Warum sich Krebsfälle in Familien häufen
Bisher ging man davon aus, dass familiäre Krebsanhäufungen rein genetisch bedingt sind. Eine Datenanalyse des Deutschen Krebsforschungszentrum von über 850'000 Krebspatienten zeigt jedoch, dass es auch an Früherkennungsdiagnosen liegt.
Sie analysierten Daten aus dem schwedischen Familienkrebsregister. Dabei ging es den Forschern um die Erkrankungshäufigkeit von fast 1.7 Millionen Nachkommen und Geschwistern von rund 850'000 Krebspatienten.
Untersucht wurden Fälle von Brust-, Darm-, Lungen-, Gebärmutterhals- und Prostatakrebs sowie von Melanomen (Schwarzer Hautkrebs). Als Kontrollpersonen galt die schwedische Allgemeinbevölkerung.
Die Wissenschaftler mutmassten, dass die Sorge, selber an Krebs zu erkranken, bei nahen Verwandten von Krebskranken ein Frühwarnsystem auslöst und sich die Verwandten früher zu einer Kontrolluntersuchung entschliessen. Dabei würden vermehrt Tumore im Frühstadium diagnostiziert, die unter Umständen nie entdeckt worden wären.
Auf Grund dieses Frühwarnsystems müssten im ersten Jahr einer Krebsdiagnose gehäuft weitere Tumore bei nahen Familienmitgliedern festgestellt werden. In den nachfolgenden Jahren sollte dieses Risiko aber wieder zurückgehen, vermuteten die Mediziner.
Die Wissenschaftler fanden ihren Verdacht bestätigt: Bei Töchtern mit Müttern, die an Brustkrebs erkrankt waren, wurde im ersten Jahr nach der mütterlichen Diagnose 4.78 mal häufiger Brustkrebs festgestellt als bei der Kontrollgruppe. Fünf Jahre später hingegen war kaum noch eine familiäre Häufung feststellbar. Der bösartige Hautkrebs Melanom wurde bei nahen Verwandten im ersten Jahr nach Erstdiagnose acht Mal häufiger festgestellt.
Auch bei Geschwistern von Krebspatienten konnte man ein steigendes Risiko feststellen und zwar beim lokal begrenzten Brust- und Gebärmutterhalskrebs sowie bei Prostatakrebs.
Fazit der Autoren
Die Statistik von familiär gehäuften Krebsdiagnosen könne durch Früherkennungsdiagnosen künstlich angehoben werden. Der Effekt des Frühwarnsystems müsse unbedingt in die Beratung einbezogen werden, um „potentielle“ Kranke nicht unnötig zu verunsichern.
Bermejo und Hemminki publizierten ihre Ergebnisse im Journal of the National Cancer Institute.
14.11.2005