Wechseljahrbeschwerden: Kulturell bedingt?
Die Italienerinnen schminken sich, die Japanerinnen kennen „Hitzewallungen“ nicht, die Nordeuropäerinnen nehmen Abschied vom Frausein. Die Wechseljahrbeschwerden sind nicht nur biologisch bedingt, das beweisen kulturelle Unterschiede.
Mitten im Leben sind sie plötzlich da- die Wechseljahre. Und während sich die aktiven, lebensbejahenden Europäerinnen bisher jung und attraktiv fühlten, kommen nun, mit den ersten Hitzewallungen, plötzlich auch ambivalente Gefühle. Angstgefühle vor Verlust, Alter und Krankheit können auftreten.
In andern Ländern der Welt freuen sich die Altersgenossinnen auf die Veränderung und begrüssen grössere Unabhängigkeiten und Freiheiten. In Nordindien z.B. heisst das, dass die Frauen keine Schleier ausserhalb des Hauses mehr tragen müssen.
Viele Studien belegen: Die Wechseljahre haben zwar eine biologische Basis. Doch wie eine Frau sie empfindet, ist stark abhängig von der Kultur, in der sie lebt. Werden Wechseljahresbeschwerden in ihrer Umgebung intensiv thematisiert? Wird die Menopause als eine Krankheit (Hormonmangelerkrankung) betrachtet? Welchen Status haben reife Frauen? Sind sie anerkannt? Wie wichtig ist ein jugendliches Aussehen?
Thailänderinnen: Begrüssung des Endes der Fruchtbarkeit
In Ländern in denen die weibliche Hauptaufgabe darin besteht, viele Kinder zu gebären, lösen die Wechseljahre bei Frauen ebenfalls oft ein Gefühl der Befreiung aus. In Thailand gibt es sogar Regionen, in denen die Bezeichnung für die Menopause "keine Babys mehr" lautet. Dagegen wird eine Frau im Norden Europas, die ungewollt kinderlos ist, bei Beginn des Klimakteriums eher traurig.
Japan: Kein Begriff für „Hitzewallungen“
Auch Ernährungsgewohnheiten spielen eine Rolle: So leiden Japanerinnen kaum unter Hitzewallungen, was viele Wissenschaftler auf die stark sojahaltige Ernährung zurückführen. Die einzigen Beschwerden, die Japanerinnen etwas häufiger nennen, sind Schultersteifheit, Kopfschmerzen und Schwindel. In Japan - und auch bei den Maja-Indianer - gibt es nicht einmal einen Begriff für Hitzewallungen.
Nordeuropäerinnen: Schlabberrock oder figurbetont
Selbst innerhalb Europas variiert der Umgang mit den Wechseljahren. Deutsche Frauen bevorzugen ab Mitte 50 häufig einen geschlechtsneutralen Stil - kurze Haare, weite Strickpullover, Anorak, Halbschuhe, Rucksack. Es scheint, als hätten sie von ihrer Weiblichkeit Abschied genommen.
Dass dies nicht nötig ist, beweisen viele Italienerinnen und Französinnen: Sie schminken sich mit 70 noch, kleiden sich figurbetont und zeigen Dekolleté.
08.03.2005