Himalaya-Salz: Was ist davon zu halten?
Bald in jedem zweiten Schaufenster von Reformhäusern, Apotheken oder Drogerien werden zur Zeit diese rosafarbenen Salzkristalle angepriesen. Sie sind wunderschön anzuschauen und sollen zudem ganz ausserordentlich gesund sein.
Himalaya-Salz sei ein natürliches, aus dem Himalaya-Gebirge von Hand gewonnenes Salz. Das Salz stamme aus einem der Urmeere und sei gemäss Werbeaussagen 250 Millionen Jahre alt.
Wer nun davon beeindruckt ist, muss wissen, dass auch Schweizer Salz aus einem Urmeer stammt und über 200 Millionen Jahre alt ist. Schweizer Salz wird zwar maschinell gewonnen, ist aber genau so natürlich.
Und doch bestehen Unterschiede zwischen dem Himalaya-Salz und unserem Schweizer Salz.
Salzgewinnung
Das Himalaya-Salz, welches in den Schweizer Verkaufsregalen zu finden ist, werde von Hand aus Salzstollen gewonnen, verarbeitet, gewaschen und an der Sonne getrocknet. Schon mit dem Hinweis auf manuelle Gewinnung wird Exklusvität und damit ein gesundheitlicher Mehrwert suggeriert. Allerdings fragt sich, ob diese archaische Gewinnungsmethode die Qualität des Produkts wirklich fördert.
Das Schweizer Salz hingegen wird mittels der Laugungstechnik aus den Gesteinsschichten gelöst. Dazu wird Trinkwasser in die bis zu 400 m tief gelegenen Steinsalz-Gesteinsschichten gepumpt. Das Wasser löst das Salz sowie weitere lösliche Mineralstoffe aus dem Gestein. Das entstandene Salzwasser wird anschliessend hinaufgepumpt, gereinigt, in Verdampfern auskristallisiert und anschliessend getrocknet.
Salzzusammensetzung
Himalaya-Salz enthalte viele gesunde Mineralstoffe und Spurenelemente. Wenn man den Anbietern glauben kann, sind es nicht weniger als 84 verschiedene Inhaltsstoffe. 98.1% dieses Salzes sind jedoch ganz gewöhnliches Natriumchlorid. Auf die restlichen knapp 2% verteilen sich die übrigen Elemente, welche damit in zu geringer Menge vorkommen, um auch nur im entferntesten einen nennenswerten Anteil an der täglichen Bedarfsdeckung zu leisten. Damit kann man dem Himalaya-Salz mit dem besten Willen keinen besonderen gesundheitlichen Nutzen zuschreiben.
Wer ausserdem die im Internet publizierten Nährstoff-Analysen des Himalaya-Salzes genau betrachtet, dem fallen weitere Unregelmässigkeiten auf. Die Summe der einzelnen Elemente ergibt beispielsweise weit mehr als 100%, obwohl nicht einmal 30 der in der Werbung so hoch gelobten 84 Elemente aufgeführt sind. Viele Elemente werden auch einfach aufgelistet und beeindrucken mit ihren wissenschaftlichen Bezeichnungen potentielle Käufer. Sie wurden im Salz jedoch gar nicht gefunden, da sie entweder überhaupt nicht oder nur in so geringen Mengen vorkommen, dass sie analytisch nicht nachgewiesen werden konnten. Es handelt sich hier also um einen faulen Trick der Anbieter.
Schweizer Kochsalz ist etwas stärker gereinigt und besteht zu 99.8% aus Natriumchlorid. Dafür wird das Kochsalz in der grünen Verpackung mit Jod (20 mg / kg) und Fluor (250 mg / kg) angereichert. Dank der Jodierung des Kochsalz konnten die typischen Jodmangel-Erkrankungen wie Kropf und Kretinismus in der Schweiz praktisch ausgemerzt werden. Fluor seinerseits ist wichtig für die Knochen- und Zahngesundheit.
Schweizer Kochsalz enthält ausserdem Antiklumpmittel, damit das Salz rieselfähig bleibt. Reiskörner braucht es also schon lange nicht mehr. In der Schweiz werden vor allem sogenannte Ferrocyanide mit den E-Nummern E535, E536 und E538 gegen die Verklumpung eingesetzt. Ein aluminium-haltiges Antiklumpmittel (E 559) wäre zwar erlaubt, wird jedoch für Speisesalz nicht verwendet. Gesundheitlich sind die verwendeten Zusatzstoffe unbedenklich.
Ökologie
Die Salzgewinnung im Himalaya erfolgt von Hand und ist ökologisch sicher vertretbar. Aber auch die Schweizer Salzproduktion richtet sich nach ökologischen Kriterien. Der Energieverbrauch konnte im Verlauf des letzten Jahrhundert kontinuierlich gesenkt werden und beträgt zur Zeit noch etwa 200 Kilowattstunden (kWh) pro Tonne bzw. 0.2 kWh pro Kilogramm Salz. Im Vergleich dazu verbraucht ein durchschnittlicher Haushaltskühlschrank je nach Grösse zwischen 300 und 800 kWh pro Jahr.
Aus ökologischer Sicht macht es sicher überhaupt keinen Sinn, das billige und überall auf der Welt vorkommende Salz ausgerechnet vom Himalaya in die Schweiz zu transportieren.
Preis
Schweizer Salz kann sich jedermann leisten. Ein Kilogramm jodiertes und fluoriertes Salz kostet im Lebensmittelhandel zwischen einem und zwei Franken. Himalaya-Salz hingegen findet man zu Preisen zwischen 30 und 60 Franken pro Kilogramm. Ob dieses Geld bis zu den Arbeitern in den Himalaya zurückfliesst, sei in Frage gestellt. Eines ist hingegen sicher. Der gesundheitliche Wert dieses Produkts rechtfertigt die Preisgestaltung keinesfalls.
Fazit
Aus gesundheitlicher Sicht ist ein Salzkonsum von ca. sechs Gramm pro Tag anzustreben. Bekanntlich ist der Salzverzehr in der Schweiz jedoch höher. Er wird im vierten Schweizerischen Ernährungsbericht auf mindestens 7 g pro Tag geschätzt. Ein zu hoher Salzverzehr ist gesundheitlich nicht unbedenklich. Er steht bespielsweise mit erhöhtem Blutdruck und einer verstärkten Calcium-Ausscheidung via Urin in Verbindung.
Um den Jod- und den Fluorbedarf ausreichend decken zu können, ist hingegen der Einsatz von jodiertem und fluoriertem Salz unerlässlich. Da Himalaya-Salz weder jodiert noch fluoriert ist, kann es unser herkömmliches Schweizer Salz unter keinen Umständen ersetzen.
Da der gesundheitliche Nutzen nicht belegt ist, bedeutet auch eine Ergänzung der täglichen Ernährung mit Himalaya-Salz höchstens für das Portemonnaie der Anbieter einen Gewinn. Ebenfalls dagegen spricht die noch immer zu hohe durchschnittliche Salzzufuhr der Schweiz Bevölkerung.
Neben den gesundheitlichen Gründen ist zudem auch aus ökologischen sowie finanziellen Gründen vom Himalaya-Salz klar abzuraten.
03.04.2006