten wurde auch in Deutschland durchgeführt. Dabei gab es nach Aussagen von Kallus klare Resultate.
Fazit der Autoren
Stressmanagement spielt eine Rolle bei Operationen, wenn man die Fähigkeit zur Erholung mit einbezieht. Ein unausgeglichener Stress-Erholungszustand senkt die biopsychologische Fitness und erhöht das Risiko, länger auf der Intensivstation bleiben zu müssen, die Operation nicht so gut zu bewältigen, sich generell nachher viel schlechter zu fühlen als besser erholte Menschen.
Um den Patienten vor einem Eingriff optimal abzuklären, müssten die körperliche und seelische Fitness in die Vorbereitungen einbezogen werden. Das könne mit Hilfe eines Fragebogens zum Befinden und dem Erholungszustand geschehen.
Damit könne das weitere Vorgehen von der Medikation bis zum Operationstermin individuell abgestimmt werden. Besonders wichtig sei dies bei grösseren Eingriffen wie Herz-, Gefäss- oder Hüftoperationen. Die Planung zum Wohle der Patienten würde sich auch für die Krankeninstitution rechnen. Erholte Menschen würden nämlich nach der Operation weniger Zeit im Aufwachraum verbringen und könnten die Intensivstation bis zu einem Tag früher verlassen.
16.11.2004